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UroSkop: SpiFa streitet Bevorzugung von Privatpatienten ab, VdK fordert Kontrollen und Geldbußen

UroSkop: SpiFa streitet Bevorzugung von Privatpatienten ab, VdK fordert Kontrollen und Geldbußen

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Erschienen in: UroForum

Für erhitzte Diskussionen sorgt einmal wieder die Frage der Wartezeiten auf Facharzttermine für GKV- und Privatpatienten. Der SpiFa verteidigt schnellere Privattermine als legitimes Recht unternehmerisch geführter Facharztpraxen und bietet eine Entbudgetierung als Lösung für die Gesetzliche Krankenversicherung an. Der Sozialverband VdK Deutschland weist das zurück und fordert Kontrollen und Geldbußen für Fachärzte. Wie ist die Lage?

Die Vertragsarztpraxis gehört ihren jeweiligen Eigentümerinnen und Eigentümern und nicht den Krankenkassen oder dem Staat, betont der Vorstandsvorsitzende des SpiFa, Dr. Dirk Heinrich. (Foto: Virchowbund / Lopata)
Die Vertragsarztpraxis gehört ihren jeweiligen Eigentümerinnen und Eigentümern und nicht den Krankenkassen oder dem Staat, betont der Vorstandsvorsitzende des SpiFa, Dr. Dirk Heinrich. (Foto: Virchowbund / Lopata)

Der Spitzenverband Fachärztinnen und Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) weist die pauschale Behauptung zurück, Privatversicherte würden von Ärztinnen und Ärzten bevorzugt. Richtig sei vielmehr, dass Politik und Kassen Termine für Kassenpatientinnen und -patienten absichtlich begrenzen. „Arztpraxen in Deutschland sind wirtschaftliche Unternehmungen. Sie werden in der Regel von einem Arzt oder einer Ärztin betrieben, die unter anderem einen Vertrag mit dem System der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) haben und deshalb Vertragsärztinnen und -ärzte sind. Die Vertragsarztpraxis gehört ihren jeweiligen Eigentümerinnen und Eigentümern und nicht den Krankenkassen oder dem Staat“, betont der Vorstandsvorsitzende des SpiFa, Dr. Dirk Heinrich.

Die Pflichten einer Vertragsarztpraxis beinhalten nach SpiFa-Darstellung 25 Stunden Tätigkeit für GKV-Versicherte als Sprechzeiten, Hausbesuche eingeschlossen. Bis zu 13 Stunden Nebentätigkeit bei einem vollen Kassenarztsitz und 26 Stunden bei einem halben sind nach höchst richterlichen Entscheidungen möglich. Diese werden häufig zur Behandlung von Selbstzahlenden (z. B. Privatpatientinnen und -patienten) genutzt.

Zusätzliche Kassentermine scheitern an der Budgetierung

„Die Art der Nebentätigkeit ist für den Praxisarzt frei. Wenn also der Kassenvertrag erfüllt ist, können eben auch Privatpatientinnen und -patienten behandelt werden. Da es aber viel weniger davon gibt als Kassenpatientinnen und -patienten, ist es mathematisch logisch, dass Privatversicherte schneller Termine bekommen. Hinzu kommt noch, dass durch die willkürliche Budgetierung – also absichtliche Begrenzung der von Fachärzten erbrachten Leistungen durch Politik und Kassen – nochmal mögliche Termine jenseits der 25 Stunden Kassentätigkeit wegfallen. Wer also mehr Facharzttermine möchte, muss erst einmal die Budgetierung beenden,“ erklärt Heinrich weiter.

Das Bild, dass gesetzlich Versicherte systematisch benachteiligt würden, hält demnach nach SpiFa-Darstellung einer differenzierten Betrachtung nicht stand. Aus medizinischer Sicht ist der Anspruch auf eine zeitgerechte und qualitativ hochwertige Behandlung für alle Patientinnen und Patienten gleich – und das ist auch gelebte Realität in den Facharztpraxen. Der SpiFa kritisiert in diesem Zusammenhang auch die einseitige Fokussierung auf Vertragsärztinnen und Vertragsärzte. So würden beispielsweise Ärztinnen und Ärzte, die ausschließlich privat behandeln, nie für ihre Terminvergabepraktiken kritisiert.

Private Chefarzt-Termine sind politisch unverdächtig

Auch Chefärzte in staatlichen Kliniken böten Privat- oder Chefarzttermine an – ohne dass dies gesellschaftlich oder politisch hinterfragt würde. Die Ungleichbehandlungs-Debatte werde so gerade auf den Teil der Ärzteschaft verkürzt, der bereitwillig gesetzlich Versicherte in vollem Auftragsumfang behandle und verzerre das Bild der Versorgungsrealität.

„Die Vorwürfe werden reflexartig und fast ausschließlich gegen Kassenärztinnen und -ärzte erhoben – und blenden dabei auch noch bewusst aus, dass Arztpraxen außerhalb ihrer Kassenzulassung als freie Wirtschaftsbetriebe arbeiten“, erklärt Heinrich weiter. „Wie Ärztinnen und Ärzte ihre Praxis außerhalb ihrer kassenärztlichen Verpflichtung führen, welches Zeitbudget sie wofür aufwenden und welche unternehmerischen Entscheidungen sie treffen, damit ihre Praxen wirtschaftlich tragfähig sind und bleiben, bleibt alleine ihnen überlassen.“

Neiddebatte lenkt vom wahren sachlichen Kern ab

Der SpiFa fordert daher die Politik, die gesetzlichen Krankenkassen und insbesondere auch die Medien auf, die Diskussion über Wartezeiten und Terminvergabe endlich sachlich zu führen und die wahren Ursachen – wie Budgetierung, steigende Bürokratiebelastung, Fachkräftemangel und eine unzureichende Finanzierung der GKV-Versorgung – in den Fokus zu rücken. „Diese immerwährende Neiddebatte lenkt von den dringend benötigten strukturellen Reformen ab und schadet lediglich der konstruktiven Zusammenarbeit. Mit dieser Strategie verlieren ALLE Akteure im Gesundheitswesen,“ so Heinrich.

VDK will gegen schwarze Schafe vorgehen

VdK-Präsidentin Verena Bentele betont vor allem die gesetzliche Pflicht der medizinischen Versorgung der gesetzlich Versicherten. (Foto: VdK/Susie Knoll)
VdK-Präsidentin Verena Bentele betont vor allem die gesetzliche Pflicht der medizinischen Versorgung der gesetzlich Versicherten. (Foto: VdK/Susie Knoll)

Eine komplett andere Sichtweise auf die Terminfrage hat der Sozialverband VdK. Seine Präsidentin Verena Bentele reagiert auf die Äußerungen des SpiFa und die Behauptung, dass Privatversicherte angeblich nicht bei der Terminvergabe bevorzugt werden: „Wer gesetzlich krankenversichert ist, wartet wesentlich länger auf einen Facharzttermin als Privatversicherte. Diese Erfahrung von Millionen Menschen kann nicht wegdiskutiert werden.“ Zuletzt ergab eine Erhebung der Stiftung Warentest laut VdK, dass 18,6 % der gesetzlich Versicherten bis zu zwei Monate auf einen Facharzttermin warten. Gleichzeitig erhalten 26,1 % der Privatversicherten einen Termin innerhalb einer Woche, bei gesetzlich Versicherten liegt dieser Anteil bei gerade einmal acht Prozent.

“Selbst der Virchowbund als Interessenverband der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte hat vorgerechnet, dass Privatpatienten systematisch bevorzugt werden“, unterstreicht Bentele. Daher würden Praxen den Anteil an Sprechstunden aufstockten, der Privatversicherten zur Verfügung stehe. Dann formuliert Bentele eine These zur Zeitverteilung: „Dadurch kommen sie der gesetzlichen Verpflichtung, 25 Stunden Sprechstunde für gesetzlich Versicherte pro Woche anzubieten, nicht mehr nach. Im Schnitt bieten Facharztpraxen nur 18,75 Wochenstunden für gesetzlich Versicherte an und reservieren die restliche Zeit für Privatversicherte und Selbstzahlerinnen und -zahler.“ Dieser kleinen Gruppe ständen damit 40 % aller Termine zu. „Die Wahrheit ist also: Es gibt kein Märchen der Bevorzugung, sie ist bittere Realität.”

Aus VdK-Sicht sind Vertragsärzte „gesetzlich verpflichtet, die medizinische Versorgung der gesetzlich Versicherten sicherzustellen. Viele Kassenärztinnen und -ärzte verstoßen gegen diesen Sicherstellungsauftrag und geben dies auch bereitwillig zu. Mit ihrem Kassensitz haben sie Zugang zu 90 Prozent der Versicherten in Deutschland.“ Der VdK versteigt sich dann sogar zu der These, dass Vertragsärzte erst dann Privatpatienten behandeln dürfen, wenn alle GKV-Patienten optimal versorgt wurden. Benteles Gegenvorschlag ist radikal:

„Es könnten großflächig Kontrollen durchgeführt werden, um schwarze Schafe mit saftigen Geldbußen zu belegen.“

Die Diskussion zeigt einmal wieder, wie verschieden gesellschaftliche Gruppen auf die Rolle des Vertragsarztes blicken. Was ist die Aufgabe des Arztes? Wie sind ethische und rechtliche Fragen abzuwägen? Hier muss sich die Gesellschaft auf eine Sicht verständigen. Die pauschale Festlegung von 25 Kassensprechstunden pro Woche kann es jedenfalls nicht sein. Wozu das führt, erleben derzeit die überfüllten Notaufnahmen der Krankenhäuser.

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Franz-Günter Runkel

Chefreporter UroForum

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