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Urologen diskutieren Selektivverträge als Blaupause der Primärarzt-Versorgung

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Erschienen in: UroForum

Im Berufspolitischen Forum mühten sich die Diskutanten um den gesteuerten Patienten. Es geht um das Primärarzt-System – Hoffnungsträger klammer Krankenkassen und einer unter Druck stehenden Gesundheitspolitik. Dabei tauchte ein alter Bekannter aus der Vergessenheit auf.

Die Zukunft der Patientensteuerung diskutierten der Berliner Allgemeinarzt Dr. Sven Schellberg; DGU-Generalsekretär Prof. Max Burger, Nadim Moharam, BvDU-Präsident Dr. Axel Belusa, BvDU-Landeschef Dr. Michael Rug, AOK-Vorstandsreferent Maurice Brühl sowie KVSH-Vorstandsmitglied Dr. Alexander Paquet. (Foto: Runkel)
Die Zukunft der Patientensteuerung diskutierten der Berliner Allgemeinarzt Dr. Sven Schellberg; DGU-Generalsekretär Prof. Max Burger, Nadim Moharam, BvDU-Präsident Dr. Axel Belusa, BvDU-Landeschef Dr. Michael Rug, AOK-Vorstandsreferent Maurice Brühl sowie KVSH-Vorstandsmitglied Dr. Alexander Paquet. (Foto: Runkel)

Der Selektivvertrag feiert fröhliche Urständ! Der gesteuerte Patient ist aus der Sicht des badischen BvDU-Landesvorsitzenden Dr. Michael Rug der im Selektivvertrag eingeschriebene GKV-Patient. Dr. Rug ist niedergelassener Urologe aus Karlsruhe. Seine These ist klar: „Der Selektivvertrag Urologie in Baden-Württemberg kann eventuell in der Kombination mit dem hausärztlichen Selektivvertrag im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung eine Art Blaupause für ein bundesweites Modell der primärärztlichen ambulanten Versorgung sein.“

Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Formen der Selektivverträge: die hausarztzentrierte Versorgung nach §73b SGB V und Verträge für die besondere Versorgung nach § 140a SGB V; darunter fallen auch die Facharztverträge. „Die Zahl der eingeschriebenen Patienten und Praxen zeigt, dass das Modell lebt. Im Vertrag können wir so viele Patienten behandeln, wie wir wollen, da diese Leistungen im Rahmen des Selektivvertrags unbudgetiert sind“, lobte Dr. Rug den Selektivvertrag. Nur HZV-Patienten können gleichzeitig auch im Selektivvertrag Urologie eingeschrieben sein.

Dabei wurde das heiße Eisen „PSA-Bestimmung“ von Beginn an aus dem Spiel genommen. „Der AOK war wichtig, dass wir keinen Anreiz haben, den Patienten die PSA-Bestimmung aufzuschwätzen.“ Die privatärztlichen IGeL-Einnahmen werden nach Aussage von Dr. Rug durch den Selektivvertrag deutlich kompensiert. „84% der Urologen nehmen am Selektivvertrag teil, und die AOK ist mit dieser Quote zufrieden.“ Erfreulich sei die Entwicklung der Fallwerte. „Im KV-Bereich haben wir einen Fallwert von rund 70 Euro; in allen Facharztverträgen liegen wir rund 30% darüber und erhalten im Schnitt etwa 91 Euro.“

Der gesteuerte Patient ist aus der Sicht des Berliner Allgemeinarztes Dr. Sven Schellberg kein Selbstläufer. Launig sprach er die Rivalitäten zwischen Haus- und Fachärzten an: „Als wir ursprünglich über diese Veranstaltung gesprochen haben, habe ich gesagt: Das Einzige, was ich verlange, ist freies Geleit.“ Das Gesundheitssystem brauche die Institutionalisierung eines Primärarztes; vor allem aber brauche es die kollegiale Akzeptanz und die Wertschätzung zwischen Primärarzt und Facharzt. Dabei sei auch Selbstkritik gefragt, denn Ärzte müssten sich die Frage gefallen lassen, ob die Versorgung wirklich die behauptete Qualität hat.

Dr. Schellberg stellte fest, dass die Primärversorgung diskret an die Ärzteschaft delegiert werde. „So richtig gibt es die Patientensteuerung gar nicht und – ganz ehrlich – die Darstellung des Koalitionsvertrags zeigt, dass die Patientensteuerung politisch gar nicht gewünscht ist“, unterstrich der Allgemeinarzt. Schließlich seien Patienten Wähler und ihre Stimmen entschieden die nächste Wahl. „Keiner will sich mit den Wählern anlegen.“ Das Problem der GKV-Finanzierung löse sich dadurch aber nicht. Vielmehr brauche es ein wirkstarkes Primärarzt-System. Der politische Wille auf allen Seiten müsse die Primärversorgung wollen.

Beruhigende Worte richtete Maurice Bröhl, Vorstandsreferent bei der AOK Rheinland/Hamburg, an die Urologinnen und Urologen. „Mit einem Primärarztmodell wollen wir nicht, dass jemand benachteiligt wird oder dass Gelder abgezogen werden.“ Es gehe eher darum, Finanzmittel im Zuge der Krankenhausreform in den ambulanten Sektor zu verlagern. „Es geht um eine sinnvolle Patientensteuerung und nicht um den Entzug von Honorar.“

Viel Skepsis hatte hingegen Dr. Alexander Paquet, Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein, im Gepäck. Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung wünsche steht: tiefgreifende Reformen, eine Stabilisierung der Beiträge, schnelleren Zugang zu Terminen sowie eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten. Der Kommentar von Dr. Paquet war vielsagend: „Das ist die Eier-legende Wollmilchsau, die nicht Wirklichkeit werden wird.“

Bildquelle: aerogondo – adobe.stock.com

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