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Lipidstoffwechsel: Hypercholesterinämie bei Frauen

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Lipidstoffwechsel: Hypercholesterinämie bei Frauen

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Erschienen in: Der Allgemeinarzt

Wie eine Literaturrecherche in PubMed bestätigt, gibt es mit Blick auf die Hypercholesterinämie als wichtigem kardiovaskulärem Risikofaktor relevante Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Die im Deutschen Ärzteblatt publizierte Analyse von Ioanna Gouni-Berthold und Ulrich Laufs wird in Auszügen referiert.

Kardiovaskuläre Erkrankungen sind mit Abstand die häufigste Todesursache bei Frauen. Im Jahr 2022 verstarben in Deutschland 190.736 Frauen infolge Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dennoch wird die Hypercholesterinämie als kardiovaskulärer Risikofaktor häufig bei Frauen verzögert entdeckt und unzureichend therapiert. Bei beiden Geschlechtern ist im Verlauf des Lebens ein Anstieg des Serum-Cholesterins zu beobachten, der einem Anstieg von Herzinfarkten vorausgeht. Bei Männern steigen die Cholesterinwerte jedoch ca. 10 Jahre früher an. Bei Frauen erfolgt der Anstieg der Cholesterinspiegel im Blut erst im Zuge der Menopause, wobei dann höhere Werte erreicht werden als bei Männern. Der entscheidende Anstieg der Herzinfarktrate fällt bei Frauen in die 7. Lebensdekade.

Das Ausmaß der Gefäßschädigung ist – wie bei allen endothelschädigenden Noxen – abhängig von der Höhe des Cholesterins und der Dauer der Exposition. Analog zu den „pack years“ bei Rauchern macht es Sinn, in „Cholesterinjahren“ zu denken. Auch gering ausgeprägte Risikofaktoren, die früh im Leben auftreten und/oder über einen langen Zeitraum bestehen, können einen erheblichen kumulativen Einfluss auf das kardiovaskuläre Risiko haben. Bis zum jungen Erwachsenenalter haben Mädchen höhere LDL-Cholesterinspiegel als Jungen. Im frühen Erwachsenenalter wendet sich das Blatt: Junge erwachsene Frauen haben im Vergleich zu Männern niedrigere Serumkonzentrationen von LDL-Cholesterin und Triglyceriden sowie höhere Konzentrationen an HDL-Cholesterin.

Geschlechterunterschiede bei Cholesterinwerten

Während bei Männern zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr das LDL-Cholesterin deutlich (um mehr als 60 %) ansteigt, verändern sich die LDL-Werte bei Frauen bis zum 35. Lebensjahr kaum. Große Datensätze zeigen, dass der Anstieg der Cholesterinspiegel mit dem Lebensalter bei Männern etwa 10 Jahre früher beginnt als bei Frauen. Bei Männern liegt der Peak zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr, bei Frauen dagegen zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr. Triglyzeride steigen bei Männern zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr deutlich an, bei Frauen dagegen bleiben sie mit zunehmendem Alter weitgehend stabil. Das protektive HDL-Cholesterin steigt bei Frauen ab dem 30. Lebensjahr und erreicht ein Maximum um das 50. Lebensjahr. Bei Männern liegen die HDL-Werte deutlich niedriger.

Der Einfluss der Hormone

Während des Menstruationszyklus verändern sich die Blutfettwerte. Östrogene sind mit einer gesteigerten Synthese von Apolipoprotein B und VLDL (Very Low Density Lipoprotein) sowie einer vermehrten LDL-Rezeptor-Expression assoziiert. Triglyceride und HDL-Cholesterin steigen an, und das LDL-Cholesterin nimmt ab. Daher liegt das Serum-LDL in der mittleren Follikelphase des Zyklus mit niedrigen Östrogenkonzentrationen etwas höher als in der mittleren Lutealphase mit höheren Östrogenkonzentrationen.

Polyzystisches Ovarialsyndrom

Eine der häufigsten endokrinologischen Erkrankungen bei Frauen im gebärfähigen Alter ist mit einer Prävalenz um 10 % das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS), bei dem eine vermehrte Androgen-Freisetzung aus den Thekazellen der Ovarien eine wichtige Rolle spielt. Der Menstruationszyklus ist gestört. Das PCOS ist mit erhöhten Triglycerid- und LDL-Werten sowie Adipositas und Insulinresistenz assoziiert. In Summe führt dies zu einem signifikanten Anstieg des Risikos für arteriosklerotische Erkrankungen. In einer großen prospektiven Kohortenstudie war das adjustierte relative Risiko für ein tödliches kardiovaskuläres Ereignis bei Frauen mit sehr unregelmäßigem Menstruationszyklus mit einer Hazard Ratio von 1,88 erhöht.

Orale und intrauterine Kontrazeption

Östrogenhaltige Kontrazeptiva führen zu einem geringen Abfall der LDL-Konzentration. Progesteron wirkt gegenläufig. Frauen, die kombinierte orale Kontrazeptiva einnehmen, zeigen Anstiege der nüchtern gemessenen Triglyceride um bis zu 75 %, während die LDL-Spiegel um etwa mehr 10 % absinken. Rein progesteronhaltige orale oder intrauterine Applikationen sowie Kupferspiralen verändern das Lipidprofil nicht relevant.

Hypercholesterinämie in der Schwangerschaft

Während der Schwangerschaft kommt es ab dem zweiten Monat zu einem kontinuierlichen Anstieg von Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin und Triglyzeriden. Der mittlere LDL-Anstieg bewegt sich zwischen 40 und 60 %, das HDL-Cholesterin steigt um 20 bis 40 %. Die Triglyceridspiegel erhöhen sich um das Zwei- bis Dreifache, und auch das Lipoprotein(a) steigt auf das Zweifache an. Sowohl für die Schwangerschaft als auch für die Stillzeit fehlen belastbare Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit medikamentöser Lipidsenker. Statine sind in der Schwangerschaft nicht zugelassen und müssen ein bis zwei Monate vor Konzeption abgesetzt werden. Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA schlägt vor, bei ausgewählten schwangeren Frauen individuell über die Anwendung von Statinen zu entscheiden. Dies betrifft vor allem Patientinnen mit familiärer Hypercholesterinämie bzw. Manifestationen einer Arteriosklerose.

Menopause und Postmenopause

Durch zunehmenden Verlust der Follikelfunktion in den Ovarien nimmt die Östrogenproduktion während der Menopause ab. Dies geht mit einem deutlichen Anstieg von Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin und Triglyzeriden einher. Weiterhin sind die hormonellen Veränderungen mit einer Zunahme des viszeralen Fettgewebes, des Body-Mass-Index sowie einem Anstieg von Blutdruck und Insulinresistenz assoziiert. In Summe führt dies zu einem starken Anstieg des kardiovaskulären Risikos. Das LDL-Cholesterin ist bei Frauen nach der Menopause signifikant und durchgehend höher als bei Männern. Weiterhin steigt bei Frauen nach dem 50. Lebensjahr das Lipoprotein(a) signifikant an und erreicht jetzt ebenfalls höhere Werte als bei Männern. Eine Therapie mit Östrogenen kann zwar einen geringen günstigen Einfluss auf LDL-Werte, Blutzuckerspiegel und Seruminsulin haben, große Studien haben aber gezeigt, dass sich mit einer Hormontherapie keine kardiovaskuläre Prävention erzielen lässt.

Fazit für die Praxis

  • Kardiovaskuläre Erkrankungen stellen mit Abstand die häufigste Todesursache bei Frauen dar und sind ein entscheidender Faktor für Morbidität und Verlust der Lebensqualität.
  • Die Hypercholesterinämie ist auch bei Frauen ein maßgeblicher kardiovaskulärer Risikofaktor. Sie muss ernst genommen und konsequent behandelt werden.
  • Zu Beginn des Erwachsenenalters und besonders nach der Menopause sind Frauen einer höheren Cholesterinbelastung ausgesetzt als Männer.
  • In der Schwangerschaft verändern sich die Blutlipide deutlich. Zur Wirksamkeit und Sicherheit medikamentöser Therapien in dieser Indikation fehlt es an belastbaren Daten. Die Anwendung von Statinen ist offiziell nicht zulässig.
  • Aufgrund der steigenden Konzentrationen von LDL-Cholesterin und Lipoprotein(a) nach der Menopause ist es sinnvoll, bei Frauen in diesem Alter eine erneute Evaluation des Lipidprofils vorzunehmen.
  • Besonders durch kardiovaskuläre Komplikationen wie frühe Herzinfarkte gefährdet sind Frauen mit familiärer Hypercholesterinämie. Ein Screening im Kindesalter ist angezeigt, um diese genetisch bedingte Fettstoffwechselstörung frühzeitig zu identifizieren und adäquat zu behandeln.

Red.

Referiert nach Gouni-Berthold I, Laufs U. 
Dtsch Arztebl Int 2024; 121: 401–6;
Literaturhinweise finden sich in der 
Original­arbeit.

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