Die klare Entscheidung der Ärzteschaft für die Einführung der neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) auf dem 129. Deutschen Ärztetag am vergangenen Donnerstag, den 29. Mai 2025, stellt die gesundheitspolitische Handlungsfähigkeit der Ärzteschaft unter Beweis. Eigentlich bleibt Bundesgesundheitsministerin Nina Warken nichts mehr Anderes übrig, als die neue GOÄ zu genehmigen. BÄK und PKV-Verband versprechen 13,2% Honorarsteigerung. Glauben die Urologen das?
In der Urologie ist es – wie in anderen Fächern auch – eine extrem kontroverse Diskussion gewesen, die der Berufsverband der Deutschen Urologie (BvDU) nach ungeschickter Kommunikation wegdiskutieren wollte. Nach Einschätzung des GOÄneu-Kritikers Dr. Holger Uhthoff verhalf die innenurologische Diskussion einem Anachronismus zu neuem Leben: Der angeblichen Zustimmung aus der konservativen Urologie stand die Ablehnung aus der operativen Urologie gegenüber. An große Gewinne durch die GOÄ glaubt Dr. Holger Uhthoff nicht. Zu deutlich wird sprechende Medizin bevorzugt und technische Leistung sowie Labor-Abrechnung bestraft. Die emotionale Diskussion in der BvDU-Mitgliederversammlung 2024 und im Hauptausschuss auf dem DGU-Kongress waren deutliche Kennzeichen des Widerstands.
Bundesärztekammer und PKV-Verband begrüßen gemeinsames Signal
Ein ganz anderes Bild der neuen GOÄ hatten Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, und Dr. Florian Reuther, Direktor des PKV-Verbands, nach dem klaren Votum an Christi Himmelfahrt: „Der heutige Beschluss des Deutschen Ärztetages ist ein wichtiges gemeinsames Signal für die Handlungs- und Kompromissfähigkeit der ärztlichen Selbstverwaltung, der Privaten Krankenversicherung und der Beihilfeträger für eine zukunftsfähige Privatmedizin. Das Ziel leistungsgerechter Honorare für Ärztinnen und Ärzte bei bezahlbaren Beiträgen für privat Versicherte ist zu einem wirksamen Ausgleich gebracht worden. Jetzt ist die Politik in der Verantwortung: Wenn ein so breit abgestimmter und tragfähiger Entwurf vorliegt, der von allen relevanten Akteuren mitgetragen wird, dann ist auch der Zeitpunkt gekommen, ihn in die politischen Verfahren einzubringen. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken hat auf dem Ärztetag die Notwendigkeit für eine neue Gebührenordnung betont.“
Alte GOÄ kennt keine digitalen Leistungen
Die derzeit geltende GOÄ stammt in weiten Teilen aus den 1980er Jahren und ist inzwischen völlig veraltet. In ihr fehlen wesentliche medizinische Leistungen. „Wir haben das Leistungsverzeichnis umfassend aktualisiert und an die moderne Medizin angepasst. Digitale Leistungen, wie die Nutzung der elektronischen Patientenakte oder telemedizinische Behandlungen, werden erstmals systematisch abgebildet. Für alle Ärztinnen und Ärzte sowie Patientinnen und Patienten schaffen wir deutlich mehr Transparenz und Rechtssicherheit. Besonderes Augenmerk haben wir auf die ärztliche Zuwendung gelegt: Sie ist das zentrale Element ärztlichen Handelns und wird in der neuen GOÄ endlich auch entsprechend bewertet. Dies kommt Patientinnen und Patienten wie Ärztinnen und Ärzten in allen medizinischen Fachgebieten mit Patientenkontakt zugute“, stellen Reinhardt und Reuther gemeinsam fest.
Verzicht auf eine Budgetierung in der Privatmedizin
Bundesärztekammer und private Krankenversicherer betonen den Erhalt wichtiger Prinzipien wie der Einzelleistungsvergütung, der Therapiefreiheit, der Offenheit für Innovationen und dem Verzicht auf eine Budgetierung. Der Entwurf sei mit Blick auf seine finanziellen Auswirkungen von Bundesärztekammer und PKV-Verband unabhängig voneinander und miteinander auf Basis fundierter Mengen- und Transkodierungsmodelle durchkalkuliert worden. Beide Verbände zeigen sich überzeugt: „Diese Prognosen sehen übereinstimmend einen Rahmen für den Anstieg des PKV-Ausgabevolumens von 13,2 % in den ersten drei Jahren nach dem Inkrafttreten vor.“
BvDU begrüßt ein „Signal der Geschlossenheit“, bleibt aber vorsichtig
Der Berufsverband der Deutschen Urologie beurteilt die wirtschaftliche Seite der GOÄneu bedeutend vorsichtiger „Insgesamt eher gut“ komme die Urologie bei der Bewertung der neuen Gebührenordnung weg – eine eher taktische Formulierung. Für den BvDU zählt allein das „Signal der Geschlossenheit“, die in der Kommunikation des Verbands immer Vorfahrt hat. Abweichende Meinungen haben in der Welt des BvDU keinen Platz, sind negativ und per se unsachlich. Getreu dem Motto „Was nicht sein kann, was nicht sein darf“ flüchtet sich der Verband in der Beschreibung der innenurologischen Widerstände in eine seltsam verschwurbelte Rhetorik: „In der mit der DGU vereinbarten Arbeitsteilung prüfte und bewertete der BvDU die GOÄneu bezüglich der konservativen Urologie im ausschließlichen Interesse aller Mitglieder und informierte im Rahmen dessen, was zur Veröffentlichung bestimmt war, über den jeweiligen Stand.“ Was immer das heißen mag.
Immerhin ist es wohl richtig, dass die Selbstverwaltung „mit dem Kompromiss der GOÄneu sowie mit dem mit PKV und Beihilfe erzielten Konsens Handlungsfähigkeit demonstriert“. Ein Scheitern oder ein erneutes Aufschnüren der erzielten Einigung wäre angesichts der Diskussionen um die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme ein fatales Signal für den Erhalt einer Gebührenordnung im freien Beruf der Ärzte, wie auch für die Zukunft des dualen Versicherungssystems, gewesen, so der Berufsverband. „Der BvDU adressierte hier unter anderem, eine mögliche Budgetierung im Regelwerk nicht zu akzeptieren“, unterstreicht der Verband. Man verspricht Urologinnen und Urologen, den weiteren Weg der GOÄneu kritisch zu begleiten.
„Das breite Votum ist ein klares Signal einer geeinigten Ärzteschaft an die Politik“
„Die Delegierten des Deutschen Ärztetages haben mit ihrer breiten Zustimmung eine kraftvolle Grundlage geschaffen, die GOÄneu nun vom Ordnungsgeber auf den Weg und in den Bundesrat einzubringen“, erklärt BvDU-Präsident Dr. Axel Belusa. Das lange Projekt der GOÄneu könnte so nach über 30 Jahren gleicher Gebühren endlich ein Ende erfahren. „Der BvDU begleitet den Weg der GOÄneu und ihre kontinuierliche Weiterentwicklung kritisch, damit es ein gutes Ende für alle Urologinnen und Urologen und die ganze Ärzteschaft werden wird.“ Nun ist die Politik am Zug, die GOÄ umzusetzen.
Auf LinkedIn hat BvDU-Vorstandsmitglied Mira Faßbach, die für Nordrhein auf dem Ärztetag in Leipzig war, ein versöhnliches GOÄ-Fazit gezogen. „Nun haben wir ein zukunftsfähiges Konstrukt. Vieles ist aus meiner Sicht bereits vor Jahren nicht besonders glücklich verhandelt worden- ein Scheitern nach dieser langen Zeit wäre allerdings kein gutes Zeugnis für die Selbstverwaltung und möglicher Angriffspunkt für große Umwälzungen durch den Gesetzgeber gewesen.“
Bildquelle:© Bundesärztekammer/Pressestelle
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Franz-Günter Runkel
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