Während des Übergangs zur Vaterschaft haben Männer ein erhöhtes Risiko für psychische Störungen. Studien weisen darauf hin, dass dies negative Folgen auf die Entwicklung des Kindes haben kann. In einer rezenten systematischen Übersichtsarbeit und Metaanalyse von Le Bas et al., erschienen in JAMA Pediatrics, wurde der Zusammenhang zwischen väterlicher perinataler psychischer Belastung (d. h. Depression, Angst und Stress) und der Entwicklung des Nachwuchses von der Geburt bis zur Adoleszenz untersucht.
Rezente Studien weisen darauf hin, dass sich psychische Belastungen des Vaters negativ auf die Entwicklung des eigenen Kindes auswirken können. Männer haben hierfür sowohl als werdende Väter als auch in der ersten Zeit nach der Geburt ein erhöhtes Risiko. Die Prävalenz während der Perinatalperiode, definiert als der Zeitraum von der Empfängnis bis zu 24 Monaten nach der Geburt, wird mit bis zu 8 % für klinische Depressionen, 11 % für Angstzustände sowie 6 % bis 9 % für erhöhten Stress angegeben. Die Evidenz deutet darauf hin, dass ein Zusammenhang mit einer schlechteren sozial-emotionalen, kognitiven, sprachlichen und physischen Entwicklung des Nachwuchses bestehen könnte.
Der Zeitraum der Perinatalperiode ist bedeutsam, um Auswirkungen psychischer Belastungen auf das Kind zu mildern. Obwohl die Mehrheit der Studien bisher die Bedeutung der psychischen Belastung bei Müttern untersuchte, wurde in den letzten Jahren zunehmend die Rolle der Väter auf den Einfluss der kindlichen Entwicklung in den Blickpunkt gerückt. Forschungsergebnissen zufolge kann väterliche psychische Belastung bereits vor der Empfängnis die Entwicklung über epigenetische Veränderungen der Keimzellen beeinflussen. Vor der Geburt kann ein erhöhter Leidensdruck die Fähigkeit des Vaters, seine Partnerin zu unterstützen, beeinträchtigen, was wiederum sowohl die psychische Gesundheit der Mutter als auch die fetale Entwicklung beeinflussen kann. Nach der Geburt beeinflussen psychische Probleme des Vaters auch seine Feinfühligkeit und Interaktionen mit dem Säugling negativ und stören die Bindungssicherheit.
Le Bas et al. führen an, dass allerdings die Effektgrößen in vielen Studien von gering bis mäßig variieren, wodurch eine Beurteilung der tatsächlichen Assoziationen erschwert wird. Des Weiteren waren die berichteten Assoziationen u. a. je nach Status des Vaters, Art und Zeitpunkt der Exposition, Alter des Nachwuchses und Art der Bewertung unterschiedlich. Die Mehrzahl der bisherigen Übersichtsarbeiten untersuchte Querschnittsstudien, wodurch es schwierig war, zu bestimmen, ob etwa Probleme des Kindes die psychische Belastung des Vaters beeinflussten.
Die Forschenden gingen daher der Frage nach, ob zwischen perinataler psychischer Belastung des Vaters und der Entwicklung des Nachwuchses von der Geburt bis zum Alter von 18 Jahren ein negativer Zusammenhang besteht. Lt. Le Bas et al. hatte ihre Übersichtsarbeit und Metaanalyse zwei Ziele: Erstens eine umfassende systematische metaanalytische Überprüfung der Zusammenhänge zwischen väterlicher perinataler Depression, Angst und Stress und der globalen, sozial-emotionalen, adaptiven, kognitiven, sprachlichen, körperlichen und motorischen Entwicklung der Nachkommen vom Säuglingsalter bis zur Adoleszenz; zweitens durch Moderationsanalysen unterschiedliche Assoziationen hinsichtlich folgender Faktoren zu untersuchen: 1. Status des Vaters (biologischer Vater, Adoptivvater oder gemischt), 2. Art der psychischen Belastung (Depression, Angst, gemischte Depression und Angst oder Stress), 3. Zeitpunkt der psychischen Belastung (vor oder nach der Geburt); 4. Alter des Kindes zum Zeitpunkt des Ergebnisses (Säuglingsalter, frühe Kindheit, mittlere Kindheit oder Jugendalter) und 5. Art der Ergebnisbewertung (Eltern-, Lehrpersonen-, Beobachtenden- oder Selbstbericht).
Methodik
Eine Literaturrecherche nach Studien, die bis November 2024 veröffentlicht wurden, erfolgte in MEDLINE Complete, Embase, PsycINFO, CINAHL Complete sowie auch in der grauen Literatur. Zu den Einschlusskriterien gehörten: englischsprachige Literatur, Studien mit Längsschnittdesign und quantitative Daten über väterlichen perinatalen psychischen Stress und die Entwicklung der Nachkommen. Von 9.572 Studien erfüllten 48 Kohorten (aus 84 Studien) mit 674 Effektgrößen die Kriterien für eine quantitative Synthese (einschließlich 286 unveröffentlichter Assoziationen, die aus Doktorarbeiten oder durch Kontakt mit den Autorinnen und Autoren von infrage kommenden Studien stammten).
Das univariate Random-Effects-Modell wurde zur quantitativen Synthese der Assoziationen zwischen väterlicher perinataler psychischer Belastung und der Entwicklung der Nachkommen verwendet. Die Qualität der Studien wurde anhand des Qualitätsbewertungstools der US National Institutes of Health für Beobachtungs-, Kohorten- und Querschnittsstudien bewertet. Die primären Ergebnisse waren die globale, sozial-emotionale, adaptive, kognitive, sprachliche, körperliche und motorische Entwicklung der Nachkommen in den ersten 18 Lebensjahren.
Mögliche Publikationsbias wurden durch die Prüfung mittels Funnel-Plot, Egger-Test zur Überprüfung von Asymmetrien des Funnel-Plots und Stratifizierung nach Publikationsstatus bewertet. Pearson-Korrelationskoeffizienten (r) wurden von anderen Effektgrößen extrahiert oder berechnet. Hohe Werte repräsentierten einerseits eine optimale Entwicklung für globales und adaptives Verhalten, Kognition, Sprache und Motorik und andererseits eine suboptimale Entwicklung in den körperlichen und sozial-emotionalen Bereiche.
Die Interpretation der Ergebnisse erfolgte unter Verwendung der metaanalytischen Schätzung und Präzision, die durch das 95 %-Konfidenzintervall (KI) angegeben wird, in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der American Statistical Association (0,05: sehr klein, 0,1: klein, 0,2: mittelgroß, 0,3: groß und >0,4: sehr groß).
Resultate
Die perinatale psychische Belastung des Vaters war mit einer schlechteren globalen (r = -0,12; 95 %-KI -0,22 bis -0,01), sozial-emotionalen (r = 0,09; 95 %-KI 0,07–0,11), kognitiven (r = -0,07; 95 %-KI -0,13 bis -0,01), sprachlichen (r = -0,15; 95 %-KI -0,25 bis -0,05) und körperlichen Entwicklung (r = 0,04; 95 %-KI 0,00–0,08) der Nachkommen assoziiert. Für adaptive und motorische Kompetenzen/ Leistungsfähigkeit wurden keine Assoziation gefunden.
Hinsichtlich der sozial-emotionalen Entwicklung waren die Assoziationen etwas größer für Stress (r = 0,11; 95 %-KI -0,07–0,28), Depression (r = 0,09; 95 %-KI 0,07–0,11) und gemischt – Depression und Angst (r = 0,08; 95 %-KI, 0,04– 0,13) als für Angst (r = 0,05; 95 %-KI 0,02–0,07; P(Moderation) = 0,04).
Bei psychischer Belastung des Vaters nach der Geburt waren die Assoziationen stärker als bei pränataler psychischer Belastung. Die Forschungsgruppe schlussfolgert daraus, dass der psychische Zustand des Vaters nach der Geburt einen unmittelbareren Einfluss auf das sich entwickelnde Kind haben könnte.
Lt. der Metaanalyse waren die negativen Zusammenhänge besonders deutlich bei sozialemotionalen Problemen der Nachkommen, einschließlich internalisierendem und externalisierendem Verhalten, sozialen Schwierigkeiten, negativer Affektivität und verminderten Regulationsfunktionen, während die Effekte bei Kognition und Sprache kleiner waren. Die stratifizierte Analyse ergab ähnliche Assoziationen für veröffentlichte und unveröffentlichte Effekte hinsichtlich der globalen, sozial-emotionalen, kognitiven, sprachlichen und körperlichen Entwicklung.
Limitation und Stärken der Studie
Le Bas et al. geben als Einschränkungen ihrer Übersichtsarbeit an, dass die Confounder in den ausgewählten Studien uneinheitlich waren. Somit konnten durch die Analyse unbereinigter Daten keine kausalen Schlussfolgerungen gezogen werden. Die Qualitätsbewertung deutet auf eine mögliche Verzerrung aufgrund nicht repräsentativer Stichproben oder fehlender Daten in einigen Studien hin, obwohl es nur begrenzte Hinweise auf eine Publikationsverzerrung nach den ausgewählten Methoden gab. Außerdem wurden ausschließlich in englischer Sprache veröffentlichte Studien berücksichtigt. Nur wenige Daten waren betreffend den Zeitraum der Adoleszenz des Nachwuchses verfügbar, wodurch Analysen von Langzeiteffekten erschwert wurden. Des Weiteren basierte ein Großteil der Daten zu psychischen Beschwerden der Väter und der Kindesentwicklung auf Selbstberichten und Berichten der Eltern. Lt. den Forschenden war die Stärke der Assoziationen durchwegs sehr schwach bis gering (|r|-Bereich = 0,03–0,15).
Conclusio
Die Ergebnisse dieser systematischen Übersichtsarbeit und Metaanalyse unterstreichen die Bedeutung der Unterstützung der psychischen Gesundheit von Vätern während des Übergangs zur Elternschaft.
Das Entwicklungsmodell »Origins of Health and Disease« (Ursprünge von Gesundheit und Krankheit) geht davon aus, dass die früheste Lebensphase (die ersten 1.000 Tage), die sich über den Zeitraum in utero, um die Geburt herum und bis zur frühen Kindheit erstreckt, besonders kritisch für die spätere Gesundheit und das Krankheitsrisiko ist.
Le Bas et al. schlagen als mögliche Interventionsmaßnahmen ein standardisiertes Screening auf psychische Belastungen bei Vätern während der Schwangerschaft und nach der Geburt durch Pflegefachpersonen, Geburtshelfende und/oder Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner vor. Kinder sollten routinemäßig auf Entwicklungsverzögerungen oder Probleme untersucht werden. Des Weiteren könnte die psychische Gesundheit von Vätern durch die Unterstützung von Fachkräften des Gesundheitswesens, Online-Interventionen, Peer-Groups und durch Strukturen im Umfeld (z. B. Bildungseinrichtungen) verbessert werden. Die Forschungsgruppe empfiehlt eine umfassende Vorgehensweise unter Miteinbeziehung von Vätern, Partnerinnen und Kindern, welche die sich gegenseitig verstärkenden Auswirkungen der elterlichen psychischen Belastung und der frühen Entwicklungsverzögerung des Nachwuchses mildern könnte.
Fazit für die Praxis
Die Erkenntnisse aus dieser systematischen Übersichtsarbeit und Metaanalyse deuten darauf hin, dass die psychische Belastung des Vaters ein potenziell modifizierbarer Prädiktor für die Entwicklung des Kindes ist. Vor allem die Zeit nach der Geburt ist ein sensibler Zeitraum für Väter und sich entwickelnde Kinder. Die Verringerung der psychischen Belastung von Vätern in der Perinatalperiode ist daher ein wichtiges Ziel von präventiven Maßnahmen, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der nächsten Generation zu fördern.
Originalpublikation: Le Bas G, Aarsman SR, Rogers A, Macdonald JA, Misuraca G, Khor S, et al. Paternal Perinatal Depression, Anxiety, and Stress and Child Development: A Systematic Review and Meta-Analysis. JAMA Pediatr 2025; 16: e250880.
Link zur Originalpublikation: https://jamanetwork.com/journals/jamapediatrics/article-abstract/2834898
Autorin: Dr. med. Charlotte Gröschel, PhD
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