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UroSkop: Der Primärarzt: Fata Morgana oder Hoffnungsträger für die Urologie?

Arzt und Partien vor einem Ultraschallbild

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UroSkop: Der Primärarzt: Fata Morgana oder Hoffnungsträger für die Urologie?

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Erschienen in: UroForum

In der tristen Wüste der Geld- und Ideenlosigkeit erscheint Gesundheitspolitikern und manchen Kassenvertretern eine wunderschöne Luftspiegelung: Der Primärarzt verspricht Geld und einfache Problemlösungen. Seitdem geistert er durch Bundestag sowie diverse Presse-Veröffentlichungen rund um die Zukunft des Gesundheitssystems. Was aber ist daran am Traumbild der sparsamen und effizienten Patientensteuerung?

Josef Hecken und Dr. Axel Belusa diskutieren über die Herausforderungen und Chancen der Primärversorgung im deutschen Gesundheitssystem.
Dr. Axel Belusa (links), Präsident des Berufsverbands der Deutschen Urologie, forderte die Integration der Urologen in den Kreis der grundversorgenden Primärärzte. (Foto: BvDU) Zweifel an der hausarztzentrierten Primärversorgung äußerte G-BA-Chef Josef Hecken (rechts) auf dem Hauptstadtkongress in Berlin. (Foto: Runkel)

Fest steht, dass der Milliarden Euro hohe Schuldenberg des Gesundheitssystems nach Reformen verlangt. Die OECD hat festgestellt, dass deutsche Patienten lustvoll von Arzt zu Arzt pilgern – 9,6 Arztkontakte sind es im Schnitt pro Jahr. Also: Daumenschrauben festgezogen, Primärarzt installiert. Alle Sorgen weg? Leider nein, sagte eine Managerin der Knappschaft Bahn-See auf dem Hauptstadtkongress in Berlin. Das Primärarzt-System „Prosper“ der Knappschaft hat die Gesundheitsversorgung nicht preiswerter gemacht. Die verbindliche Einschreibung, das A und O des Primärarzt-Systems, kommt beim Patienten nicht an, so weiß die Kasse aus mehrjähriger Erfahrung. Bereits heute fehlen 5.000 Hausärzte; in den nächsten Jahren droht der Kollaps des hausärztlichen Systems aufgrund der zu erwartenden Verrentungswelle.

„Wie soll das gehen?“, fragte G-BA-Chef Josef Hecken in Berlin. Tausende Patienten stehen vor verlassenen Praxisräumen und warten auf den Primärarzt? Godot war im Vergleich damit ein Ausbund an Verlässlichkeit. Josef Hecken riet dringend dazu, Fachärzte wie z.B. Urologinnen und Urologen in ein Konzept der Primärversorgung zu integrieren. Im Prinzip bliebe das System ähnlich wie heute, nur die Verkehrsregeln würden strikter und auch strafbewehrt. Wer andere Pfade einschlagen will, muss zahlen. So könnte es gehen – vielleicht!

BvDU forderte Integration der Urologen in die Primärärztliche Versorgung

Der Berufsverband der Deutschen Urologie (BvDU) begrüßt das Konzept einer besseren Patientensteuerung. Allerdings glaubt der BvDU, dass ein Primärarztsystem nur mit grundversorgenden Fachärztinnen und Fachärzte funktionieren kann und nicht ohne sie. Man könnte laut BvDU aus funktionierenden Systemen in Baden-Württemberg lernen, wo Haus- und Fachärzte die Versorgung von Patienten auf Grundlage konkreter Verträge bestmöglich realisieren. „Ausnahmen für die Augenheilkunde und die Gynäkologie wurden bereits im Papier genannt, nun müssen weitere fachärztliche Gruppen folgen, die die Grundversorgung von Patientinnen und Patienten gewährleisten“, so Dr. Axel Belusa, Präsident des Berufsverbands. Gerade im Rahmen der im Papier als Eckpfeiler benannten Vorsorge sind Urologinnen und Urologen maßgeblich für die Früherkennung und Vorsorge bei Männern. „Wenn Männern der direkte Weg zum Urologen genommen wird, wäre die Hürde, zur Vorsorge zu gehen, erneut höher mit der möglichen Folge zunehmender Erkrankungen.“

AOK-Bundesverband setzt auf Lösung im Kollektivvertrag

Während der BvDU auf Lösungen in Selektivverträgen setzt, pochen der AOK-Bundesverband und der Ersatzkassen-Verband (VdeK) auf den Kollektivvertrag. Im Konzeptpapier „Von Anfang an gut versorgt: Eckpunkte für eine Primärversorgung in Deutschland“ fordert die AOK einen bedarfsgerechten Zugang zur Versorgung für Patientinnen und Patienten und mehr Effizienz im System durch gezielte Steuerung. Zum einen soll die bestehende hausärztliche Versorgung verlässlicher und zu einem teambasierten Primärversorgungssystem weiterentwickelt werden. Zum anderen soll als neues Steuerungselement eine schnelle Ersteinschätzung des konkreten Bedarfs und der Dringlichkeit erfolgen, damit Patientenanliegen zielgerichteter an die richtigen Versorgungsebenen vermittelt werden können. Diese Ersteinschätzung soll in den Primärversorgungspraxen und flankierend bei den Leitstellen bzw. Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen möglich sein.

„Kernelement unseres Konzepts sind Primärversorgungspraxen als ein gut erreichbarer und verlässlicher Anlaufpunkt für Patientinnen und Patienten“, erklärt die Vorstandsvorsitzende des. AOK-Bundesverbandes Dr. Carola Reimann. Dort sollen Teams aus Ärzten, Pflegefachpersonen, Physician Assistants und weiteren Gesundheitsberufen eine umfassende Grundversorgung übernehmen und Patientinnen und Patienten bei Bedarf weiter durch das System leiten. „Wir brauchen eine stabile Grundversorgung, damit die Bevölkerung das Vertrauen in ihre gesundheitliche Absicherung nicht verliert. Die teambasierte Aufstellung der bisherigen hausärztlichen Versorgung ist dafür eine wichtige Voraussetzung. In diesen Teams ist auch die Integration von telemedizinischen Angeboten besser möglich als in der Einzelpraxis.“

AOK hält an freier Arztwahl fest

Sowohl Primärversorger als auch Fachärztinnen und -ärzte sollen weiter frei gewählt werden dürfen, Zugang zur fachärztlichen Versorgung sieht die AOK allerdings erst nach qualifizierter Überweisung vor. „Mit Blick auf lange Wartezeiten auf Termine und die Ambulantisierungsziele der Krankenhausreform muss auch die fachärztliche Versorgung bedarfsgerecht ausgerichtet werden“, so Reimann. Ausnahmen beim Überweisungsvorbehalt sollen für Kinder- und Jugendarztpraxen, für die Frauenheilkunde sowie für chronisch Kranke und Früherkennungsuntersuchungen gelten. Damit GKV-Versicherte zudem schneller Termine bei Fachärztinnen und -ärzten erhalten, sollen Selbstzahlerleistungen künftig nur noch in ausgewiesenen Sprechstunden angeboten werden dürfen.

Als weitere Systemschnittstelle sieht die AOK neben den Primärversorgern auch die bei den Kassenärztlichen Vereinigungen angesiedelten Leitstellen. Flankierend zur Primärversorgung sollen sie die Behandlungsdringlichkeit anhand eines standardisierten Ersteinschätzungsverfahrens beurteilen und Patientinnen und Patienten ebenfalls in die passende Versorgung vermitteln. Reimann: „Hiermit greifen wir auch die Planungen aus der Notfallreform auf und integrieren die Wege durch die Versorgungsangebote.“ Ein Ziel, viele verschiedene Wege. Es wird noch einige Zeit vergehen, bis eine neue ambulante Struktur gefunden und durchgesetzt werden konnte.

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Ihr

Franz-Günter Runkel

Chefreporter UroForum

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