Sei es unter Belastung, anfallsartig oder nächtlich: Einer Atemnot egal welcher Ausprägung können zahlreiche Ursachen zugrunde liegen. Was gilt es in der hausärztlichen Praxis für die Diagnostik zu berücksichtigen? Und welche Fallstricke können hierbei lauern?
Eine unklare Luftnot kann sowohl akut als auch chronisch auftreten. „Da sich die Betroffenen an die Dyspnoe gewöhnen können, ist es manchmal schwierig für sie und dadurch auch die behandelnden Ärzte zu beurteilen, wann die Atemnot begonnen hat“, berichtete Priv.-Doz. Dr. med. Matthias Held, Chefarzt Klinikum Würzburg Mitte. Die häufigsten Ursachen von Dyspnoe in der hausärztlichen Praxis sind neben der akuten Bronchitis eine akute Infektion des oberen Respirationstraktes sowie sonstige Atemwegsinfekte. Direkt darauf folgen Asthma bronchiale, COPD und Herzinsuffizienz sowie die arterielle Hypertonie. „Solche Zahlen unterliegen natürlich immer dem Bias, was wahrgenommen und diagnostiziert wurde“, meinte Held. Tatsächlich gebe es viel mehr mögliche Auslöser für akute und chronische Luftnot als man zunächst annehme. Seltene Ursachen werden laut dem Experten demnach oft spät diagnostiziert.
Abklärung einer Dyspnoe
Stellt sich ein Patient mit Luftnot in der hausärztlichen Praxis vor, ist eine genaue Anamnese sehr wichtig, um verschiedene Dyspnoe-Qualitäten zu erfragen, so Held. Während eine anfallsweise Luftnot mit Asthma, Blutdruckkrisen und Lungenembolien assoziiert ist, tritt in Zusammenhang mit Bluthochdruck, Herzinsuffizienz, COPD oder pulmonaler Hypertonie eher eine Belastungsdyspnoe auf. Eine nächtliche, im Liegen auftretende Atemnot kann eine Folge einer Herzinsuffizienz sein. Ebenso kann aber auch eine beidseitige Zwerchfellparese zugrunde liegen. „Tritt die nächtliche Dyspnoe mit Angst und Erwachen auf, gilt es an intermittierende Rhythmusstörungen sowie ein Schlafapnoe-Syndrom zu denken“, meinte Held. Vitalparameter geben Aufschluss über eine Kreislaufbeeinträchtigung, die Atemfrequenz lässt eventuell bereits eine Dekompensation erkennen. Kontinuierliche Nebengeräusche bei der Auskultation wie Pfeifen, Giemen und Brummen weisen auf obstruktive Atemwegserkrankungen hin. Neben Asthma und COPD können auch andere Störungen wie eine Bronchiolitis oder ein Lungenödem dahinterstecken.
Held hob in diesem Zusammenhang heraus, dass COPD-Patienten mit einer akuten Exazerbation nicht unbedingt giemen, sondern man durch die Überblähung eher weniger Geräusche als sonst üblich hört. Feinblasige Rasselgeräusche können ein Hinweis auf eine linkskardiale Dekompensation bis hin zum Lungenödem sein. Ein Knisterrasseln, dass sich idealerweise bei basaler und lateraler Auskultation feststellen lässt, deutet auf eine Lungenfibrose hin. Abgeschwächte Atemgeräusche hingegen können unter anderem mit Pleuraerguss, Atelektase oder Pneumothorax einhergehen.
Bei unklarer Luftnot kann auch die Laboruntersuchung einen Hinweis auf eine mögliche Ursache liefern: So führt eine Anämie häufig zu Dyspnoe. Auch eine Schilddrüsenfunktionsstörung kann assoziiert sein, ebenso wie metabolische Störungen. Triage-Tests ermöglichen es bei akuter aber auch bei länger währender Luftnot, einen Eindruck zu gewinnen, wie sich die Situation entwickelt. „Solche Laborparameter sind ebenso wie ein EKG nicht immer hundertprozentig spezifisch. Die Kombination mehrerer Tools macht es aber für die Diagnostik interessant“, führte der Experte aus.
Besondere diagnostische Herausforderungen
In gewissen Konstellationen falle es besonders schwer, die korrekte Diagnose zu stellen bzw. werde man klinisch fehlgeleitet, meinte Held. Als Beispiel führte er die sogenannte trockene Exazerbation an: Bei Patienten mit COPD geht eine akute Verschlechterung zumeist mit vermehrtem grünlichen oder gelblichen Sputum einher. Ist dies nicht der Fall, steckt vielleicht differenzialdiagnostisch etwas anderes hinter der Exazerbation. Akutes Giemen deutet in den seltensten Fällen auf eine akut verschlechterte COPD hin, sondern steht vielmehr mit Asthma oder einer Linksherz-Insuffizienz in Verbindung. Liegt jedoch eine RSV-Infektion vor, kommt es auch bei COPD zu den entsprechenden Atemgeräuschen, so der Experte. „Eine richtige Fallgrube sind Tachykardie und hoher Blutdruck“, berichtete Held. Es müsse in diesen Fällen nicht unbedingt eine kardiale Dekompensation dahinterstecken, denn eine Tachykardie kann Folge der Luftnot und dem damit einhergehenden Stress sein. Gleiches gilt für hohen Blutdruck.
Als seltene Komplikation nannte Held das Left Main Compression-Syndrom, bei dem die linke Hauptkoronararterie zwischen der Aorta und einem vergrößerten Lungenarterienstamm zusammengedrückt wird, was zu einer Stenose und damit zu einer verminderten Durchblutung des Herzmuskels führen kann.
Held betonte, dass eine akute Verschlechterung bei zugrunde liegender Lungenfibrose durchaus als Notfall zu betrachten sei: „Die Exazerbation der Lungenfibrose hat eine sehr schlechte Prognose.“ Daher sei es wichtig, die Ursache festzustellen und die betroffene Person entsprechend zu therapieren.
Bericht: Martha-Luise Storre
Quelle: Vortrag von Priv.-Doz. Dr. med. Matthias Held/Würzburg: „Unklare Luftnot in der Hausärztlichen Praxis“ im Rahmen der 4. Digitalen Campuswoche vom 11. bis 16. November 2024; virtuell. Veranstalter: MSD
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