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Digitalisierung: Wege aus der Überlastung 
an Praxistelefon & Co

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mgo medizin

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8 MIN

Erschienen in: diabetes heute

Die ärztlichen Praxen in Deutschland stehen vor großen Herausforderungen: Überlastete Telefone, steigende Erwartungen und Fachkräftemangel erschweren den Alltag. Digitalisierung kann dabei als Lösung helfen, den Praxisalltag effizienter und stressfreier zu gestalten. Durch den Einsatz moderner Technologien wie Online-Terminbuchungssystemen, digitaler Formulare und Medizin-Messenger-Systeme können Arbeitsabläufe optimiert, die Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten erhöht und das Arbeitsumfeld verbessert werden.

Die meisten niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Deutschland stehen vor enormen Herausforderungen. Die demografische Entwicklung beschert immer größere Ströme an Patientinnen und Patienten, der Fachkräftemangel erschwert optimale Arbeitsabläufe und die Erwartungen der Menschen an Medizin und an die flankierende „Dienstleistung“ ärztliche Praxis steigen.

Die Krise an Praxistelefon und Anmeldung

Während die Telefone in den Praxen pausenlos klingeln und das Team unter hoher Belastung arbeitet, bleibt wenig Zeit, um sich um Optimierungsmaß­nahmen für die eigene Organisation zu kümmern. Es ist leider eher Alltag als Seltenheit, dass Ärztinnen/Ärzte und MFA am Ende eines Tages erschöpft und frustriert nach Hause gehen.
Diese Überlastung führt zu Fluktuation im Team, einer schlechteren Betreuung und damit oft zu einem negativen Kreis­lauf aus Stress und Unzufrie­den­heit.
In über 20 Jahren Erfahrung als ärztlicher Kollege, Trainer und Berater für ärztliche Praxen habe ich regelmäßig gesehen, dass viele Praxen trotz hoher Kompetenz in der Medizin ihre internen Abläufe nicht optimal organisieren. Häufig fehlt es an Wissen und Zeit, die grundlegenden Stellschrau­ben zu identifizieren, die den Alltag spürbar erleichtern könnten.
Im Medizinstudium haben wir weder ­Führung noch Ablauforganisation noch Kommunikation gelernt – drei zen­tra­le Erfolgsfaktoren für einen optimalen Praxisbetrieb. Mein Ziel ist es, Ihnen mit diesem Artikel zu zeigen, wie Digitalisierung schon heute erfolgreich eingesetzt werden kann, um sowohl den Arbeitsalltag als auch die Zufriedenheit der behandelten Menschen zu verbessern. Mit der richtigen Strategie lassen sich Abläufe optimieren, Zeit sparen und die Zufriedenheit im Team steigern.
Lassen Sie uns die Potenziale moderner Tools und Technologien betrach­ten, die Ihnen helfen können, Ihre Praxis in ein effizienteres und stressfreieres Umfeld zu verwandeln.

Digitale Terminvergabe: Schlüssel zur Entlastung

Die Terminvergabe ist oft ein Stresstreiber in der ärztlichen Praxis. Klassische Terminvergaben am ­Telefon blockieren wertvolle Ressourcen, da MFA viele Minuten am Hörer verbringen, um Termine zu koordinieren. Leider sind diese Telefonate oft ineffizient, da effiziente Gesprächsführung nicht geschult wurde.
Online-Terminbuchungssysteme bieten hier eine elegante Lösung. Patientinnen und Patienten können Termine eigenständig über (je nach Anbieter und Integrationsszenario mehr oder weniger benutzerfreundliche) Plattformen buchen. Die Software berücksichtigt dabei Kriterien wie Termin­arten, Terminserien, verfügbare Zeitfenster und spezielle Anliegen.
Ein weiterer Vorteil: Automatische Terminbestäti­gun­gen und Erinnerun­gen via SMS oder E-Mail reduzieren die Zahl der Menschen, die nicht in der Praxis erscheinen.
Für Akutfälle oder dringende Anfragen kann ­eine Mischform aus digitalen Terminanfragen statt „harter“ Terminbuchung mit Telefonassistenz etabliert werden. Diese Systeme bieten Zeitvorteile für das Praxisteam und ermög­lichen eine qualitativ bessere medizini­sche Triagierung von Akut­fällen. Zudem steigern sie die Flexibilität für die Nutzenden und verbessern die Planbarkeit der Sprechstunde.

Papierlos und effizient: Digitale Formulare

Die Aufnahme neuer Patientinnen und Patienten, Anamnesebögen, Datenschutzformulare, OP-Einwilligungen oder das Sammeln von Zusatzinformationen nehmen viel Zeit in Anspruch. Digitale Lösungen ermöglichen es, diese Daten bereits vor dem Praxisbesuch online abzufragen. Betroffene füllen Formulare bequem zu Hause oder via QR-Code auf dem eigenen Handy im Wartezimmer aus. Die Informationen werden dann direkt ins Praxisma­na­gementsystem übertragen.
Durch die Automatisierung dieser Prozesse reduziert sich nicht nur der Verwaltungsaufwand, sondern auch die Fehlerquote, da handschriftliche Formulare oft schwer lesbar sind. Das spart wertvolle ­Minuten, die für sinnvollere Aufgaben genutzt werden können, und verbessert gleichzeitig die Datenqualität für den Behandelnden. Papier­lose Formulare sind nachhaltig und effizient, weil Medienbrüche vermieden werden und Zeit für Einscannen und Strukturieren bzw. Übertragen in die Praxis-EDV entfällt.

Medizin-Messenger: Effiziente Kommunikation

Medizinische Anfragen, Rückfragen zu Befunden oder kurze Abklärungen können enorm zeitintensiv sein. Hier schaffen moderne Messenger-Systeme Abhilfe. Diese ermöglichen eine DSGVO-konforme und asynchrone Kommunikation zwischen ärztlicher Praxis, Betroffenen und anderen Ärztinnen und Ärzten.
Das bedeutet, dass Anfragen nicht sofort beantwortet werden müssen, sondern strukturiert zu einem geeigneten Zeitpunkt bearbeitet werden können (ähnlich wie „Whats­App“, allerdings daten­schutzkonform und auf die Bedürfnisse von Arztpraxen ausgerich­tet). Jeder Betroffenenkontakt, der nicht unbedingt physisch in der Praxis erfolgen muss, spart Rüstzeiten und damit Aufwand.
Das entlastet das Telefon und das Team, während Patientinnen und Patienten dennoch das Gefühl haben, zeitnah betreut zu werden. Für Praxen, die eng mit anderen ärztlichen Fachkräften zusammenarbeiten, bieten diese Systeme die Möglichkeit, Befunde oder Informationen sicher und schnell zu übermitteln.

Intelligente Telefonassistenz und Online-Sekretariate

Das ständige Telefonklingeln ist eine der größten Belastungen im Praxisalltag. Intelligente Telefonassistenzsysteme, die erste Anfragen automatisch sortieren, bieten hierfür eine Lösung. Dringende Anliegen werden an das Team weitergeleitet, während Routinefragen oder Terminbuchungen automatisiert beantwortet werden können. Ergänzend bieten Online-Sekretariate Unterstützung, indem sie Anrufe entgegennehmen, sortieren und priorisieren.
Dies sorgt für ein ruhigeres Arbeitsumfeld, in dem sich das Team auf die Patienten an der Anmeldung konzentrieren kann. Gleichzeitig wird die Erreichbarkeit der Praxis verbessert – ein Aspekt, der die Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten deutlich steigert. Und es geht kein ­Anruf mehr verloren (häufig ein „blinder Fleck“ in Praxen, weil auch gern gesehene neue Patientinnen und Patienten oft nicht telefonisch durchkommen und so der Praxis verloren ­gehen, ohne dass diese das jemals erfährt).

Wissensvermittlung im Wartezimmer: Bessere Aufklärung

Eine gut informierte Person mit einer Erkrankung stellt weniger Rückfragen und ist besser auf die Behandlung vorbereitet. Monitore im Wartezimmer bieten die Möglichkeit, die Menschen während der Wartezeit gezielt über medizinische Themen, Vorsorgemaßnahmen oder spezifische Praxisangebote zu informieren.
Kombiniert mit Flyern oder Informationsseiten auf der Praxishomepage können häufige Fragen vorab beantwortet werden oder den Kontakt mit der behandelnden Person verkürzen, weil Aspekte nur grob umrissen werden müssen und für Details dann auf von der Praxis aufbereitete Informationen verwiesen wird.
Wir wissen aus Untersuchungen zum Thema Lernen, dass selbst bei gut kommunikativ geschulten und didaktisch kompetenten ärztlichem Fachpersonal (und das sind lang nicht alle von Ihnen, die glauben, gut kommuni­zie­ren zu können!) viele Inhalte aus den Gesprächen mit den Erkrankten nicht verstanden und schon gar nicht behalten werden.
Insbesondere bei der Übermittlung relevanter Diagnosen (beispielsweise Bluthochdruck, es muss also gar nicht so gravierend wie eine Tumordiagnose sein) schalten Personen mit einer Erkrankung gedanklich schnell ab und können keine Details mehr aufnehmen.
Eine strukturierte digitaler Information für Patientinnen und Patienten hat zur Folge: Kürzere Gespräche während der Sprechstunde und eine höhere Zufriedenheit bei den Betroffenen, da sie sich kompetent informiert fühlen. Zusätzlich fördert dies die Behandlungstreue, da Menschen ihre Erkrankung besser verstehen, sowie den weiteren Behandlungsablauf und warum dieser sinnvoll bzw. notwendig ist.

GOÄ-Abrechnung: Automatisiert und fehlerfrei

Die Abrechnung medizinischer Leistungen an Personen mit einer privaten Versicherung nach GOÄ ist entweder recht teuer ­(sofern Sie sich für ein Outsour­cing an eine Abrechnungsfirma entschieden haben) oder ein müh­samer Prozess (sofern Sie selbst abrechnen und sich manuell um Eintüten, Kuvertieren, Zahlungseingang & Co. kümmern).
Besonders bei spezialisierten Praxen, die meistens nur wenige bzw. ähnliche GOÄ-Ziffern abrechnen, gibt es eine dritte Alternative. Automatisierte Abrechnungssysteme übernehmen Druck, Versand und Prüfung von Zahlungen automatisch und senden auch Mahnungen.
Dennoch verbleibt die Entscheidung der genauen Berechnung in der Praxis. Fehler und Nachfragen werden so minimiert, der Zeitaufwand für GOÄ-Abrechnung im Team reduziert sich deutlich und die Einnahmen der Praxis steigen durch ein vollständiges automatisiertes Mahnwesen.
Positiver Wandel durch digitale Organisation
Die Digitalisierung schafft nicht nur Effizienz, sondern auch ein angenehmeres Arbeitsumfeld. Durch die Reduktion von Routinearbeiten bleibt mehr Zeit für die persönliche Betreuung der Menschen. Mitarbeitende, die weniger unter Druck stehen, arbeiten motivierter, bleiben der Praxis treu und tragen zu einem harmonischen Teamklima bei.
Strategisches Ziel sollte sein, die MFA stärker in medizinische Auf­gaben einzubinden. Das ist im übrigen (wie wir aus unseren digitalen Zufriedenheitsbefragungen wissen, die wir Praxen im Kontext Teambuilding anbieten) auch der Wunsch vieler MFA.
Ein gut digitalisiertes Umfeld macht die Praxis zudem für potenzielle neue Mitarbeitende attraktiver. Die moderne Ausstattung und klare Prozesse signalisieren, dass hier nicht nur Qualität in der Medizin, sondern auch im Management wichtig ist.

Fazit: Der Schritt in die Zukunft

Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, um den Alltag in der ärztlichen Praxis effizienter, stressfreier und angenehmer zu gestalten. Und Digitalisierung ist deutlich mehr als Gematik, TI-Infrastruktur & CO. Es gibt am Markt inzwischen eine ganze Reihe von Anbietenden, die Mehrwerte liefern, die sofort wirken und sowohl Patientinnen und Patienten als auch das Praxisteam zufrieden stellen.
Mit den vorgestellten Maßnahmen können Sie nicht nur Zeit und Kosten sparen, sondern auch die Zufrie­denheit von Betroffenen und Mitarbeitenden steigern.
Nutzen Sie die Möglichkeiten moderner Technologien, um die Herausforderungen des Praxisalltags zu meistern. Ein strukturierter, ­digital unterstützter Workflow schafft den Raum, sich auf das ­Wesentliche zu konzentrieren: Die Gesundheit Ihrer Patientinnen und Patienten.

Autor: Dr. med. Fabian Stehle

Website: www.med2day.com

Bilderquelle: © Racle-Fotodesign – stock.adobe.com

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