Moderne Immuntherapien mit Checkpoint-Inhibitoren haben die Onkologie revolutioniert. Sie ermöglichen vielen Patientinnen und Patienten mit z. B. Melanom oder Nierenzellkarzinom deutlich bessere Überlebenschancen. Doch diese Medikamente können auch gravierende immunvermittelte Nebenwirkungen auslösen – insbesondere endokrine Erkrankungen wie Hypophysitis, Thyreoiditis und einen neuartigen, insulinpflichtigen Autoimmun-Diabetes: den Checkpoint-Inhibitor-assoziierten Diabetes mellitus (CIADM) [1].
Definition von CIADM
Der CIADM ist eine seltene, aber potenziell lebensbedrohliche Nebenwirkung von Immuncheckpoint-Inhibitoren. Er ähnelt dem klassischen Typ-1-Diabetes (immunologische Zerstörung der Betazellen), geht aber immer mit einem absoluten Insulinmangel einher und tritt meist innerhalb der ersten drei Monate nach Therapiebeginn auf. Aufgrund der ätiologischen und diagnostischen Unterschiede, wird CIADM als eigene Sonderform des Diabetes mellitus betrachtet. Typisch ist ein abruptes Auftreten, häufig mit schwerer Ketoazidose als Erstmanifestation. In etwa 40 % der Fälle sind Autoantikörper nachweisbar, wie sie auch beim Typ-1-Diabetes auftreten [1], [2]. Die Inzidenz liegt laut aktuellen Studien zwischen 0,2 und 1,4 % der behandelten Betroffenen [2], [3].
Diagnostik und Therapie
Wichtig ist die klare Abgrenzung zu einem vorbestehenden Typ-2-Diabetes, da CIADM immer eine intensivierte Insulintherapie erfordert. Die Behandlung entspricht dem Typ-1-Diabetes (Basal-Bolus-Regime), wobei eine engmaschige diabetologische Betreuung und Patientenschulung essenziell sind. Eine frühzeitige Diagnose ist entscheidend, um schwere Komplikationen wie eine diabetische Ketoazidose zu verhindern [1], [4], [5].
Forderung nach mehr diabetologischer Kompetenz in der Onkologie
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) fordern angesichts der steigenden Zahl betroffener Personen den Aufbau spezialisierter endokrinologisch-diabetologischer Strukturen an allen Krebszentren. Nur so können komplexe hormonelle Nebenwirkungen – die häufig auch kombiniert auftreten – sicher erkannt und behandelt werden. Kliniken mit DDG-Zertifizierung zeigen bereits heute eine geringere Krankenhaussterblichkeit bei Menschen mit Diabetes, was den Nutzen spezialisierter Versorgungseinheiten unterstreicht [1], [5].
Fazit
Checkpoint-Inhibitoren stellen eine neue Herausforderung für die Diabetologie dar. Eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Onkologie und Diabetologie ist unerlässlich, um die Lebensqualität und das Überleben der Betroffenen zu sichern. Regelmäßige Stoffwechselkontrollen und eine strukturierte Schulung der Betroffenen sind zentral. Die anstehende Krankenhausreform sollte die „komplexe Endokrinologie und Diabetologie“ als Leistungsgruppe fest verankern [1].
Quellen:
[1] Pressemitteilung DDG/DGE: Diabetes & Hormonerkrankungen als Nebenwirkungen einer Krebsimmuntherapie, 05.07.2025
[2] DocCheck Flexikon: Checkpoint-Inhibitor-assoziierter Diabetes mellitus – Hintergrund, Diagnostik, Therapie
https://flexikon.doccheck.com/de/Checkpoint-Inhibitor-assoziierter_Diabetes_mellitus
[3] Diabetes Care: Risk Factors and Characteristics of Checkpoint Inhibitor–Associated Autoimmune Diabetes Mellitus (CIADM)
https://diabetesjournals.org/care/article/46/6/1292/148905/Risk-Factors-and-Characteristics-of-Checkpoint
[4] Medical Tribune: CIADM – Wenn der Checkpoint-Hemmer zu Diabetes führt
https://www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/wichtiges-fuer-diagnose-und-therapie-der-speziellen-diabetesform
[5] DiabSite: Wenn die Krebsbehandlung zum Diabetes führt
https://www.diabsite.de/aktuelles/nachrichten/2025/250705.html
[6] Springer: Früheres und schwereres Auftreten bei Diabetes-spezifischen Autoantikörpern
https://link.springer.com/article/10.1007/s15034-023-4565-7
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