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Frühgeboren und chronisch krank

Frühgeboren und chronisch krank

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mgo medizin

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Erschienen in: pädiatrische praxis

In der Session zu Frühgeborenen und deren chronischen Erkrankungen wurden die Themen Impfungen, Nachsorge, Retinopathie, Lebensqualität/Glück und Musiktherapie bei Frühgeborenen dargestellt. Frühgeborene bleiben ein Leben lang Frühgeborene und auf diesen wichtigen Aspekt wird auch in den Vorträgen immer wieder hingewiesen.

Den Auftakt der Session „Zu früh auf der Welt und chronisch krank“ machte Dr. med. Maria Hitzschke, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands „Das frühgeborene Kind“. Sie führte aus, dass Kinder und Jugendlich ihr Leben lang durch ihre Vorgeschichte als Frühgeborene geprägt sind und daher werden auch Versorgungskonzepte nach der Entlassung aus der Klinik benötigt, die sie ihr Leben lang begleiten.

Nachsorge und Impfungen

PD Dr. med. habil. Dirk Manfred Olbertz, Chefarzt der Klinik für Neonatologie im Klinikum Südstadt Rostock stellte im Vortrag »Impfungen und Nachsorge von Frühgeborenen« die Nachsorge von Frühgeborenen im Speziellen zu Impfungen vor.

Eine frühe Entlassung soll die Kinder vor nosokomialen Infektionen schützen und engen Kontakt zu Eltern fördern. Die medizinische Nachbetreuung ist wichtig, hier muss vor allem das Aufholwachstum überwacht werden, dies ist essenziell für die spätere Ernährung. Schwerpunkte bei der Vorstellung im 1. Lebensjahr sind unter anderem die Beurteilung des somatischen Entwicklungsstands und die Organbeurteilung mittels Ultraschall bei Läsionen. Im. 2. Lebensjahr wird dann die psychomotorische Entwicklung kontrolliert, hierfür wird die Münchener funktionelle Entwicklungsdiagnostik genutzt.

Das Immunsystem von Säuglingen bildet sich erst im 3. Trimenon weiter aus, bei Frühgeborenen wird diese Entwicklung durch die frühe Geburt vorzeitig beendet. Impfungen haben daher in großem Maße zur Senkung der Sterblichkeit von Säuglingen beigetragen. Da Influenza und RSV die Hauptursachen bei stationären Aufnahmen waren, empfiehlt Chefarzt PD Dr. med. habil. Dirk Manfred Olbertz: »Frühgeborene ab dem Alter von 6 Monaten, so wie die Zulassung besteht, gegen Influenza zu impfen«. Neugeborene sollten entsprechend des kalendarischen/chronologischen Alters geimpft werden, um die Kinder vor den Folgen von Infektionen ausreichend zu schützen.

Retinopathie

Im Vortrag von Prof. Dr. Christoph Bührer aus der Klinik für Neonatologie der Charité Universitätsmedizin Berlin zu „Retinopathie bei Frühgeburtlichkeit“ wurden die Entstehung, Klassifikation, das Screening sowie die Therapie dieser chronischen Erkrankung erläutert.

Die unreife Retina bei Neugeborenen ist noch ohne Gefäße und bei einer Retinopathie führt dies zu einer pathologischen Gefäßentwicklung. Die Klassifikation beginnt mit dem Stadium 1 einer Demarkationslinie, entwickelt sich im Stadium 2 zu einer Leiste, im Stadium 3 wachsen die Netzhautgefäße in den Glaskörper hinein, im Stadium 4a kommt es zur Abhebung und im Stadium 4b zur Ablösung der Netzhaut. Die Retinopathie trifft vor allem extrem Frühgeborene, daher soll das Screening laut Leitlinie bei Neugeborenen mit einem Gestationsalter <31. SSW stattfinden und wenn zusätzliche Risikofaktoren bestehen.

Die Standardtherapie war viele Jahre die Laserchirurgie. Seit einigen Jahren kommt auch die antivitreale Anti-VEGF-Blockade zum Einsatz, mit den beiden Medikamente Ranibizumab und Aflibercept. Hierzu führt Prof. Dr. Christoph Bührer aus: »Im Vergleich in den randomisierten Studien Anti-VEFG gegen Laser, dann sieht man, dass die die Kinder die Anti-VEGF hatten, signifikant weniger sekundäre Netzhaut- oder Glaskörper-Eingriffe hatten.« Da es nach 2–3 Monaten zu Rezidiven kommen kann, muss man darauf achten, dass »regelmäßige Kontrolluntersuchungen bei allen Kindern stattfinden, die eine intravitreale Applikation eines dieser Medikamente bekommen haben, weil dieses Rezidivrisiko besteht und man das dem Kind ja nicht ansieht«. Die Nachsorgetermine sind essenziell, da auch die 2. Behandlung effektiv ist.

Glückliche erwachsene Neugeborene

Univ.-Prof. Dr. med. Daniel Klotz aus der Abteilung Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin des Universitätsklinikums OWL Bielefeld sprach in seinem Vortrag „Früh geboren – später (un)glücklich?« darüber, ob Frühgeborene später im Leben als Erwachsene glücklich werden können.

Erwachsene Frühgeborene haben eine höhere Rate an niedrigeren Bildungsabschlüssen, im Zusammenhang damit haben sie auch ein niedrigeres Einkommen und der sozioökonomische Status ist ebenfalls niedriger im Vergleich zu Reifgeborenen. Selbst bei den romantischen Beziehungen und dem Sexualverkehr zeigen sich niedrigere Werte, dies hängt jedoch nicht nur vom Gestationsalter ab, sondern auch von den Komorbiditäten. »Das heißt, die erwachsenen Frühgeborenen, die eine IVH erlitten haben, die ein BPD haben, die andere neurosensorische Auffälligkeiten haben, die haben nochmal ein höheres Risiken dafür, keinen Partner zu finden.«

Philosophisch gesehen gibt es 2 Formen an Glück: das hedonische Wohlbefinden (Wohlfühlglück; positive gegen negative Emotionen) und das eudaimonische Wohlbefinden (Werteglück; Sinnhaftigkeit). Die Messmethoden sind hier unter anderem der Quality of Life Questionaire und das Beck-Depression-Inventory für das hedonische Gück und der Ryff’s Psychological Well-Being Scale für das eudaimonische Glück. In der gefühlten Qualität bei Freundschaften zeigte sich kein Unterschied zwischen neugeborenen und reifgeborenen Erwachsenen. »Es gibt anscheinend keinen Unterschied in der Lebensqualität, keinen Unterschied in der gefühlten Unterstützung durch ein Freundesnetzwerk, gute Qualität der Beziehung, subjektiv gutes Wohlbefinden und es sind optimistische Realisten.« Die Neugeborenen zeigen im Erwachsenenalter trotz der Herausforderungen Anpassungsfähigkeit und Resilienz, sie gleichen die geringeren hedonischen Ressourcen durch Werteglück aus.

Live-Musiktherapie

Den Abschluss dieser Session machte Cinzia Rosati aus der Universitätsmedizin Essen zu ihrer Doktorarbeit „Die Effekte von Live-Musiktherapie bei Frühgeborenen. Ein Vergleich von live gespielten und aufgenommenen Sansula-Klängen“. Eine Musiktherapie soll auf die Neugeborenen entspannend wirken, zu Harmonie und Stabilisierung der physiologischen Parameter führen und die Interaktion und Kommunikation fördern. Es wurden die Ergebnisse einer randomisierten kontrollierten Studie an Kindern im Gestationsalter von 32+0 SSW am Uniklinikum Essen dargestellt. Die Vitalparameter Herzfrequenz, Atemfrequenz und Sauerstoffsättigung zeigten in den Mittelwerten eine Verbesserung bei beiden Interventionen, bei reiner Standardcare blieben die Werte gleich. »Bei Live-Musiktherapie zeigten sich größere Verbesserungen der Werte als bei den aufgenommenen Sansula-Klängen.«

Quelle: Session „Zu früh auf der Welt und chronisch krank“ vom 25.09.2025. auf dem Kongress für Kinder- und Jugendmedizin in Leipzig

Bilderquelle: © Iryna – stock.adobe.com; Symbolbild

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