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Schimmelpilze – wie gefährlich?

Schimmelpilze – wie gefährlich?

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Erschienen in: Der Allgemeinarzt

Schimmelpilze sind ubiquitärer Bestandteil unserer Biosphäre und kommen 
abhängig von der Vegetation und anthropogenen Quellen (Kompostieranlagen, Biogasanlagen, Gärtnereien, Abfallwirtschaft, Landwirtschaft etc.) saisonal und regional in unterschiedlicher Menge in der Außenluft und in Innenräumen sowie an vielen Arbeitsplätzen vor. Ängste vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind oft groß. Wir möchten deshalb Missverständnisse ansprechen und vermitteln, dass gesundheitliche Beschwerden wie Allergien im Zusammenhang mit Schimmelpilzexposition nicht zwangsläufig allergisch bedingt sind.

Schimmelbefall im Innenraum ist eine über die allgemeine Hintergrundbelastung (Schimmelpilzbelastung in allen Innenräumen) hinausgehende Verunreinigung von Oberflächen, Materialien u./o. Innenraumluft durch Mikroorganismen u./o. biogene Partikel. Schimmelwachstum in Innenräumen ist immer ein Feuchtigkeitsproblem (erhöhte Luftfeuchtigkeit, mangende Belüftung, kalte Bauteiloberflächen und manchmal Folge von Wasserschäden oder aufsteigender Feuchtigkeit). Daraus folgt, dass primär zur Expositionsvermeidung die Ursache ermittelt und fachgerecht saniert werden muss. Bei den von Feuchte/Schimmelschäden in Innenräumen Betroffenen besteht häufig eine starke Verunsicherung, die auf falschen Informationen in Medien durch einige „Sachverständige“ und auch durch Ärztinnen und Ärzte beruht. Es wird für eine Fülle von gesundheitlichen Beeinträchtigungen, oft ohne Evidenz, ein Zusammenhang mit einer Schimmelpilzexposition angenommen.

Allergische Reaktionen möglich

Neben Infektionen und der reizenden toxischen Wirkung, verursacht durch mikrobiell flüchtige organische Verbindungen (MVOC) und/oder Mykotoxine, kann es auch zu allergischen Reaktionen vom Typ I oder III kommen. Zur Versachlichung der tatsächlichen Risiken, geeigneter Diagnostik sowie möglicher Therapien wurde die AWMF-Leitlinie „Medizinische klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen“ 2023 aktualisiert. Die Autoren dieses Artikels nehmen in vielen Fällen auf diese Leitlinie Bezug.

Evidenz für den Zusammenhang ­zwischen Feuchte/Schimmelbefall 
und Krankheiten:

Ausreichende Evidenz

  • Allergische Atemwegserkrankungen (Asthma, Rhinokonjunktivitis, Rhinosinusitis)
  • Allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA) oder andere Mykosen (ABPM)
  • Aspergillom/invasive Aspergillosen
  • Aspergillus Bronchitis/Pneumonie
  • Begünstigung von Atemwegsinfekten 
(z. B. akute oder chronische Bronchitis…)
  • Exogen allergische Alveolitis
  • „organic dust toxic syndrome“(ODTS) (Arbeitsplatz z.B.Landwirtschaft)

Eingeschränkte oder vermutete Evidenz

  • Atopisches Ekzem
  • Befindlichkeitsstörungen
  • COPD
  • Geruchswirkungen
  • „mucous membrane irritation“ (MMI)
  • Sarkoidose

Inadäquate oder unzureichende Evidenz

  • Akute idiopathische pulmonale Hämorrhagie bei Kindern
  • Arthritis, Autoimmunerkrankungen, chronisches Müdigkeitssyndrom
  • Endokrinopathien, gastrointestinale Effekte, Karzinome
  • Mykotoxikose (luftübertragene), multiple ­chemische Sensitivität (MCS)
  • Neurotoxische Effekte, plötzlicher Kindstod, renale Effekte
  • Reproduktionsstörungen, rheumatische ­Erkrankungen, Schilddrüsenerkrankungen
  • Sick-Bilding-Syndrom (SBS), Teratogenität, Urtikaria.

Was kann der Hausarzt tun?

Anamnese/Beratung:

  • Symptomverstärkung im häuslichen Umfeld, in bestimmten Räumen oder am Arbeitsplatz mit gleichzeitig sichtbarem Schimmelbefall? Zeitlicher Zusammenhang?
  • Besserung bei Abwesenheit?
  • Ist der Betroffene Atopiker?
  • Disposition für mögliche Schimmelpilzwirkungen: Immunsuppression, schwer verlaufende Virus-Infekte (z. B. Covid, Influenza), vorbekannte allergische Erkrankungen?
  • Klinische Hinweise auf exogen allergische Alveolitis, invasive Mykose?
  • Besserung durch antiallergische Medikation?
  • Mögliche andere Allergenquellen (z. B. Haustiere, Milben, Pollen …)?
  • Reduktion von Schimmelquellen im Haus:
  • Belüftungs-/Klimaanlage, Zimmerspringbrunnen, Ultraschallvernebler zur Luftbefeuchtung, Dampfbügeleisen (nie Wasser im Tank stehen lassen), Topfpflanzen, verschimmelte Lebensmittel sofort entsorgen, Biomüll nicht im Haus lagern
  • Richtig lüften: Stoßlüften statt „gekipptes Fenster“, Luftfeuchtigkeit in der Wohnung <60 %

Was kann der Allergologe tun?

Haut-Pricktest und Bestimmung des Gesamt- und spezifischen Immunglobulin E (IgE): Es gibt Tausende von Schimmelpilzarten, aber nur noch „für eine Handvoll“ Pricktestlösungen. Ein großes Problem ist die Variabilität der Proteinspektrums in Lösungen die auf biologischen Gesamtextrakten aus Schimmelpilzen bestehen. Nur Testlösungen mit einem hohen Antigengehalt korrelieren besser mit der Bestimmung des spezifischen IgE. Die Bestimmung von spezifischem IgE ist – wenn überhaupt – nur mit Schimmelpilzextrakten möglich. Hier ist meist nicht bekannt, ob diese Lösungen wirklich die relevanten Hauptallergene enthalten. Somit muss man ehrlicherweise zugeben, dass die Allergologie keine wirklich zuverlässige Diagnostik anbieten kann, insbesondere nicht für Schimmelpilze als Innenraumallergene. Negative Testergebnisse schließen eine Allergie auf Schimmelpilze nicht aus. Insgesamt sind ca. 100 einzelne Schimmelpilz­allergene identifiziert worden. Aktuell sind nur acht „Einzelallergene“(Hauptallergene) kommerziell für die IgE Testung erhältlich (aus Alternaria alternata und Aspergillus fumigatus). Nur bei V.a. allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA) sollten zusätzlich IgG-Antikörper gegen Schimmelpilze bestimmt werden. Bei V.a. exogen allergische Alveolitis(EAA) ist nur die Messung von IgG-Antikörpern zielführend. Leider gibt es mittlerweile keine Lösungen mehr zur nasalen Provokationstestung mit Schimmelpilzextrakten. Schimmelpilzmessungen in der Raumluft sind aus medizinischer Sicht selten sinnvoll, da die Resultate in den von den entsprechenden Personen genutzten Räumen nicht für eine kausale Risikobewertung herangezogen werden können (wegen fehlender zuverlässiger Allergietests). Wenn überhaupt, muss auch eine Messung der Außenluftkonzentration erfolgen, um relevante Unterschiede zu entdecken. Es ergibt sich daraus fast nie eine Konsequenz – z. B. kausal wirkende Allergenimmuntherapie. Schimmelpilzmessungen können zur Dokumentation des Ausmaßes eines Schadens dienen und sind eine Möglichkeit, Hinweisen auf eine verdeckte Schimmelquelle nachzugehen. Bei sichtbarem Schimmelbefall kann meist auf eine quantitative und qualitative Bestimmung der Schimmelpilzspezies verzichtet werden7. Dies kann u.a. der Fall sein, wenn berufsbezogene Beschwerden auftreten und die Berufsgenossenschaft dann zuständig ist.

Allergen Immuntherapie (AIT) 
mit Schimmelpilzen?

Voraussetzung für die Wirksamkeit einer AIT ist, dass sämtliche Komponenten, gegen die ein Patient sensibilisiert ist, in einer Lösung enthalten sind. Da diese Voraussetzungen gerade für Innenraumallergene fast nie erfüllt sind, kann man nur sehr selten eine AIT in Betracht ziehen8. Die einzige Schimmelpilz-AIT, die eine ausreichende wissenschaftlich begründete Wirksamkeit hat, betrifft den „Outdoor“- Schimmelpilz Alternaria alternata (Vorkommen im Sommer parallel zur Gräserpollen-Saison).

Fazit

Schimmelwachstum im Innenraum ist aus präventiver Sicht als potenzielles Gesundheitsrisiko zu betrachten, auch wenn sich oft kein kausaler Zusammenhang zwischen dem Vorkommen einzelner Arten und Beschwerden nachweisen lässt. Feuchteschäden/Schimmelwachstum sind ein hygienisches Problem und können auch ohne Beschwerden nicht hingenommen werden. Die wichtigsten präventiven/therapeutischen Maßnahmen sind somit Ursachenklärung und fachgerechte Sanierung1,2. Ist das nicht möglich, muss man den Betroffenen zu einem Umzug raten.

Autor:in: Dr. med. Friedrich Riffelmann, Tanja Hardebusch

Abb.: Scheer Sieglinde – stock.adobe.com

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