Am Sonntag in fünf Wochen wird in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat gestern in ihrer Neujahrs-Pressekonferenz über die aktuelle Krise in den 1.800 Krankenhäusern berichtet und Forderungen an eine neue Bundesregierung formuliert. Unter dem Strich steht nicht weniger als eine „Zeitenwende“.

„Wir brauchen eine Zeitenwende in der Gesundheitspolitik. Die Phase des Herbei-Regulierens gewünschter Ergebnisse muss ein Ende haben“, forderte der DKG-Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald Gaß. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach warf Gaß Selbstvergessenheit vor. Der Minister halte seine gesundheitspolitische Idee für die beste und habe sie genauso haarklein ins Gesetz geschrieben. Das KHVVG schreibt laut Dr. Gaß im Detail vor, was die Akteure im Gesundheitswesen tun müssen, damit das Lauterbach-Ergebnis erzeugt wird. „Das war die politische Philosophie der „Ampel“-Regierung.“
Keineswegs sei den Akteuren in den Unternehmen, in den Krankenhäusern, Arztpraxen und Apotheken das Vertrauen geschenkt worden, dass sie sich um die besten Ergebnisse für die Patienten kümmern. Ein Politik-Wechsel sei daher notwendig, der auf das Vertrauen in die Akteure im Gesundheitssystem setzt. Diese Politik müsse Ergebnisse und Ziele definieren, aber die Umsetzung den Akteuren vor Ort überlassen. Es geht der DKG um Anreize und Rahmenbedingungen, aber nicht um Kontrolle und Sanktionen. Die Kompetenz zur Problemlösung sei in den Krankenhäusern massiv verlorengegangen, weil die Akteure vor Ort nur noch Erfüllungsgehilfen einer kleinteiligen Gesetzgebung seien. Das Management in den Krankenhäusern empfinde sich nicht mehr als Unternehmer, sondern als Administratoren einer staatlichen Behörde.
„Die Zeit drängt. Die Krankenhausreform, die die Ampelkoalition im letzten Moment noch durchgedrückt hat, wird den Kliniken im Jahr 2025 nicht helfen“,
stellte DKG-Chef Dr. Gerald Gaß fest. Es gebe dringenden Handlungsbedarf nach der Wahl, die Patientenversorgung zu sichern. „Wenn eine künftige Bundesregierung nicht sofort handelt, werden wir mit Wartelisten und Versorgungslücken gerade in ländlichen Regionen konfrontiert sein.“ Sofort-Maßnahmen seien notwendig, damit der kalte Strukturwandel, der im Gang sei, beendet werde. Die betriebswirtschaftliche Logik steht derzeit im Vordergrund und führt dazu, dass Versorgungsangebote wegbrechen und keine Möglichkeit der Transformation mehr besteht. Der kalte Strukturwandel führt zu Veränderungen, die sich an der Logik der wirtschaftlichen Not, aber nicht am Versorgungsbedarf orientieren, so die DKG.
Viele Krankenhäuser seien in Gefahr, den bevorstehenden Transformationsprozess überhaupt nicht mehr zu erleben. Selbst der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft hält eine Zahl von nur noch 1.300 bis 1.400 Krankenhäusern für realistisch. Das bedeutet das Ende für 300 bis 400 Standorte. Aktuell geht die DKG von etwa 1.800 Krankenhäusern in Deutschland aus.
80 % der Krankenhäuser schreiben rote Zahlen
Seit mehreren Jahren weist die DKG darauf hin, dass die Lücke zwischen den Kostensteigerungen und den Erlösentwicklungen nicht geschlossen wird. Jahr für Jahr würden Rücklagen aufgezehrt und Milliardendefizite angehäuft. Hier habe der aktuelle Bundesgesundheitsminister untätig zugeschaut. „80% der Krankenhäuser schreiben heute rote Zahlen.“
Die jetzt anstehende Krankenhausplanung müsse sitzen. Eine zweite Chance werde es nicht geben. „Wir können es uns nicht erlauben, eine Krankenhaus-Planung auf der Grundlage von Vorgaben zu machen, die sich am Ende als untauglich erweisen. Es gibt keine Auswirkungsanalysen zu den Vorgaben des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG). Bis zum 31. März sollen per Rechtsverordnung die Personal- und Strukturvorgaben für die neue Krankenhausplanung geregelt werden, die die Grundlagen für die Krankenhaus-Planung sind. Wenn man bedenkt, dass sich der dafür notwendige Ausschuss Mitte Januar noch nicht einmal konstituiert hatte, weiß, dass diese Aufgabe nicht mit Sorgfalt und dem nötigen Sachverstand zu leisten ist“, erläuterte Dr. Gaß.
50 Milliarden Euro einfach in den Sand setzen?
Nicht zuletzt muss den politischen Entscheidungsträgern aus DKG-Perspektive bewusst sein, dass auf diesen Vorgaben eine Krankenhausplanung aufbaut, die öffentlich finanzierte Investitionsprojekte im Umfang von mindestens 50 Milliarden Euro auslöst. Diese Planung müsse deshalb nach Vorgaben erfolgen, deren Auswirkungen auf die Patientenversorgung in Deutschland sorgfältig analysiert wurden. „Für diese Planung und die daraus resultierenden Standortentscheidungen gibt es keine zweite Chance.“ Energisch fordert die DKG die Aussetzung der Vorhaltefinanzierung. Die aktuelle Fassung sei untauglich und ein falsches Versprechen des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach. Die Fristen für die Vorhaltefinanzierung seien so kurz gesetzt, dass die Krankenhaus-Planung der Bundesländer bereits Mitte 2026 abgeschlossen sein müsse.
Eine aktuelle repräsentative Umfrage im Auftrag der DKG zur Zufriedenheit der Menschen mit Gesundheitsversorgung und -politik zeigt die Sorgen sehr deutlich. 46 % der Befragten haben Sorgen wegen möglicher Krankenhausschließungen, 47 % wegen möglicher Praxisschließungen. 66 % der Befragten glauben eher nicht oder auf keinen Fall, dass in ihrer Heimatregion Krankenhäuser oder Abteilungen geschlossen werden könnten, ohne dass die Qualität der medizinischen Versorgung in der Region leidet.
Das Fazit der DKG ist deutlich: „Nach über drei Jahren einer Gesundheitspolitik, die geprägt war durch mangelhaftes politisches Management, ministerielle Alleingänge, Konzeptentwicklung im kleinen Kreis ohne ausreichenden Sachverstand und fortgesetztem Krankenhaus-Bashing erwarten wir nach der Bundestagswahl einen Neuanfang im Bundesgesundheitsministerium.“
Es grüßt Sie herzlich
Ihr
Franz-Günter Runkel
Chefreporter UroForum


