Der Pilonidalsinus (Sinus pilonidalis) manifestiert sich meist erstmals als akute Entzündung im subkutanen Fettgewebe der Gesäßfalte, die im Verlauf chronifiziert und mit erneuten Entzündungen rezidivieren kann.
Die Häufigkeit des PS stieg in den letzten Jahren kontinuierlich an. Lag die Inzidenz bei der Bundeswehr 1985 bei 30/100.000 Soldaten nahm sie bis 2007 auf 240/100.000 Soldaten zu [1]. In der Bundesrepublik Deutschland betrug sie im Jahr 2000 30/100.000 Einwohner und stieg 2012 bis auf 48/100 000 Einwohner [2] an. In der Mehrzahl der Fälle sind Männer bis zum 40. Lebensjahr betroffen. 2017 fand sich unter 19 000 Studenten (17.-28. Lebensjahr) eine Prävalenz von 6,6 % für einen Pilonidalsinus [3]. Die Erkrankung findet sich hauptsächlich bei Kaukasiern. Bei dunkelhäutigen Menschen und in asiatischen Ländern ist die Inzidenz sehr niedrig [4].
Ätiologisch wird der PS heute als eine in der Pubertät erworbene Erkrankung bei nicht auszuschließender genetischer Co-Disposition angesehen. Eine multifaktorielle Entstehung mit folgen dem Mechanismus wird heute als am wahrscheinlichsten angenommen: Reibebewegungen der durch die Gluteal-Muskulatur aufgeworfenen Weichteilbacken drehen vom Kopf herabfallende scharfkantige Schnitthaare mit ihrem wurzelnahen Ende voran in die Haut hinein. Hierauf entwickeln sich Fremdkörpergranulome im subkutanen Fettgewebe. Diese heilen nicht mehr spontan ab und führen zur asymptomatischen Form des PS. Im weiteren Verlauf kann es zu einer akuten Infektion des PS kommen (abszedierende Form). Nach dem Abklingen der akuten Entzündung folgt das chronische Stadium, das jedoch jederzeit mit einem akuten Entzündungsgeschehen rezidivieren kann. Starke Behaarung und Übergewicht sind Risikofaktoren. Eine höhere Konzentration von Schnitthaaren in der Rima ani durch häufigere Haarschnitte (v. a. bei Männern mit Kurzhaarfrisuren und beim Militär) kann erklären, warum in der Altersgruppe der jungen Erwachsenen um die Pubertät und danach PS derart häufig nachweisbar sind.


Die Beschwerden sind vom Erscheinungsbild abhängig: Die asymptomatische Form ist durch eine oder mehrere reizlose Pori (englisch: ,,pits“) in der Rima ani gekennzeichnet und ist definiert durch den Nachweis von Pori ohne aktuelle oder vorhergehende relevante Beschwerden (Schmerzen, Sekretion, Blutung). Ein Fortschreiten der Erkrankung ist nicht zwangsläufig. Spontanheilungen werden nicht beschrieben.
Die akut abszedierende Form präsentiert sich mit Schwellung und Schmerzen meist paramedian der Rima ani. Im chronischen Stadium leiden die Patient*innen unter permanenten oder intermittierenden serös-eitirgen Absonderungen aus dem bzw. den Pori.
Verlaufsformen
1. Asymptomatische Form: Ein asymptomatischer PS persistiert lebenslang und kann in eine akute (abszedierende) Form oder in das chronische Stadium übergehen. Eine prophylaktische Behandlung gilt aktuell als nicht geboten.
2. Akute Abszedierung: Methode der Wahl ist die notfallmäßige Entlastung des Abszesses. Nur in Ausnahmefällen sollte in der akuten Entzündung eine definitive Exzision erfolgen. Der Abszess sollte zunächst eröffnet werden, um eine wirksame Drainage zu ermöglichen. Die definitive Versorgung des PS erfolgt sekundär nach Abschwellen und Abklingen der entzündlichen Umgebungsreaktion (z. B. nach 10-14 Tagen).
3. Chronischer PS: Eine spontane Abheilung des chronischen PS ist sehr unwahrscheinlich. Die Therapie erfolgt als elektiver Eingriff, wobei verschiedene Techniken zur Anwendung kommen.
Bisheriger Goldstandard war die Exzision des betroffenen Areals in Vollnarkose mit entweder anschließender sekundärer Heilung oder direktem plastischen Verschluss. Beides bedeutet fiir die betroffenen Patient*innen einen belastenden Eingriff aufgrund der Narkose und des großen Wundareals und im Anschluss einen sich über mehrere Wochen ziehenden Heilungsprozess mit langen Ausfallszeiten. Im Fall einer sekundären Wundheilung kann der Heilungsprozess zwischen 1,5 und 3 Monaten betragen. Die Rezidivraten liegen bei bis zu 35 %.
Mit der Lasertherapie steht erstmals ein Verfahren zur Verfügung, das die den Pilonidalsinus triggernden Ursachen direkt und ohne Kollateralschaden beseitigt.
Als relativ neue Option steht die minimal-invasive laserbasierte Behandlung zur Verfügung. Hierfür werden zunächst in Lokalanästhesie ähnlich der Pit Piking Methode die Pits (Poren) in der Rima ani exzidiert oder erweitert. Über der abgeheilten nicht aktiven Abszesshöhle wird ebenfalls eine Inzision gesetzt. Über die so erweiterten Pits können die präformierten Gänge und Hohlräume mittels z. B. einem Bürstchen oder einer Mosquitoklemmen mechanisch gereinigt und die Haare entfernt werden. Dieser Schritt kann, muss aber nicht zwingend erfolgen. Im Anschluss werden verbleibende Haare und die Wände des Gangsysterns und der Abszesshohle mittels eines Diodenlasers (1470nm) destruiert, koaguliert und versiegelt. Publizierte Heilungsraten liegen bei etwa 90 %.
Besonders bemerkenswert ist eine Publikation von Pappas, der die Methode bei 23 voroperierten Patient*innen anwendete und 18 zur Heilung brachte [5]. Die Pits werden abschließend desinfiziert und mittels Mullkompressen verbunden. Der Patient kann die Praxis direkt verlassen. Unserer Erfahrung nach ist teils gar keine Schmerzmediation notwendig, und wenn überhaupt, reichen nichtsteroidalen Antiphlogistika aus. Unsere Patient*innen nehmen ihre reguläre Tätigkeit bereits am Folgetag wieder auf. Die meisten Patient*innen beschreiben lediglich ein Druckgefühl bei direkter Kompression des gelaserten Areals.




Im Vergleich zu der als Goldstandard anerkannten radikalen Operation mit oder ohne plastischer Deckung ist das Laserverfahren in lokaler Betäubung, ambulant und schmerzfrei durch zufuhren. Die Nachbehandlung bedarf keiner komplizierten Wundverbande. Außerdem ist die Rückkehr zum Arbeitsplatz am ersten postoperativen Tag und die Wiederaufnahme von Sport in der ersten Woche möglich. Insgesamt steht mit der Lasertherapie erstmals ein Verfahren zur Verfügung, das die den Pilonidalsinus triggernden Ursachen direkt und ohne Kollateralschaden beseitigt.

Korrespondenzadresse:
Dr. Christian Moser
Facharzt für Dermatologie, Phlebologie, Proktologie
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E-Mail: info@raulin-und-kollegen.de
www.raulin-und-kollegen.de
Bilder: ©Dr. med. Christian Moser/MVZ Dres. Raulin GmbH; Literatur auf Anfrage beim Autor
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