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Rückenschmerzen in der hausärztlichen Praxis: Nicht auf die leichte Schulter nehmen

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Rückenschmerzen in der hausärztlichen Praxis: Nicht auf die leichte Schulter nehmen

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Erschienen in: Der Allgemeinarzt

Fast ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland leidet unter Rückenschmerzen, eine der häufigsten Gründe für einen Arztbesuch. Erste Anlaufstelle für die ­Beschwerden ist meist der Hausarzt. Aufgrund des großen Spektrums an ­Symptomen und Beschwerden, ist die sorgfältige Diagnose für das weitere ­Vorgehen von entscheidender Bedeutung.

Insbesondere bei akuten Rückenschmerzen gilt es, möglichst frühzeitig Hinweise auf schwerwiegende spezifische Ursachen zu erkennen, um entweder eine Schmerzbehandlung einzuleiten oder gegebenenfalls eine sofortige fachärztliche Weiterversorgung zu veranlassen.

Rückenschmerzen – häufiges Krankheitsbild mit vielen Facetten

Fast ein Drittel (31,4 %) der deutschen Bevölkerung war 2021 wegen Rückenschmerzen beim Arzt! Das geht aus dem aktuellen WIdO-Gesundheitsatlas hervor. Damit sind hierzulande Rückenschmerzen einer der meisten Gründe für einen Arztbesuch. Die Beschwerden treten bereits bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf, die Häufigkeit steigt jedoch mit dem Alter. Zudem sind Frauen häufiger betroffen als Männer: Jede zweite Frau über 65 Jahre hat Rückenschmerzen, Männer erreichen diesen Wert erst mit 80 Jahren.
Kreuzschmerzen präsentieren sich sehr facettenreich: Das Spektrum reicht von einfachen und unproblematischen Beeinträchtigungen (häufig muskuläre Ursache) bis hin zu ernsthaften, aber eher seltenen Krankheiten. Prinzipiell können die Rückenschmerzen ihren Ursprung in allen Anteilen des Stützgewebes haben. Nicht selten kann aber auch eine Nervenreizung zu einem ausstrahlenden Rückenschmerz bei­tragen.
Diagnostisch relevant ist die Unterscheidung von spezifischen und nicht-spezifischen* Rückenschmerzen. Bei spezifischen Schmerzen liegen eindeutige, zum Teil schwerwiegende Ursachen wie zum Beispiel Bandscheibenvorfälle, Spondylolisthesis, traumatisch bedingte Wirbelkörperfrakturen oder eine Spinalkanalstenose zugrunde. In seltenen Fällen können auch Entzündungen, Krebserkrankungen oder Infektionen Auslöser sein. Im Gegensatz dazu gibt es bei den viel häufigeren, aber meist harmlosen nicht-­spezifischen Rückenschmerzen keine eindeutigen Hinweise auf strukturelle Schädigungen. Ursachen können hier beispielsweise Muskelverspannungen, Bänderzerrungen, arthrotische Veränderungen respektive Degenerationen der Zwischenwirbelgelenke sein.3 Demgegenüber handelt es sich bei chronischen Schmerzzuständen eher um ein komplexes Krankheitsgeschehen. Die Rückenschmerzen können Symptom und Ursache körperlicher, aber auch psychischer und sozialer Beschwerden sein, die sich gegenseitig beeinflussen.

Sorgfältiges diagnostisches Vorgehen ist das 
A und O

Als meist erste Anlaufstelle bei Rückenschmerzen kommt dem Hausarzt eine Schlüsselrolle zu. Es gilt, möglichst früh ernsthafte Erkrankungen als Ursache auszuschließen. Dazu reicht in den meisten Fällen ein ausführliches diagnostisches Gespräch und eine sorgfältige körperliche Untersuchung aus. Eine bildgebende Diagnostik (zum Beispiel Röntgen, CT, MRT) ist nur erforderlich, wenn sich Anhaltspunkte für mögliche spezifische Ursachen ergeben. Eine sofortige ärztliche Abklärung akuter Rückenschmerzen ist erforderlich, wenn mindestens eines der Warnsignale, sogenannter RED FLAGS, vorliegt.
Können spezifische Rückenschmerzen aufgrund fehlender struktureller Schädigungen ausgeschlossen werden, sind die Rückenschmerzen als nicht-spezifisch einzuordnen. Aber auch hier heißt es, keine Zeit zu verlieren! Mit Fragen zur aktuellen Lebenssituation muss sich der Arzt so rasch wie möglich ein Bild über die psychische Belastung des Patienten machen, um die Gefahr einer möglichen Chronifizierung zu vermeiden. Hilfreich sind dabei die sogenannten YELLOW FLAGS.

Therapeutisches Vorgehen

Ziel jeder therapeutischen Maßnahme ist die rasche und nachhaltige Wiederherstellung der körperlichen Aktivität. Maßnahmen zur passiven Schmerzvermeidung und längerfristige Ruhephasen sind daher nicht angezeigt. Aufgrund der hohen Spontanremission sollte vielmehr die Unterstützung zur aktiven Mobilisation von Seiten des Patienten im Vordergrund stehen, das heißt lokale Kälte-/Wärmeanwendungen plus topische Schmerztherapien respektive orale Einnahme apothekenpflichtiger Nichtopioidanal­getika (NOPA) und/oder niedrig dosierte nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR). Mittel der ersten Wahl von ärztlicher Seite sind unter anderem höher dosierte NSAR, NOPA sowie Muskelrela­xanzien, angepasst an die individuellen Bedürfnisse.

… bei akuten spezifischen Rückenschmerzen

Haben sich bei Patienten mit akuten Kreuzschmerzen nach Anamnese und körperlicher Untersuchung Hinweise auf gefährliche Verläufe oder andere ernstzunehmende Pathologien ergeben beziehungsweise liegen Warnsignale vor, sollen je nach Verdachtsdiagnose und Dringlichkeit weitere Bildgebung oder Laboruntersuchungen und/oder eine Überweisung in spezialfachärztliche Behandlung eingeleitet werden.

… bei akuten nicht-spezifischen ­Rückenschmerzen

Besteht kein Verdacht auf eine schwerwiegende spezifische Ursache und können psychosoziale Risikofaktoren ausgeschlossen werden, reicht es in der Regel aus, wenn der Patient in einem ausführlichen Gespräch über die (meist harmlosen) Rückenschmerzen aufgeklärt und ihm zu einer kurzfristigen körperlichen Schonung geraten wird, gegebenenfalls mit Einnahme von Schmerzmitteln (am ehesten NSAR) oder Muskel-entspannenden Medikamenten – aber nur so viel wie nötig beziehungsweise so wenig wie möglich. Passive Maßnahmen (Fango, Massagen) sind kontraproduktiv. Vielmehr soll der Patient so rasch wie möglich wieder in eine normale körperliche Aktivität gebracht werden, um eine Chronifizierung der Schmerzen zu vermeiden.

… bei chronischen (nicht-spezifischen) ­Rückenschmerzen

Bei Patienten mit chronischen (nicht-spezifischen) Rückenschmerzen wird frühzeitig ein multimodales Behandlungskonzept im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes empfohlen. Über einen Zeitraum von etwa vier Wochen werden medizinische, physiotherapeutische und vor allem psychologische Maßnahmen kombiniert und gemeinsam mit dem Patienten erarbeitet, mit dem Ziel, den Patienten zum Selbstmanagement anzuleiten und Eigenverantwortung zu übernehmen. Neben der Beratung und Auf­klärung beinhaltet das Konzept vorrangig die Wiederherstellung der körperlichen Aktivität (Krafttraining und Ausdauertraining) sowie ­Physiotherapie zur Förderung einer gesunden Körperhaltung (gegebenenfalls auch Verbesserung der Ergonomie am Arbeitsplatz).
Fester Bestandteil des Konzeptes ist zudem 
die psychotherapeutische Intervention (zum Beispiel Verhaltens- und Entspannungstherapie, Training zur Verbesserung der Schmerz- und Stressbewältigung). Maßnahmen, die Passivität fördern, wie zum Beispiel Fango, Massage oder Akupunktur, sind auch hier meist weniger zielführend.

*Anmerkung: Die Bezeichnung „nicht-spezifischer“ ­Rückenschmerz ist laut Deutscher Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. wenig zielführend, sie bevorzugt die Bezeichnung „mechanisch“.

Autor: Brigitte Funk

Quelle: Der Allgemeinarzt

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