Neben Lebensstil-modifizierenden Maßnahmen steht für die Therapie der Osteoporose eine ganze Reihe an Substanzen zur Verfügung. Welche Präparate für die stadiengerechte individuelle Behandlung infrage kommen und wann osteoanabole oder antiresorptive Medikamente sinnvoll sind. Ein Überblick
Ziel der Osteoporose-Therapie ist die Senkung des Frakturrisikos. Risikokonstellationen, bei denen das Frakturrisiko deutlich erhöht ist, sollen zu einer raschen Therapieeinleitung führen, um das deutlich überhöhte Frakturrisiko schnell und stark zu senken. Die Patient:innen mit sehr starker von denen mit moderater Frakturrisiko-Erhöhung zu unterscheiden, ist therapeutisch wichtig, da die empfohlenen Therapieansätze unterschiedlich sind. Die Osteoporose-Therapie besteht aus Basistherapie und medikamentöser Therapie.
Allgemeine basistherapeutische Maßnahmen
Die Basistherapie der Osteoporose umfasst zum einen die adäquate Zufuhr von Kalzium und Vitamin D, zum anderen die Beeinflussung modifizierbarer Risikofaktoren und ein muskelerhaltendes Training.
Modifizierbare Osteoporoserisikofaktoren gehören angesprochen und verändert. Hierzu zählen Nikotinkonsum, Untergewicht mit einem Body Mass Index <20 kg/m2 sowie modifizierbare Medikationen, die das Frakturrisiko erhöhen: Hierzu gehören insbesondere die Medikamentengruppen Antidepressiva, Antipsychotika, Sedativa, Opioide, orale und intravenöse Glukokortikoide, Orthostase auslösende Medikamente, Protonenpumpeninhibitoren (vor allem bei Langzeiteinnahme), Aromatasehemmer und Schilddrüsenhormone in TSH-suppressiver Dosis (TSH <0,5 mIU/l).
Eine adäquate Kalziumzufuhr liegt vor, wenn täglich 1.000 mg Kalzium aufgenommen werden. Wenn die Aufnahme durch die Ernährung nicht gewährleistet werden kann, ist ein Supplement zusätzlich empfohlen.
Vitamin D kann im Alter <70 Jahre in den Monaten April bis Oktober durch 20–30-minütige Sonnenexposition der Unterarme und des Gesichts (ohne Sonnenschutz, ohne Erythem) in ausreichender Menge i.d.R. „zugeführt“ werden. In den Monaten Oktober bis März ist dies wegen des Sonnenstandes nicht möglich. Deswegen ist eine generelle Empfehlung, Vitamin D in den sonnenarmen Monaten täglich mit 800–1.000 IE Cholecalciferol zu supplementieren. Vitamin D sollte zu oder nach einer Mahlzeit eingenommen werden, da hierdurch die Resorption gastrointestinal optimiert wird. Ab 70 Jahren ist die durch Sonnenbestrahlung ausgelöste Synthese von Vitamin D auch in den sonnenreichen Monaten aufgrund der veränderten Hautpigmentierung nicht mehr gewährleistet. Deswegen ist eine ganzjährige Substitution mit 1.000 IE Cholecalciferol täglich empfohlen.
Muskeltraining ist essenziell zum Erhalt der Knochengesundheit. Dieses sollte dem jeweiligen Funktionsstand der Muskulatur angepasst sein und im Verlauf an Intensität gesteigert werden. Zusätzlich ist ein Sturzpräventionstraining im höheren Alter insbesondere nach Sturzereignis und/oder Fraktur empfohlen.
Spezifische Osteoporosetherapie
Bestätigt sich ein messbar erhöht liegendes Frakturrisiko, so ist eine spezifische Osteoporosetherapie nach Leitlinien des Dachverbands deutschsprachiger Osteologen (DVO) indiziert1. Die hierzu geltenden Schwellenwerte sind in der aktuellen Leitlinie genannt, die aktuell empfohlenen Therapien sind in der folgenden Tabelle aufgeführt und werden mit Ausnahme der Hormontherapie i.d.R. von Orthopäden, Internisten und Hausärzten verordnet. Tabelle 1 fasst einige wichtige Informationen zu den verschiedenen Medikamenten zusammen.
Zusätzliche Details zu ausgewählten
Wirkstoffen
Bisphosphonate (Alendronat, Ibeandronat, Risedronat, Zoledronat) hemmen den Knochenabbau. Sie wirken nach Absetzen der Therapie von drei bis sechs Jahren über die Einnahmedauer hinaus. Diese Zeit deckt eine Sequenz zwischen ein bis zwei (orale Bisphosphonate und Ibandronat IV) und drei zusätzlichen Jahren der Therapie (dies bei Zoledronat) ab15.
Die Hormontherapie ist eine Sequenz, die direkt nach Eintritt der Menopause eine Möglichkeit darstellt, das Frakturrisiko zu senken. Wird sie gynäkologisch aufgrund einer klimakterisch bedingten Beschwerdesymptomatik verordnet, benötigt eine Patientin in der Regel keine zusätzliche Osteoporosetherapie. Zwei Ausnahmen sind hervorzuheben: Die schwere, manifeste Osteoporose mit mehreren zum Beispiel Wirbelkörperfrakturen. In diesem Fall ist der osteoanabolen Therapie der Vorzug zu geben, ggf. auch in Kombination mit einer Hormontherapie. Die zweite Ausnahme betrifft die sehr gering dosierte Hormontherapie, mit weniger als 1 mg Estradiol pro Tag. In diesem Fall ist bei nachgewiesener Osteoporose eine zusätzliche knochenabbauhemmende Therapie empfohlen, zu Beispiel mit oralen Bisphosphonaten.
Der Selektive Östrogen Rezeptormodulator Raloxifen (SERM) ist therapeutisch erst sinnvoll, wenn die vasomotorische Symptomatik postmenopausal abgeklungen ist, da zum Nebenwirkungsprofil des SERM Hitzewallungen gehören. Ein positiver Zusatznutzen der SERM-Therapie ist die Senkung des Risikos für das Hormonrezeptor-positive, invasive Mammakarzinom, der ab vierjähriger Therapie nachgewiesen ist.
Mit Beginn der Sequenz einer Bisphosphonat- oder Denosumabtherapie ist die zahnärztliche Kontrolluntersuchung empfohlen. Denn auch wenn das Risiko für eine Antiresorptiva-assoziierte Kieferosteonekrose sehr gering bei Osteoporosedosierung der Bisphosphonate und Denosumab ist [13, so ist die Prävention entscheidend für die klinische Ausprägung einer möglichen Kieferosteonekrose.
Die Sequenz der osteoanabolen Therapie mit Abaloparatid, Teriparatid und Romosozumab richtet sich nach der Schwere der Osteoporose und dem unmittelbaren Frakturrisiko, das ein fortgeschrittener Frakturstatus mit sich bringt. Alle genannten Medikamente sind nur zeitlich begrenzt einsetzbar, 18 Monate einmalig für Abaloparatid, zwei Jahre einmalig für Teriparatid, einjährig, aber mit möglicher Wiederholung des Zyklus, für Romosozumab. Nach einer osteoanabolen Therapiesequenz muss eine antiresorptive Therapiesequenz folgen, um die neu aufgebaute Knochensubstanz über die Zeit der Sequenz hinaus zu erhalten. Hierfür kommen aufgrund des Ausmaßes der antiresorptiven Wirkung v.a. Bisphosphonate i.v. sowie Denosumab infrage.
Hervorzuheben ist die Therapiesequenz nach Beendigung eines reversibel wirkenden Therapieansatzes (Hormone, Raloxifen) und insbesondere nach der Sequenz mit Denosumab. Diese muss mit Bisphosphonaten erfolgen, und bei Denosumab präzisiert, wenn mehr als zwei Injektionen Denosumab bei einer Patientin verabreicht wurden [Dachverband Osteologie, DVO Leitlinie 2023].
Die Anschlusstherapie sollte für mindestens zwei Jahre erfolgen, wobei für die Therapie mit Zoledronat IV zur Verhinderung einer übersteigerten Osteoklastenaktivität nach Beendigung der Denosumabtherapie die bisher beste Evidenz vorliegt. Bei kurfristigen Denosumabtherapien (max. bis zu drei Jahre) stellt die Gabe von Alendronat als Anschlusstherapie in Einzelfällen eine Therapiealternative dar.
Welches Therapieprinzip wann und bei wem
einsetzen?
Für das therapeutische Vorgehen ist es insbesondere wichtig, die Fälle zu erkennen, bei denen das Frakturrisiko stark erhöht liegt, denn genau diese profitieren von einem osteoanabolen Therapieansatz in erster und auch späterer Sequenz mehr als von einer antiresorptiven Therapie. Der Grund ist, dass eine osteoanabole Therapie die Knochenstruktur und -qualität verbessert. Dies ermöglicht die nachhaltige Frakturreduktion nach osteoanaboler Therapie durch fortgeführte Therapie mit einer antiresorptiv wirkenden Therapie: Ein in Knochenstruktur und -qualität gebesserter Knochen wird erhalten1,16. In der aktuell geltenden S3 Leitlinie sind drei Therapieschwellen definiert, die den Verordnenden helfen, Hochrisikopatient:innen von denen mit einer moderaten bis starken Frakturrisikoerhöhung abzugrenzen1:
Liegt das berechnete Frakturrisiko für Wirbelkörper- und Hüftfrakturen bei 10 % und mehr über drei Jahre, so soll eine osteoanabole Therapie empfohlen und somit der Vorzug gegenüber einer antiresorptiven Therapie gegeben werden. Die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin hat zu dieser Empfehlung ein Sondervotum eingereicht und empfiehlt die osteoanabole Therapie mit einer „sollte Empfehlung“. Das 10 %-Risiko wird zum Beispiel bei fortgeschrittenem Wirbelkörper-Frakturstatus, bei Hüftfraktur, multipler Sklerose oder in Folge eines primären Hyperparathyreoidismus insbesondere bei erniedrigt liegenden Knochendichtewerten an der Hüfte häufig erreicht.
Zu Einzelheiten wird auf die Leitlinie des Dachverbandes verwiesen. Generell ist eine Therapie empfohlen, wenn das Frakturrisiko 5 % und mehr über drei Jahre beträgt. Ab 3 % Frakturrisiko sollte eine medikamentöse Osteoporosetherapie bei gleichzeitig vorliegenden chronischen Erkrankungen oder einer innerhalb der zurückliegenden zwölf Monate eingetretenen Osteoporose assoziierten Fraktur in Betracht gezogen werden. Eine Therapie soll rasch bei Z.n. Hüftfraktur oder Wirbelfrakturen (ab Grad 2 nach Genant, d.h. ab 25 % Impression der Grund- oder Deckplatte) auch ohne vorherige Knochendichtemessung eingeleitet werden. Grund hierfür ist das Folgefrakturrisiko, das bei eingetretener Fraktur vorübergehend über zwölf bis 24 Monate übersteigert erhöht ist.
Hintergrund-Prinzip der Osteoporosetherapie
Anders als bei anderen chronischen Erkrankungen wird in der Behandlung der Osteoporose die Fortführung ein und desselben Therapieansatzes als Dauertherapie nicht empfohlen. Grund hierfür ist die Notwendigkeit, unerwünschte Nebenwirkungen, die teilweise mit der Therapiedauer zusammenhängen, zu verhindern. Für die in Deutschland und weltweit meistverordnete Therapiegruppe der „Bisphosphonate“ liegen zudem Daten aus mehreren Studien vor, die belegen, dass eine Fortführung der Bisphosphonattherapie über eine Sequenzdauer von fünf (orale Therapie) bis sechs Jahren (intravenöse Therapie mit Zoledronat) keine zusätzliche Senkung des Frakturrisikos mit sich bringt.
Die Zulassungsstudien aller in der Osteoporosetherapie verwendeten Substanzen decken nur einen bestimmten Therapiezeitraum ab (Tab. 1). Für diesen Therapiezeitraum liegen Daten zur Frakturrisikosenkung vor wie auch zur Beeinflussung der Surrogatparameter Knochendichte und Knochenumbauparameter. Diese Daten auf mehrere Sequenzen einer Therapie zu übertragen, wurde in den vergangenen Jahren kritisch diskutiert. Studien, bei denen eine Vortherapie mit Osteoporosetherapeutika ein Einschlusskriterium darstellten, geben letztendlich die notwendige Sicherheit dafür, dass zweite oder dritte Sequenzen desselben Therapieansatzes lediglich ein ähnlich Frakturrisiko-senkendes Potenzial ausüben, wie die erste Sequenz. Diese Kenntnis ist neben der Möglichkeit, Frakturrisiko zu quantifizieren und Frakturrisiko-gerechte Therapien zu initiieren, das Rückgrat der Sequenztherapie, die individuell angepasst werden muss.
Zusammenfassung
Osteoporose ist in den überwiegenden Fällen eine chronische Erkrankung, die dauerhaft behandelt werden muss. In Hochrisikosituationen ist empfohlen, osteoanabol wirksamen Medikamenten den Vorzug zu geben gegenüber einer antiresorptiven Therapie mit beispielsweise Bisphosphonaten. In allen Fällen ist die Therapie in geteilter Meinungsfindung mit den Osteoporosebetroffenen festzulegen. Wichtig ist, dass einer reversibel wirksamen Therapie eine weitere Therapiesequenz folgt. Dies muss bei der Therapieplanung beachtet und mit den Betroffenen besprochen werden. Die medikamentöse Therapie soll immer in Kombination mit der Basistherapie erfolgen.
Autorin. Dr. med. Friederike Thomasius, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Osteologie, Frankfurt
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