Die verborgene Kraft im männlichen Fortpflanzungssystem
Zink ist ein essentielles Spurenelement, das im männlichen Körper eine Schlüsselrolle für die Reproduktionsfähigkeit spielt. Während viele Männer mit unerfülltem Kinderwunsch teure Behandlungen in Betracht ziehen, könnte die Lösung in diesem unscheinbaren Mineral liegen, das in der Samenflüssigkeit in hoher Konzentration vorkommt. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen eindeutige Zusammenhänge zwischen dem Zinkstatus und der Spermienqualität, die für Paare mit Kinderwunsch von entscheidender Bedeutung sein können.
Der biochemische Dirigent der Spermatogenese
Im Hoden, wo die Spermatogenese stattfindet, weist das Gewebe eine der höchsten Zinkkonzentrationen des gesamten Körpers auf. Dies ist kein Zufall: Zink fungiert als essentieller Cofaktor für zahlreiche Enzyme, die an der DNA-Replikation und Zellteilung beteiligt sind. Während der Spermienentwicklung reichert sich Zink in den Keimzellen an und unterstützt die komplexen Prozesse der Meiose und Spermiogenese.
Eine großangelegte Studie mit über 25.000 Teilnehmern zeigte einen umgekehrt U-förmigen Zusammenhang zwischen der Zinkkonzentration im Seminalplasma und der Spermienmotilität. Die besten Werte wurden bei mittleren Zinkkonzentrationen beobachtet, während sowohl zu niedrige als auch zu hohe Werte die Spermienqualität beeinträchtigten.
Testosteron und Zink: Eine untrennbare Verbindung
Die männliche Fruchtbarkeit wird maßgeblich vom Testosteronspiegel beeinflusst. Zink spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulation dieses wichtigen Hormons. In den Leydig-Zellen des Hodens, wo die Testosteronsynthese stattfindet, ist Zink in besonders hoher Konzentration nachweisbar. Es unterstützt die Funktion des LH-Rezeptors und dient als Cofaktor für steroidogene Enzyme wie die 5α-Reduktase, die Testosteron in das biologisch aktivere Dihydrotestosteron umwandelt.
Klinische Studien bestätigen diesen Zusammenhang eindrucksvoll: Bei Männern mit niedrigen Testosteronwerten führte eine Zinksupplementierung zu einem Anstieg des Testosteronspiegels um bis zu 54%. Gleichzeitig erhöhte sich die Spermienzahl um beeindruckende 150-171%. Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer ausreichenden Zinkversorgung für die hormonelle Balance und Spermienproduktion.
Der Schutzschild gegen oxidativen Stress
Spermien sind aufgrund ihrer besonderen Struktur und ihres hohen Gehalts an mehrfach ungesättigten Fettsäuren besonders anfällig für oxidative Schäden. Zink fungiert als wirksames Antioxidans, das die empfindlichen Keimzellen vor reaktiven Sauerstoffspezies schützt. Als Bestandteil der Superoxid-Dismutase neutralisiert Zink freie Radikale und verhindert die Lipidperoxidation der Spermienmembran.
Darüber hinaus stabilisiert Zink das Chromatin in den Spermienköpfen und schützt die DNA vor Fragmentierung – ein entscheidender Faktor für die erfolgreiche Befruchtung und embryonale Entwicklung. Bei Rauchern und Männern mit erhöhtem oxidativem Stress kann eine ausreichende Zinkversorgung daher besonders wichtig sein, um die Spermienqualität zu erhalten.
Klinische Erfolge der Zinksupplementierung
Zahlreiche klinische Studien belegen den positiven Effekt einer Zinksupplementierung auf die männliche Fertilität. Eine Meta-Analyse aus 20 Studien mit über 3.400 Teilnehmern zeigte, dass die Zinkkonzentration im Seminalplasma bei infertilen Männern signifikant niedriger war als bei fertilen Kontrollpersonen. Nach einer Zinksupplementierung verbesserten sich mehrere Spermienparameter deutlich:
Bei Patienten mit Einschränkungen in allen drei Spermiogrammparametern führte eine dreimonatige Gabe von zweimal täglich 250 mg Zink zu einer signifikanten Verbesserung der Spermienmotilität und einer Reduktion von Anti-Sperma-Antikörpern. Die Kombination von Zinksulfat mit Folsäure konnte die Spermienzahl weiter erhöhen. Besonders beeindruckend: In einer Interventionsstudie wurden nach Zinksupplementierung neun vorher unfruchtbare Männer zu werdenden Vätern.
Die optimale Zinkversorgung für maximale Fruchtbarkeit
Obwohl Zink in vielen Lebensmitteln wie Austern, Rindfleisch, Kürbiskernen und Vollkornprodukten enthalten ist, erreichen viele Männer nicht die optimale Versorgung für die Spermienproduktion. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für erwachsene Männer eine tägliche Zinkzufuhr von 10 mg, doch bei Fruchtbarkeitsproblemen kann eine höhere Dosierung sinnvoll sein.
Klinische Studien zeigen, dass die besten Ergebnisse bei einer Zinksupplementierung von 30-60 mg täglich über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten erzielt werden – entsprechend der Dauer eines kompletten Spermatogenesezyklus. Bei der Supplementierung sollte jedoch beachtet werden, dass sowohl ein Mangel als auch ein Überschuss an Zink negative Auswirkungen haben kann. Eine ärztliche Beratung ist daher empfehlenswert, insbesondere bei bestehenden Gesundheitsproblemen.
Ein unterschätzter Faktor für männliche Fertilität
Die wissenschaftliche Evidenz für den Zusammenhang zwischen Zink und männlicher Fruchtbarkeit ist überzeugend. Von der Testosteronsynthese über die Spermatogenese bis hin zum Schutz vor oxidativem Stress – Zink beeinflusst nahezu alle Aspekte der männlichen Reproduktionsfähigkeit. Für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch kann eine optimierte Zinkversorgung daher ein einfacher, kostengünstiger und effektiver erster Schritt sein, bevor aufwendigere reproduktionsmedizinische Verfahren in Betracht gezogen werden.
Die Forschung zeigt: Mehr Zink kann tatsächlich zu mehr und qualitativ besseren Spermien führen – ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Erfüllung des Kinderwunsches.
Quellenverzeichnis
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