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Chronisch obstruktive Lungenerkrankung: Patient mit akuter Exazerbation: Was ist jetzt zu tun?

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Chronisch obstruktive Lungenerkrankung: Patient mit akuter Exazerbation: Was ist jetzt zu tun?

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Erschienen in: Der Allgemeinarzt

Wenn Patienten mit COPD über eine akute Verschlechterung ihrer Symptome klagen, gilt es 
zunächst eine Exazerbation von anderen Differenzialdiagnosen abzugrenzen. Welche therapeutischen Maßnahmen sind im Einzelfall angezeigt?

GOLD (global initiative for COPD) definiert die COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) als eine akute Verschlechterung mit einer Symptomzunahme, die eine Therapieintensivierung erfordert. Die ältere Nationale Versorgungsleitlinie COPD definiert die Exazerbation zusätzlich als eine mindestens zwei Tage anhaltende Verschlechterung.
Häufige Ursachen sind virale oder bakterielle Infekte oder exogene Faktoren (z. B. Schadstoffexposition wie Smog). Histopathologisch liegt der klinischen Zunahme von Dyspnoe, Husten, Sputumvolumen und/oder Sputumpurulenz, eine entzündlich bedingte Zunahme der Bronchuskonstruktion mit/ohne Hyperkrinie und Lungenüberblähung zugrunde.

Schweregrade

Die Einteilung der COPD-Exazerbation erfolgt in drei Schweregrade:

  • Leichte Exazerbationen können vom Patienten selbst behandelt werden, z. B. durch eine zusätzliche Therapie mit einem inhalativen kurzwirksamen Bronchodilatator.
  • Mittelschwere Exazerbationen erfordern eine hausärztliche Vorstellung: Die Therapie erfolgt z. B. mit einem Antibiotikum und/oder einem oralen Kortikosteroid.
  • Schwere Exazerbation: Sie stellt eine potenziell lebensbedrohliche Situation dar mit respiratorischer Insuffizienz und ist ein medizinischer Notfall, der stationär, unter Umständen im Fall eines Atemversagens sogar intensivmedizinisch betreut und überwacht werden muss.

Therapie

Bei der akuten respiratorischen Insuffizienz muss es sich nicht notwendigerweise um eine COPD-Exazerbation handeln. Wichtige Differenzial­diagnosen, die ebenfalls zu einer Zunahme von Atemnot, Husten und Auswurf führen können, sind daher auch im akuten Fall als Ursache auszuschließen (siehe Tabelle). Die aktuelle NVL-Leitlinie (2021) enthält im Gegensatz zur neuesten GOLD-Empfehlung (2024) kein eigenes COPD-Exazerbations-Kapitel, weswegen die hier vorgestellten Therapievorschläge auf Letzterer ­fußen.

Bronchodilatatoren, Kortikosteroide

Die Pharmakotherapie basiert zunächst auf folgenden Substanzgruppen:

  • Bronchodilatatoren: c2-Sympathomimetika, Anticholinergika (Theophyllin)
  • Entzündungshemmer: Kortikosteroide
  • Antimikrobielle Therapeutika: Antibiotika

Kurzwirksame b2-Sympathomimetika (z. B. Salbutamol, Fenoterol, Reproterol, Terbutalin) werden primär im Notfall in hoher Dosis inhalativ gegeben. Hier empfiehlt sich keine kontinuierliche Applikation, stattdessen werden via Dosieraerosol wiederholt 1–2 Hübe gegeben. Langwirksame b2-Sympathomimetika (Fenoterol, Salmeterol, Indacaterol) sind in der Notfalltherapie nicht zugelassen, können aber parallel zur Notfallgabe der kurzwirksamen Präparate weiter gegeben werden.
Sollte sich der Zustand des Patienten mit der inhalativen Applikation nicht verbessern bzw. sogar verschlechtern, oder wenn der Patient keine Medikamente trotz Spacer-Anwendung inhalieren kann, können kurzwirksame b2-Sympathomimetika auch systemisch verabreicht werden. Dabei ist das Nebenwirkungspotenzial höher als bei der inhalativen Gabe, was ein engmaschiges klinisches Patienten-Monitoring erforderlich macht.
Das inhalativ anzuwendende Anticholinergikum Ipratropiumbromid hat zusammen mit einem kurzwirksamen b2-Sympathomimetikum einen additiven bronchodilatativen Effekt und eignet sich sowohl als Monotherapeutikum als auch in separater Kombination zur inhalativen Notfalltherapie. Die intravenöse Theophyllin-Gabe ist wegen des hohen Nebenwirkungspotenzials und des gegenüber b2-Sympathomimetika geringeren bronchodilatativen Effekts in der COPD-Therapie obsolet.

Wann Kortison?

Die Therapie mit einem oder mehreren Bronchodilatatoren kann im Notfall durch ein hochdosiertes oral oder i.v. zu applizierendes Kortisonpräparat ergänzt werden. Die 24-h-Bioverfügbarkeit beider Applikationsformen ist dabei ­dieselbe. Eine solche Kortikosteroidtherapie bewirkte gegenüber Placebo insbesondere bei Patienten mit einer schlechten Lungenfunktion (FEV1 <  50 % des Sollwertes) eine signifikant schnellere Verbesserung der Lungenfunktion. Empfohlen sind Dosen von etwa 40 mg Prednisolon/Tag (max. 100 mg Prednisolon/Tag) mit einer Therapiedauer von 7 bis 10 Tagen, da die Therapieeffektivität danach mit jener von Placebo identisch ist. Die Therapie muss dann bei Patienten, die vorher nicht dauerhaft mit oralen Steroiden behandelt wurden, auch nicht ausgeschlichen werden.

Antibiotika

Unkomplizierte Infekte bedürfen keiner Antibiotikatherapie, zumal sie häufig durch Viren verursacht werden. Basiert aber der broncho-pulmonale Infekt wahrscheinlich auf einer durch Bakterien verursachten Entzündung – mögliche Hinweise sind ein putrides Sputum, eine CRP-oder Procalcitonin-Erhöhung im Serum – und steht dieser in direktem Zusammenhang mit der COPD-Exazerbation, haben die Patienten einen klinischen Vorteil von einer Therapie mit einem Breitspektrum-Antibiotikum.6 Dieses muss den wahrscheinlich vorliegenden Keim – v.a. S. pneumoniae – mit abdecken und idealerweise auch die Resistenzlage der Wohngegend des Patienten bzw. das vormals beim Patienten eventuell nachgewiesene Keimspektrum berücksichtigen. Im Regelfall ist eine Keimbestimmung aus dem Sputum entbehrlich und die Antibiotikatherapie wird kalkuliert begonnen.
Früher gab es eine spezielle Empfehlung zur anti­mikrobiellen Therapie der COPD, eine solche ­existiert jedoch nicht mehr in der aktuellen 
NVL-Leitinie bzw. der letzten Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin. Entsprechend zurückhaltend wird auch in aktuellen Übersichten geurteilt.7 Als Hilfestellung zur Behandlung der durch ­Bakterien ausgelösten COPD-Exazerbation können die aktuellen Vorgehensweisen und Dosierungen bei ambulant erworbener Pneumonie dienen. Die Therapiedauer beträgt maximal 
5–7 Tage.

Erfolgskriterien einer antimikrobiellen Therapie bei der COPD-Exazerbation sind:

  • Entfärbung des Sputum,
  • klinische Besserung einschließlich Besserung der Lungenfunktion und der Hypoxämie,
  • Entfieberung und/oder Normalisierung der Serum-Entzündungsparameter.

Nicht-pharmakologische Therapie

Die Pharmakotherapie wird Schweregrad-abhängig von nicht-pharmakologischen Behandlungsmaßnahmen flankiert.

Sauerstoff-Substitution

Bei Hypoxie ist eine Sauerstoff-Substitution ­obligat. Sauerstoff kann über eine Nasensonde, Nasen-Rachensonde, Sauerstoffbrille, Gesichtsmaske oder über eine Venturi-Maske appliziert werden. Eine leichte Hyperkapnie (pH > 7,35) ist dabei tolerabel. In jedem Fall müssen die Blutgase zu Therapiebeginn kontrolliert werden. PaO2-Zielwert unter O2-Applikation ist eine Steigerung auf mindestens 60 mmHg (7,98 kPa). Eine Beatmungsindikation besteht, wenn der PO2 trotz O2-Gaben sinkt, wenn der PCO2 steigt und/oder wenn der Patient eintrübt. Eine solche Entwicklung ist mit einer Verschlechterung der Prognose assoziiert.

Beatmungsverfahren

Es wird zwischen der nicht-invasiven Beatmung (NIPPV) und der trachealen Intubation mit invasiver Beatmung unterschieden. Die NIPPV, bei der der wache Patient mit einer Nasen-, Mund-Nasen- oder Ganzgesichtsmaske unterstützend ventiliert wird, besitzt wegen der geringen Komplikationen gegenüber der invasiven Beatmung entscheidende Vorteile. Bei der initialen Anpassung und in der Notfallsituation kann die häufig schlechte Akzeptanz durch den Patienten allerdings Schwierigkeiten bereiten.

Autor: Prof. Dr. med. 
Dr. rer. medic. 
Adrian Gillissen

Quelle: Der Allgemeinarzt

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