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UroSkop: Koalition winkt den Urologen mit Zuckerbrot und Peitsche: Pseudo-Entbudgetierung und Termin-Knute

Tino Sorge, CDU-Politiker aus Sachsen-Anhalt, soll neuer Bundesgesundheitsminister werden. Bislang war er gesundheitspolitischer Sprecher der CDU im Bundestag. (Foto: Deutscher Bundestag)

UroSkop: Koalition winkt den Urologen mit Zuckerbrot und Peitsche: Pseudo-Entbudgetierung und Termin-Knute

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Erschienen in: UroForum

Es sind Zeiten der Veränderung und der Ungewissheit – unruhige Zeiten auch im Gesundheitssystem. Plötzlich schneite das gesundheitspolitische Papier der möglichen Koalitionspartner CDU/CSU und SPD herein. Die Quintessenz: Der Bürokratie-Abbau ist noch das Beste, ansonsten offeriert die Politik eine Art Pseudo-Entbudgetierung und eine Art Zwangs-Termine. Keine Spur übrigens von der neuen GOÄ.

Das Finanzierungssystem von Gesundheit und Pflege wird offenbar nicht strukturell reformiert, sondern nur mit viel Geld am Leben erhalten – für begrenzte Zeit! Die Arbeitsgruppe für „Gesundheit und Pflege“ hatte sich auf ein Paket zur Reformierung der ambulanten Versorgung geeinigt. Eine kostengünstigere Steuerung der Patienten durch ein Primärarztsystem sowie die Entbudgetierung niedergelassener Fachärzte in unterversorgten Regionen sind neben Finanzierungsfragen der GKV die Eckpfeiler. Die Entbudgetierung wird mit Mehrausgaben von 2,5 Milliarden Euro beziffert, die allerdings unter dem Strich kostenneutral bleiben sollen. Am Ende zahlen vielleicht Urologen in Städten die Zeche für die Kollegen auf dem Land. Die Krankenhausreform soll in den Grundzügen kommen, allerdings mit Veränderungen bei den Spielräumen der Bundesländer sowie beim Status der Fachkrankenhäuser.

Primärarztsystem soll Fallzahl drücken

In der ambulanten Versorgung setzt die werdende Koalition auf ein verbindliches Primärarztsystem. Urologen und andere Fachärzte in unterversorgten Gebieten sollen in Zukunft ohne Budgets arbeiten können. „Zu einer besseren und zielgerichteten Versorgung der Patientinnen und Patienten und für eine schnellere Terminvergabe führen wir ein verbindliches Primärarztsystem bei freier Arztwahl durch Haus- und Kinderärzte in der hausarztzentrierten Versorgung und im Kollektivvertrag ein. Ausnahmen gelten nur bei der Augenheilkunde und der Gynäkologie“, lautet der Text im Report der Arbeitsgruppe. Dadurch soll die Fallzahl reduziert werden: „Wir verändern das Honorarsystem im ärztlichen Bereich mit dem Ziel, die Anzahl nicht bedarfsgerechter Arztkontakte zu reduzieren (Jahrespauschalen). Durch Flexibilisierung des Quartalsbezugs ermöglichen wir neuen Patientinnen und Patienten einen besseren Zugang und die Vergütung von Praxis-Patienten-Kontakten“, so die Verhandler in ihrem Text. Investorbetriebene Medizinische Versorgungszentren sollen aus dem Gesundheitsmarkt verdrängt werden.

Daumenschrauben bei den Facharzt-Terminen

Interessant ist die Regelung zur Terminfrage in Facharzt-Praxen. Entweder der zuständige Primärarzt oder das 116 117-System der KV-Plattform sollen den medizinischen Bedarf eines Termins einstufen und auf dieser Basis einen Zeitkorridor mit Termingarantie festlegen. Die Fachärzte sollen dann wohl keinen Spielraum mehr haben, sondern müssen Termine anbieten. Falls das scheitert, sollen wohl Krankenhäuser in die ambulante Versorgung integriert werden.

Sektorenübergreifende Versorgung auf der Basis der Hybrid-DRGs

Die mögliche neue Regierungskoalition will die Ambulantisierung und sektorübergreifende Versorgung mit Hilfe der Hybrid-DRGs umfassend ausbauen. Es ist also wahrscheinlich, dass die Zahl der hybriden Abrechnungsformen wachsen wird und dass die Frage der strukturellen Anpassung der Krankenhäuser und der ambulanten OP-Zentren wichtiger werden wird.

Stärkung der Gesundheitsberufe und Geld im Praktischen Jahr

Eine angemessene Personalbemessung in der stationären Versorgung, weitere Maßnahmen zur Attraktivierung der Gesundheitsberufe und eine Vergütung für Medizin-Studenten im Praktischen Jahr sind einige Schlagwort zur Personalpolitik der Koalitionäre im Gesundheitswesen. Für ausländische Ärztinnen und Ärzte soll in Zukunft die Kenntnisprüfung unter anderem mit einer stärkeren sprachlichen Komponente verbessert werden, zugleich soll die Anerkennung der Ausbildung ausländischer Ärzte leichter werden.

Vertrauen statt Kontrolle soll die Bürokratie abbauen

Ein Bürokratieentlastungsgesetz im Gesundheitssystem steht oben auf der Agenda der ersten Regierungszeit. Konkret geht es darum: „Wir verringern Dokumentationspflichten und Kontrolldichten durch ein Bürokratieentlastungsgesetz im Gesundheitswesen innerhalb der ersten sechs 6 Monate, etablieren eine Vertrauenskultur, stärken die Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Professionen, statt sie mit Bürokratie aus Gesetzgebung und Selbstverwaltung zu lähmen.“

„Finanzneutrale“ Umsetzung der Krankenhausreform

Die mögliche neue Regierungskoalition will die mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) begonnene Krankenhaus-Reform fortführen. In der Grund- und Notfallversorgung will Schwarz-Rot die Ausnahmen für die Länder festschreiben und regeln. Was ein Fachkrankenhaus ist, soll neu definiert werden, um den Erhalt zu ermöglichen. Die finanziellen Mittel für den Transformationsfonds zum Umbau der Krankenhauslandschaft sollen mit Schulden aus dem Sondervermögen finanziert werden. Vier Milliarden Euro spendiert die „Groko“ für Inflations- und Betriebskosten für die Jahre 2022 und 2023 – einmalig.

Digitalisierung und Interoperabilität der IT-Systeme

Die Elektronische Patientenakte als Kernelement der Digitalisierung soll wie geplant eingeführt werden, und zwar in diesem Jahr. Die Videosprechstunden sollen ausgebaut und die diversen IT-Systeme im Gesundheitswesen standardisiert werden.

Wird Tino Sorge neuer Bundesgesundheitsminister?

Vielleicht zeichnet sich der Name eines CDU-Kandidaten für die wahrscheinliche Lauterbach-Nachfolge ab. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) hat am Montag über ein Papier aus Koalitionskreisen berichtet, wonach der CDU-Politiker Tino Sorge neuer Bundesgesundheitsminister werden soll. Bislang war Sorge gesundheitspolitischer Sprecher der CDU im Bundestag. Der Abgeordnete aus Sachsen-Anhalt war eines der Mitglieder der Arbeitsgruppe Gesundheit. Mal sehen, ob es so kommt!

Bildquelle:© Deutscher Bundestag

Es grüßt Sie herzlich

Ihr
Franz-Günter Runkel
Chefreporter UroForum

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