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Aus der Praxis: Blockade der ambulanten dermatologischen Weiterbildung?

Aus der Praxis: Blockade der ambulanten dermatologischen Weiterbildung?

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mgo medizin Redaktion

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Eine kritische Analyse der strukturellen Defizite und Interessenkonflikte bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg von Evgenija Franzen, Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten (Göppingen).

Hinweis der Redaktion: Dieser Beitrag spiegelt die persönliche Einschätzung der Autorin wider und lädt alle Beteiligten zur individuellen Diskussion ein (Kontaktdaten der Autorin am Beitragsende).

Die Weiterbildung zum „Facharzt für Dermatologie und Venerologie“ sieht sich in Deutschland, insbesondere in Baden-Württemberg, mit gravierenden strukturellen und prozeduralen Hindernissen konfrontiert, die einer intendierten Flexibilisierung durch die Weiterbildungsordnung (WBO) 2020 entgegenstehen. Dieser Artikel analysiert die spezifischen Herausforderungen, denen sich angehende Dermatolog:innen in Baden-Württemberg gegenübersehen. Im Fokus stehen die restriktive Auslegung der WBO durch die Landesärztekammer Baden-Württemberg (LÄK BW), erhebliche Interessenkonflikte und mangelnde Kenntnis des aktuellen Stands ambulanter Weiterbildung bei einigen als Gutachter tätigen Klinikdirektoren, die daraus resultierende systematische Benachteiligung rein ambulanter Weiterbildungswege sowie die Diskriminierung von Ärzt:innen mit familiären Verpflichtungen. Die Analyse stützt sich auf Fallberichte, Kammerdokumente und öffentlich zugängliche Daten und mündet in konkrete Forderungen zur Reform der Weiterbildungspraxis.

Einleitung

Die Dermatologie und Venerologie ist ein Fachgebiet von herausragender Bedeutung für die ambulante Versorgung in Deutschland. Statistiken der Bundesärztekammer belegen, dass ca. 80 % der berufstätigen Dermatolog:innen im ambulanten Sektor tätig sind – ein Anteil, der den Durchschnitt aller Facharztgruppen deutlich übersteigt und eine steigende Tendenz aufweist [1]. Diese Realität sollte sich in modernen Weiterbildungsstrukturen widerspiegeln. Die Muster-Weiterbildungsordnung (MWBO) 2018 und ihre landesspezifischen Umsetzungen, wie die WBO 2020 in Baden-Württemberg, zielen explizit darauf ab, kompetenzbasierte und flexible Weiterbildungswege zu etablieren, die eine vollständige oder überwiegende Weiterbildung im ambulanten Sektor ermöglichen [2].

Entgegen dieser Zielsetzung und der Praxis in anderen Bundesländern (z. B. Hessen, Saarland, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein), wo vollumfängliche ambulante Weiterbildungsbefugnisse längst erteilt werden, stößt die Umsetzung in Baden-Württemberg auf erhebliche Widerstände seitens der Landesärztekammer Baden-Württemberg (LÄK BW) und der ihr untergeordneten Bezirksärztekammern. Berichte und dokumentierte Einzelfälle weisen auf eine systemische Blockadehaltung hin, die nicht nur individuelle Weiterbildungskarrieren torpediert, sondern auch die Sicherstellung der dermatologischen Versorgung, insbesondere in ländlichen Regionen, gefährdet und spezifische Arztgruppen diskriminiert. Dieser Artikel untersucht die strukturellen Probleme und Interessenkonflikte innerhalb der LÄK BW und ihrer Gremien, die einer zeitgemäßen ambulanten Weiterbildung im Wege stehen.

Problemanalyse

Rolle der Landesärztekammer Baden-Württemberg und systemische Konflikte

Die Schwierigkeiten in der ambulanten dermatologischen Weiterbildung in Baden-Württemberg sind vielschichtig und manifestieren sich insbesondere durch das Agieren der LÄK BW.

Restriktive Auslegung der WBO 2020 und Blockade ambulanter Weiterbildungswege
Obwohl die WBO 2020 für das Fachgebiet Haut- und Geschlechtskrankheiten in Baden-Württemberg keine verpflichtenden stationären Abschnitte mehr vorschreibt und eine vollständige ambulante Weiterbildung prinzipiell ermöglicht, zeigt sich in der Praxis der LÄK BW eine deutliche Präferenz für traditionelle, stationär geprägte Weiterbildungsmodelle. Eine Recherche über die offizielle “ Weiterbildungsbefugten-Suche“ auf der Webseite der LÄK BW offenbart, dass auch Jahre nach Inkrafttreten der WBO 2020 keine vollen Weiterbildungsbefugnisse für rein ambulante dermatologische Weiterbildungsstätten in Baden-Württemberg existieren [3]. Dies steht im scharfen Kontrast zur Situation in anderen Bundesländern, wo Medizinische Versorgungszentren (MVZ) und Praxen mit vergleichbarer Ausstattung bereits über volle Befugnisse verfügen.

Fallberichte deuten darauf hin, dass LÄK BW bestrebt ist, „Präzedenzfälle“ einer vollständig ambulanten Weiterbildung zu vermeiden, wie aus internen Kammerprotokollen und Äußerungen von Kammervertretern hervorgeht. Selbst bei zuvor erteilten Zusicherungen (z. B. einem Bescheid der BÄK NW aus dem Jahr 2021, der einer Ärztin den vollständig ambulanten Weg gemäß WBO 2020 bestätigte) werden Anträge auf Prüfungszulassung mit Verweis auf angeblich fehlende Kompetenzen, die nur stationär erwerbbar seien, abgelehnt und stattdessen monatelange Klinikabschnitte angeordnet.

Interessenkonflikte und fragwürdige Gutachterpraxis durch Klinikdirektoren
Ein Kernproblem stellt dabei die Praxis der LÄK BW dar, Klinikdirektoren als Gutachter für die Bewertung von Weiterbildungsleistungen, aus dem ambulanten Sektor, heranzuziehen. Diese Gutachter befinden sich in einem offenkundigen Interessenkonflikt: Als Leiter stationärer Einrichtungen profitieren sie von einer konstanten Zufuhr an Assistenzärzt:innen, die durch eine Forcierung stationärer Weiterbildungsabschnitte gesichert wird. Eine Stärkung und breite Etablierung voll-ambulanter Weiterbildungswege würde diese Personalquelle potenziell schmälern, da die Arbeitsbedingungen im ambulanten Sektor, insbesondere hinsichtlich Arbeitszeiten und Vereinbarkeit von Familie und Beruf, oft als attraktiver empfunden werden.

Verschärft wird diese Problematik dadurch, dass einige als Gutachter tätigen Klinikdirektoren mitunter nicht über den aktuellen Stand und die Möglichkeiten der kompetenzbasierten Weiterbildung im ambulanten Sektor informiert sind. In dokumentierten Fällen räumten Gutachter, beispielsweise der ärztliche Direktor einer großen städtischen Hautklinik in Baden-Württemberg, in ihren Stellungnahmen selbst ein, über den aktuellen Stand der ambulanten Weiterbildung nicht umfassend informiert zu sein. Trotz dieser eingestandenen Unkenntnis werden pauschale Urteile über die Nichterwerbbarkeit bestimmter Kompetenzen im ambulanten Setting gefällt. Ein prägnantes Beispiel hierfür ist die Bewertung der Teilnahme an dermatopathologischen Konferenzen. Während solche Konferenzen im Zeitalter der Digitalisierung problemlos und qualitätsgesichert im ambulanten Sektor (z.B. in Kooperation mit spezialisierten Instituten oder im Verbund von MVZs) durchgeführt und nachgewiesen werden können, wird diese Kompetenz von Gutachtern mitunter als „im ambulanten Bereich nicht erwerbbar“ pauschal abgetan – selbst, wenn die Teilnahme im eLogbuch dokumentiert und durch entsprechende Protokolle nachgewiesen ist.

Umgekehrt betrachtet offenbart sich jedoch eine signifikante Limitation der rein stationären Weiterbildung hinsichtlich der vollständigen Abdeckung des dermatologischen Weiterbildungskatalogs gemäß WBO. Zahlreiche diagnostische und therapeutische Verfahren, die für eine umfassende ambulante dermatologische Versorgung essentiell sind, finden in der Routine vieler Kliniken nur randständige Berücksichtigung oder werden gar nicht angeboten.

Dieses systemische Defizit der rein stationären Weiterbildung wird seitens der LÄK BW jedoch weitgehend ignoriert. Vielmehr erteilt die Kammer Zulassungen zur Facharztprüfung für ausschließlich stationär weitergebildete Ärzt:innen, ohne das tatsächliche Leistungsspektrum der jeweiligen Weiterbildungsstätte und die dort real vermittelbaren Kompetenzen eingehend zu prüfen. Im Gegensatz dazu wird ambulant erworbenen Kompetenzen mit überzogener Skepsis und Misstrauen begegnet. Diese Diskrepanz in der Bewertung stellt eine weitere, subtile Form der Diskriminierung des ambulanten Sektors dar. Sie führt mitunter dazu, dass erzwungene stationäre Abschnitte, keinen relevanten Zuwachs an Kompetenzen über das bereits ambulant Erlernte hinaus erbringen, da die behaupteten Defizite in den Kliniken selbst nicht adäquat adressiert werden.

Berichten zufolge basieren somit Gutachten, die Defizite bei ambulant weitergebildeten Ärzt:innen attestieren, daher mitunter auf oberflächlichen, pauschalen Einschätzungen und persönlichen Meinungen anstatt auf einer fundierten Analyse der vorgelegten Nachweise und des eLogbuchs. Kompetenzen werden als defizitär bewertet, obwohl sie nachweislich erworben wurden oder gar nicht explizit im Anforderungskatalog der WBO 2020 aufgeführt sind.

Das Ziel scheint oftmals nicht die objektive Kompetenzfeststellung, sondern die Durchsetzung eines stationären Abschnitts zu sein. Paradoxerweise zeigen sich dieselben Kliniken, wie Fallbeispiele aus der genannten Hautklinik nahelegen, in der Regel nicht bereit, Ärzt:innen für die Dauer der geforderten, oft kürzeren stationären Weiterbildung einzustellen, insbesondere auch wenn diese familiäre Verpflichtungen (z. B. Teilzeitwunsch) mitbringen. Die Folge sind willkürlich erscheinende Defizitbescheinigungen, die nicht auf einer fundierten Analyse der erworbenen Kompetenzen, sondern auf tradierten Vorstellungen über die Grenzen ambulanter Leistungserbringung und mangelnder Kenntnis moderner Weiterbildungsrealitäten basieren.

Systematische Benachteiligung von Weiterbildungsassistent:innen mit familiären Verpflichtungen

Die beschriebene Praxis der LÄK BW und einiger von ihr bestellten Gutachter führt zu einer mittelbaren Diskriminierung von Ärzt:innen, insbesondere Frauen, mit familiären Verpflichtungen. Der ambulante Sektor bietet oft flexiblere Arbeitszeitmodelle und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, weshalb Ärzt:innen in dieser Lebensphase häufig eine Weiterbildung im ambulanten Bereich anstreben oder bereits überwiegend dort absolviert haben. Die rigide Forderung nach zusätzlichen, oft schwer zu findenden stationären Abschnitten und die mangelnde Bereitschaft vieler Kliniken, Teilzeitmodelle oder kurzfristige Verträge für fortgeschrittene Weiterbildungsassistent:innen anzubieten, stellt für diese Gruppe eine kaum überwindbare Hürde dar.

Die Weigerung von Klinikdirektoren, Bewerber mit bereits fortgeschrittener ambulanter Weiterbildung oder dem Wunsch nach Teilzeitarbeit einzustellen (teilweise mit Verweis auf angeblich fehlende Fördermittel der KVBW oder schlichtweg keine vakante Stelle, obwohl ein Gutachten desselben Klinikdirektors den stationären Abschnitt fordert), zwingt Betroffene entweder zur Aufgabe ihrer Weiterbildung, zum unfreiwilligen Wechsel des Bundeslandes oder in prekäre Situationen, wie die Akzeptanz einer Stelle unter der initialen Bedingung der Selbstfinanzierung.

Ineffiziente, intransparente und rechtsstaatlich bedenkliche Verwaltungsverfahren der LÄK BW

Erschwerend zu den bereits vorgebrachten Problemstellungen, kommt auch der Umstand hinzu, dass die Verfahrensabläufe bei der LÄK BW wiederholt Gegenstand massiver Kritik sind. Dazu zählen:

  • Unverhältnismäßige Bearbeitungszeiten: Anträge auf Zulassung zur Facharztprüfung und Widerspruchsverfahren dauern oft viele Monate, in dokumentierten Fällen bis zu 34 Wochen für den Antrag und weitere 31 Wochen für den Widerspruch, was die gesetzlichen Fristen (z. B. § 75 VwGO) eklatant überschreitet und teilweise Untätigkeitsklagen erforderlich macht. Die erfolgreiche Erhebung einer Untätigkeitsklage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart in einem derartigen Fall unterstreicht die Notwendigkeit und Möglichkeit der rechtlichen Gegenwehr.
  • Mangelnde Transparenz und Verletzung des rechtlichen Gehörs: Defizitfeststellungen erfolgen oft pauschal und ohne konkrete Benennung, wie die angeblichen Mängel behoben oder nachgewiesen werden können. Die Kammer ignoriert mitunter wiederholte Aufforderungen zur Präzisierung oder zur Akzeptanz nachgereichter Belege und verstoßen damit gegen den Untersuchungsgrundsatz (§ 24 VwVfG) und das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG).
  • Missachtung des Vertrauensschutzes: Zuvor erteilte Zusicherungen über die Anerkennung von Weiterbildungswegen werden ohne neue Sach- oder Rechtslage widerrufen (§ 38, § 48 VwVfG).
  • Formale Fehler und Datenschutzverstöße: Berichtet wird von formellen Fehlern in Bescheiden, die Rechtsunsicherheit erzeugen, sowie von gravierenden Datenschutzverstößen durch die Weitergabe hochsensibler Daten Dritter.

Auswirkungen und die Rolle ärztlicher Organisationen

Die beschriebene Situation hat weitreichende negative Konsequenzen:

  • Frustration und Abwanderung von Fachkräften: Junge Ärzt:innen werden demotiviert und sehen sich gezwungen, Baden-Württemberg zu verlassen, um ihre Weiterbildung in anderen Bundesländern abzuschließen. Dies verschärft den Fachärztemangel in Baden-Württemberg.
  • Gefährdung der ambulanten Versorgung: Die Blockade ambulanter Weiterbildungswege und die daraus resultierende Unsicherheit beeinträchtigen die Nachbesetzung von Praxen und die Versorgungskapazitäten, insbesondere in unterversorgten Gebieten.
  • Erosion des Vertrauens in die ärztliche Selbstverwaltung: Wenn die Ärztekammern, deren ureigene Aufgabe die Förderung der Weiterbildung und die Wahrung der Berufsinteressen ihrer Mitglieder ist, systematisch gegen diese Interessen agieren, untergräbt dies das Vertrauen in die Institution nachhaltig.

Es ist bemerkenswert, dass ärztliche Berufsverbände wie der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) und die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) die Problematik der Weiterbildung und die Notwendigkeit flexibler, ambulanter Modelle durchaus erkennen und Lösungsansätze diskutieren. Umso unverständlicher erscheint die rigide Haltung der LÄK BW, die sich auf fragwürdige Gutachten von in persönlichen Interessenkonflikten befangenen und teilweise unzureichend über ambulante Weiterbildungsmöglichkeiten informierten Klinikdirektoren stützt, anstatt die Expertise und die Empfehlungen der direkten Weiterbilder und der Fachgesellschaften zu berücksichtigen.

Lösungsansätze und Forderungen

Um die Missstände in der ambulanten dermatologischen Weiterbildung in Baden-Württemberg zu beheben, sind dringende Maßnahmen erforderlich:

  1. Volle Umsetzung der WBO 2020: Die LÄK BW muss die Intention der WBO 2020 uneingeschränkt anerkennen und die vollumfängliche ambulante Weiterbildung aktiv fördern und ermöglichen, analog zur Praxis in anderen Bundesländern.
  2. Eliminierung von Interessenkonflikten bei Gutachtern: Die Beauftragung von Klinikdirektoren als Gutachter für ambulante Weiterbildungsleistungen muss kritisch überprüft und bei nachweislichen oder potenziellen Interessenkonflikten unterbunden werden. Ein Pool unabhängiger, gegebenenfalls überregionaler Gutachter sollte etabliert werden, die nachweislich über aktuelle Kenntnisse der ambulanten Weiterbildung verfügen.
  3. Transparente und faire Bewertungsverfahren: Kriterien für die Anerkennung von Weiterbildungsleistungen müssen klar, transparent und im Einklang mit dem Wortlaut und Geist der WBO 2020 stehen. Das eLogbuch und die Zeugnisse der Weiterbilder müssen primäre Grundlage der Bewertung sein.
  4. Unterstützung für flexible Weiterbildungsmodelle: Die LÄK BW muss aktiv Weiterbildungsmodelle unterstützen, die familiären Verpflichtungen entgegenkommen, z.B. durch Förderung von Teilzeitweiterbildung auch in geforderten stationären Abschnitten.
  5. Effizienz und Rechtsstaatlichkeit in Kammerverfahren: Bearbeitungszeiten müssen drastisch verkürzt und gesetzliche Vorgaben eingehalten werden. Eine Kultur der Dienstleistung und Unterstützung für ihre Mitglieder muss etabliert werden.
  6. Stärkung der Aufsicht: Die zuständigen Aufsichtsbehörden (Landesgesundheitsministerium Baden-Württemberg) sind gefordert, bei systematischen Missständen und Rechtsverstößen ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen.
  7. Dialog und Kooperation: Ein konstruktiver Dialog zwischen LÄK BW, Weiterbildungsassistent:innen, ambulanten und stationären Weiterbildern sowie Fachgesellschaften ist unerlässlich, um zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln.

Fazit und Ausblick

Die aktuelle Situation der ambulanten dermatologischen Weiterbildung in Baden-Württemberg ist geprägt von strukturellen Defiziten, erheblichen Interessenkonflikten und einer Kammerpraxis, die dem Geist der WBO 2020 und den Bedürfnissen einer modernen Ärzteschaft sowie der Versorgungssicherung zuwiderläuft. Die dargestellten Probleme, insbesondere die Rolle von als Gutachtern tätigen Klinikdirektoren und die systematische Erschwerung rein ambulanter Weiterbildungswege durch die LÄK BW, erfordern ein sofortiges Umdenken und Handeln.

Es kann nicht hingenommen werden, dass ärztliche Karrieren durch intransparente Verfahren, institutionelle Eigeninteressen und eine systemische Benachteiligung bestimmter Weiterbildungsmodelle und Arztgruppen behindert werden. Die ärztliche Selbstverwaltung in Baden-Württemberg steht in der Pflicht, ihre Verfahren grundlegend zu reformieren und sicherzustellen, dass die Weiterbildung fair, transparent und im besten Interesse der angehenden Fachärzt:innen sowie der Patient:innenversorgung gestaltet wird. Andernfalls droht eine weitere Verschärfung des Fachärztemangels im ambulanten Sektor und ein nachhaltiger Schaden für das Ansehen der ärztlichen Selbstverwaltung. Solange die aufgezeigten strukturellen Probleme und die dargestellte Kammerpraxis fortbestehen, ist betroffenen Ärztinnen und Ärzten dringend anzuraten, ihre berechtigten Ansprüche und Rechte gegenüber den Kammern konsequent mit anwaltlicher Unterstützung einzufordern. Das Beispiel erfolgreich erhobener Untätigkeitsklagen zeigt, dass Rechtsmittel gegen unzumutbare Verfahrensweisen und -dauern Wirkung entfalten können.

Hinweise

Die Autorin erklärt, dass keine Interessenkonflikte bestehen. Der Beitrag spiegelt nicht die Meinung der Redaktion wider.

Autorin

Evgenija Franzen
Fachärztin für Haut-und Geschlechtskrankheiten (Göppingen)
Kontakt: evgenya_franzen@web.de

Dr. Evgenija Franzen, Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten, in ihrer Praxis in Göppingen.
©Philipp_M._Sedlacek_2025

Evgenija Franzen, Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten, in ihrer Praxis in Göppingen. ©Philipp_M._Sedlacek_2025

Literatur:
[1] Bundesärztekammer. Ärztestatistik zum 31. Dezember 2023.
[2] Landesärztekammer Baden-Württemberg. Weiterbildungsordnung 2020. [3] Landesärztekammer Baden-Württemberg. Online-Suche Weiterbildungsbefugnisse.

Bilderquelle: ©Philipp_M._Sedlacek_2025_WP.jpg

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