Der Kongress für Kinder- und Jugendmedizin 2024 fand von 18.–21. September im Congress Center Rosengarten in Mannheim statt. Der Kongress wurde gemeinsam von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH), der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ), dem Berufsverband Kinderkrankenpflege Deutschland (BeKD), der Deutschen Gesellschaft Pädiatrische Psychosomatik (DGPPS) sowie der Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie (GPN) gestaltet.
2.500 Teilnehmende besuchten die größte Tagung des Faches im deutschsprachigen Raum. Mit rund 100 Sitzungen, 400 Vorträgen und über 30 Workshops wurde ein sehr breit gefächertes und hochaktuelles Kongressprogramm geboten.
Schwerpunkte des Kongresses waren:
- Von der Kinderheilkunde (gestern) über die Kinder-/Jugendmedizin (heute) zur Kinder-/Jugendgesundheit (morgen)
- Seltene Erkrankungen – »Lernmodelle genereller Pathomechanismen«
- »Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift sei« [Paracelsus]
Die Themen reichten von seltenen Erkrankungen über Immunreaktionen, Adipositas und Kindernotfälle bis hin zur Flucht und Migration. Ein Teil der Vorträge ist auch im Nachgang als Video on Demand verfügbar.
Eröffnung des Kongresses
In die Eröffnungsfeier führte ein Rap der Klasse 8a des Werner-Heisenberg-Gymnasiums in Bad Dürkheim mit dem Rapagogen Tobias Schirneck gemeinsam mit dem Organisationsteam des Kongresses. Es folgte eine gemeinsame Begrüßung der Tagungspräsidentinnen und -präsidenten der Fachgesellschaften: Prof. Dr. Michael Melter und Dr. Dirk Grothues (DGKJ), Prof. Dr. Thorsten Langer (DGSPJ), Prof. Dr. Felicitas Eckoldt-Wolke (DGKCH), Bettina Beyer-Lichtblau (BeKD), Prof. Dr. Julia Höfele und Dr. Karl Peter Schlingmann (GPN), Guido Bürk und Dieter Kunert (DGPPS) sowie Dr. Janna-Lina Kerth und Tim Vogel (Junge DGKJ).
DGKJ-Kongresspräsident Prof. Michael Melter stellte das Hauptmotto des diesjährigen Kongresses vor: »Kinder- und Jugendgesundheit ist wie ein Puzzle. Das soll abbilden, dass wir nicht bei der Kinder- und Jugendmedizin stehen bleiben sollten, sondern dass es um die Entwicklung eines modernen akademischen Gesundheitsfaches für Kinder und Jugendliche geht. … Andererseits soll es verdeutlichen, dass wir dem Anspruch jeden Kindes auf größtmögliches Maß an Gesundheit nur dadurch gerecht werden können, wenn wir verstehen, dass ein Kind nicht nur die Summe seiner Organe und die Kinder- und Jugendmedizin nicht die Summer ihrer Subdisziplinen ist. Im Sinne der Kinder muss die Kinder- und Jugendmedizin sich als integrales Fach verstehen.«
Prof. Dr. Ursula Felderhoff-Müser, Präsidentin der DGKJ, ging in ihrer Ansprache u. a. auf den Fachkräftemangel in der Pädiatrie ein: »Wir haben nicht nur die Realität, dass wir erwarten, zu wenige Kinderärzte zu haben. Sondern wir haben jetzt schon die Realität, dass uns in den Pflegeberufen ein eklatanter Fachkräftemangel beschäftigt. Wir haben auch die Realität, dass Therapeuten, Psychologen, alle am Kind Arbeitenden immer weniger werden, MFAs immer weniger werden.« Sie rief dazu auf, dem Kinderärztemangel entgegenzuwirken, dafür würden etwa intelligente und flexible Arbeitszeitmodelle benötigt, es gebe zunehmend mehr Teilzeitarbeitende und weibliche Mitarbeitende, man müsse auch »alte Zöpfe abschneiden«.
In einer Videobotschaft richtete Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach das Wort an die Kongressteilnehmenden: »Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft. Es ist die Aufgabe der gesamten Gesellschaft, ihnen die besten Chancen für gesundes Aufwachsen zu bereiten. Ein wesentlicher Anker für Eltern und Kinder sind Ärztinnen und Ärzte, die da sind, wenn sie gebraucht werden.« Er sprach den Teilnehmenden seinen Dank für ihren Einsatz für Kinder und Jugendliche aus.
»Ein Leben ohne Spielen ist möglich, aber ›sinnlos‹«
Das Kongressmotto 2024 »Ein Leben ohne Spielen ist möglich, aber ›sinnlos‹«war an allen Kongresstagen auf verschiedenen Ebenen präsent. Die Bedeutung des Spiels und des Spielens durchzog als roter Faden das Programm. Dieses beleuchtete verschiedenste Aspekte von »Spiel«. Besuchende konnten nicht nur in einem Workshop mit dem Thema in Berührung kommen, sondern es standen auf mehreren Stationen in der Ausstellung Spiele wie etwa ein Riesenpuzzle, Tischfussball oder Himmel und Hölle für die Teilnehmenden bereit.
DGSPJ-Kongresspräsident Prof. Dr. Thorsten Langer formulierte es in seiner Begrüßungsrede so: »Ein Leben ohne Spiel ist möglich, aber nicht nur sinnlos, sondern ungesund.« Zum Auftakt hielt zudem Philosoph und Autor Dr. Christoph Quarch in seinem Festvortrag »Rettet das Spiel« ein Plädoyer für den spielerischen Zugang zur Welt. An den Beginn seines Vortrags stellte er ein Zitat von Friedrich Schiller: »Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.« Dr. Quarch stellte dar, dass das Spiel als Vehikel menschlicher Potenzialentfaltung funktioniert. In der Spielwelt gelte eine eigene Logik, die anders sei als die Alltagslogik. Kinder seien die Meister des Spiels.
Hilfsmittel-Aktionstag
Erstmals fand am KKJ 2024 ein Hilfsmittel-Aktionstag statt. Auf der Ebene der Industrieausstellung stellten Aussteller ihre Hilfsmittel vor. Teilnehmende konnten diese teilweise selbst ausprobieren, um sich dem Thema anzunähern. So gab es etwa einen Rollstuhlsimulator. Auch ein inklusiver Fußball-Parcours war verfügbar. Zudem gab es die Möglichkeit, sich mit Expertinnen und Experten über die richtige Verordnung auszutauschen.
Ausblick
Zum Abschluss übergab DGKJ-Kongresspräsident 2024, Prof. Dr. Michael Melter, symbolisch das diesjährige Leitmotiv – ein Puzzlespiel – an DKGJ-Kongresspräsident 2025, Prof. Dr. Eckard Hamelmann, Bielefeld. Der Kongress für Kinder- und Jugendmedizin 2025 wird von 24.–27.09.2025 in Leipzig stattfinden.
(Verfasst von: Redaktion pädiatrische praxis)
Weiterlesen:
– Interview mit DGKJ-Kongresspräsident Prof. Dr. Michael Melter: »Unser Fach ist der Dreh- und Angelpunkt für Gesundheit für die nächsten Jahrzehnte«
– Preise und Auszeichnungen auf dem Kongress für Kinder- und Jugendmedizin 2024
– KKJ 2024: https://dgkj-kongress.de/
Weiterlesen in der pädiatrischen praxis:
– CME: »Ich will nicht sterben, aber ich weiß nicht, wie ich leben soll …« – Anorexia nervosa als Herausforderung (C. Kunert, S. Melfsen, T. Lucas)
– Medizinischer Kinderschutz: Untersuchungen und Dokumentation im Medizinischen Kinderschutz (Link); Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche: Sicheres Handeln und potenzielle Fallstricke (Link); Körperliche Gewalt gegen Kinder und Jugendliche: Erkennung und Intervention (Link)
– Versorgung minderjähriger Flüchtlinge in der Kinder- und Jugendmedizin (Link)



