Warum wir darüber reden…
Mit 212 Ja-Stimmen, 19 Nein-Stimmen und acht Enthaltungen sorgten die 250 Delegierten des 129. Deutschen Ärztetags in Leipzig mit überwältigender Mehrheit für die Einführung der neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Technische Leistungen in der Dermatologie sacken um bis zu 40 % ab. BÄK und PKV-Verband versprechen andererseits 13,2 % Honorarsteigerung in drei Jahren.
Das sagen Bundesärztekammer und PKV
„Der heutige Beschluss des Deutschen Ärztetages ist ein wichtiges gemeinsames Signal für die Handlungs- und Kompromissfähigkeit der ärztlichen Selbstverwaltung, der Privaten Krankenversicherung und der Beihilfeträger für eine zukunftsfähige Privatmedizin“, stellten Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, und Dr. Florian Reuther, Direktor des PKV-Verbands, fest. Nun sei die Politik am Zug. Digitale Leistungen, wie die Nutzung der elektronischen Patientenakte oder telemedizinische Behandlungen, werden erstmals systematisch abgebildet. Dermatologen und Patienten verspricht das Duo mehr Rechtssicherheit. Während technische Leistungen sowie Labor-Leistungen deutlich verlieren, wird die sprechende Medizin aufgewertet.
Dermatologische Praxen werden nicht an der GOÄ sterben
Ein gemischtes Fazit zur „GOÄ neu“ zieht Dr. Max Tischler, niedergelassener Facharzt für Dermatologie und Allergologie aus Dortmund und stellvertretender westfälischer Landesvorsitzender im Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD). Außerdem ist er Mitglied der Vertreterversammlung der Ärztekammer Westfalen-Lippe sowie stellvertretender Landesvorsitzender im Hartmannbund. „Ich akzeptiere das klare Votum für die neue GOÄ. Es ist ein deutliches Signal an die Bundespolitik. Man muss in jedem Fall einberechnen, dass weitere 15 Jahre ohne Inflationsausgleich – trotz höher bewerteter technischer Leistungen – extrem schädlich gewesen wären“, stellte Dr. Tischler in einer ersten Bewertung gegenüber DermaForum fest. Immerhin biete sich durch die ärztlichen Vertreter in der zukünftigen GOÄ-Kommission mit der PKV Chancen zum regelmäßigen Inflationsausgleich und zur Einführung neuer Leistungen. Jetzt sei aber erst einmal die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken am Zug. Jetzt sei aber erst einmal die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken am Zug.

Zweifelsohne sei die neue GOÄ wirtschaftlich schwierig für die technischen Leistungen, aber „unternehmerisch nicht gefährdend“. Sicherlich hätte sich auch der westfälische BVDD-Vize eine andere GOÄ gewünscht, denn Abwertungen technischer Leistungen wie Laser-Behandlungen, die präventive Hautkrebsvorsorge oder die effiziente Photodynamische Therapie (PDT) um bis zu 40 % seien sicher keine optimalen Lösungen. Seitens des BVDD schlägt Dr. Tischler nun vor, die privatärztlichen Leistungen einer durchschnittlichen dermatologischen Praxis mit 30 % GOÄ-Anteil am Umsatz mit der neuen Gebührenordnung durchzurechnen.
„Natürlich wäre es schön gewesen, einfach mehr Honorar für privatärztliche Leistungen zu fordern oder die GOÄ ohne die privaten Krankenkassen zu verhandeln“, bekennt Dr. Tischler. Allerdings habe der Ärztetag 2017 nun einmal beschlossen, die neue Gebührenordnung für Ärzte gemeinsam mit den Kostenträgern zu verhandeln. „Das stand fest und es war schwierig, kurz vor dem Ärztetag 2025 zurückzudrehen.“ Eine Ablehnung auf dem Ärztetag wäre zudem ein negatives und fatales Signal an die Politik gewesen. „Dann wäre der Ofen aus gewesen und wir hätten auch definitiv keinen Inflationsausgleich mehr erhalten“, so Dr. Tischler.
Ein Blick auf die sprechende Medizin in der neuen GOÄ hebt allerdings auch nicht die Honorar-Welt aus den Angeln. So ist die Anhebung einer Gesprächsleistung von 10 Euro auf 14,50 Euro nach so vielen Jahrzehnten GOÄ nicht als Revolution zu verstehen. Die hausärztliche Gesprächsleistung (Ziffer 3) wird von 20 auf 30 Euro angehoben. Die Ziffer 7 für eine ausführliche Untersuchung bringt dann 25 Euro. Auch das ist nicht viel für die Leistung eines Hausarztes. GOÄ-kritischen Dermatologen kann nach Einschätzung Dr. Tischlers empfohlen werden, Leistungen mit Hilfe einer Abdingung zu liquidieren und den Differenzbetrag zwischen Kasse und Arzt als Selbstzahlerleistung zu berechnen.

BVDD-Bundesverband für Kündigung der PKV-Vereinbarung
Der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) hatte die GOÄ-Entwicklung kurz vor Beginn des 129. Deutschen Ärztetags in Leipzig scharf kritisiert und die 250 Delegierten aufgerufen, der GOÄ-Novelle nicht zuzustimmen. Außerdem sollte auch die Rahmenvereinbarung zwischen Bundesärztekammer (BÄK) und PKV-Verband aus dem Jahre 2013 gekündigt werden, um in weitere Verhandlungen über das Gebührenwerk inhaltlich eintreten zu können. „Grundsätzlich stimmen wir der Notwendigkeit einer dringlichen und unaufschiebbaren Novellierung unserer Gebührenordnung zu. Darüber ist sich unstrittig die gesamte Ärzteschaft einig. Kein anderer freier Beruf in Deutschland muss mit einer solch veralteten Gebührenordnung arbeiten“, stellte BVDD-Präsident Dr. Ralph von Kiedrowski klar.
„Es geht um viel mehr als nur um das reine Honorarvolumen, es geht um den freien Arztberuf, um Wertschätzung und um ein Signal an den Nachwuchs in Klinik und Praxis. Wir wollen keine innerärztliche Neiddebatte“, betonte von Kiedrowski. Aus der Sicht des Berufsverbands ist die Weigerung der PKV, überhaupt eine betriebswirtschaftliche Kalkulation anzunehmen, nicht akzeptabel. „Anders sind die willkürlichen Abwertungen des Verhandlungsergebnisses gegenüber der arzteigenen GOÄ nicht zu erklären“, sagte der BVDD-Präsident. Als Beispiel mangelnder betriebswirtschaftlicher Kalkulation nannte er vor dem Ärztetag die Bewertung des Stundensatzes in der neuen GOÄ: „Es ist völlig unangemessen, bei einem akademisch ausgebildeten Freiberufler von einem Stundensatz von 120 Euro auszugehen.
Die Bewertung der Bundesärztekammer unterscheidet sich stark von der BVDD-Position. „Der jetzt vorliegende Entwurf der neuen GOÄ bedeutet für die Breite der Ärzteschaft eine Verbesserung der Honorarsituation in der Privatliquidation bei zugleich angemessener Berücksichtigung der Belange der Patientinnen und Patienten“, unterstreicht die BÄK. Der Entwurf führe auch zu mehr Rechtssicherheit, zu einer besseren Abbildung von Erschwernissen bei der Untersuchung und Behandlung und zu einer angemesseneren Würdigung der Zuwendung zum Patienten. Die Vorlage eines gemeinsamen Entwurfs von Ärzteschaft und PKV- Verband nehme zugleich einer jahrelangen politischen Blockade die Grundlage. „Die Ärzteschaft beweist mit diesem Schritt Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit und stärkt die Privatliquidation als wesentliches Element des freien ärztlichen Berufs.“
Franz-Günter Runkel
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