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ESC 2024 – ein Meilenstein auf dem Gebiet der Kardiologie: Update vom europäischen ­Kardiologen-Kongress

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ESC 2024 – ein Meilenstein auf dem Gebiet der Kardiologie: Update vom europäischen ­Kardiologen-Kongress

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Erschienen in: Der Allgemeinarzt

Beim diesjährigen Kongress der European Society of Cardiology (ESC) in London stand die ­personalisierte kardiovaskuläre Versorgung im Fokus. Dazu gehört auch, Versorgungsstandards ­
zu optimieren und Risiken zu verringern. Was gibt es Neues zu kardialer ATTR-Amyloidose, ­Myokardinfarkt und Hypertonie? Eine Nachlese.

Bluthochdruck: Was empfiehlt die neue Leitlinie?

Die neue ESC-Leitlinie zu Hypertonie führt veränderte Definitionen ein: So entfällt der Begriff normaler Blutdruck. Stattdessen erfolgt eine Einteilung in nicht-erhöhten (<120/70 mmHg) und erhöhten Blutdruck (120/70 bis <140/90 mmHg) sowie Hypertonus (≥ 140/90 mmHg). Die definierten Werte für einen erhöhten Blutdruck würden eine erhebliche Anzahl von Patientinnen und Patienten betreffen, erläuterte Prof. Ulrich Laufs, Leipzig. Wer und wann sollte in diesem Fall behandelt werden? Jede Art von Komorbidität, wie beispielsweise kardiovaskuläre Erkrankungen oder ein Diabetes mellitus, stellt laut den Empfehlungen eine Behandlungsindikation dar. Zudem solle der SCORE oder der SCORE2-OP angewendet werden. Ausnahmen gelten bei ­einem Alter > 85 Jahre, einer höhergradigen Gebrechlichkeit sowie einer symptomatischen orthostatischen Hypotonie. „Im mittleren Risikobereich triggern Aspekte wie Ethnizität, sozio-ökonomische Faktoren, Autoimmun-Erkrankungen oder beispielsweise eine Schwangerschaft eine Behandlungssituation“, so Laufs. Nicht zuletzt spielen Punkte wie Calcium-Scores, Plaques sowie erhöhtes Troponin oder NT-ProBNP eine entscheidende Rolle.
Zunächst sollte eine Lebensstilmodifikation ­erfolgen. Nach drei Monaten empfiehlt die neue Leitlinie eine Therapie ab einem Blutdruck ≥ 130/80 mmHg. „Das ist schon ganz schön viel Blutdrucktherapie für eine große Zahl von Menschen“, meinte der Experte. Die Empfehlung basiert unter anderem auf Daten, die zeigen, dass bei Bluthochdruckpatienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko, unabhängig vom Status eines Diabetes oder eines Schlaganfalls in der Vorgeschichte, die Behandlungsstrategie eines systolischen Blutdrucks <120 mmHg im Vergleich zu <140 mmHg schweren vaskulären Ereignissen vorbeugt, bei einem geringen zusätzlichen Risiko. Therapieziel ist laut Leitlinie ein systolischer Korridor von 120 bis 129 mmHg – „ein ehrgeiziges Ziel, aber durch Daten belegt“, so Laufs.
Wie sollte die Therapie erfolgen? Auch in den überarbeiteten Empfehlungen bleibt es in Stufe 1 dabei, dass aus den drei Bereichen ACE-Inhibitor/Angiotensin II Rezeptorblocker (ARB), Calcium-Antagonist (CCB) sowie Diuretikum initial zwei Substanzen als Kombinations-Tablette gegeben werden sollten. Reicht dies nicht aus, erfolgt in Stufe 2 eine Kombination aus allen drei Substanzgruppen. „Im Unterschied zu den Empfehlungen der Europäischen Hochdruck-Gesellschaft ist der Betablocker in den ESC-Leitlinien nicht in dieser Auflistung enthalten“, berichtete Laufs. Betablocker sollten zu diesem Zeitpunkt lediglich dann verordnet werden, wenn eine eigene Indikation wie beispielsweise eine Herzinsuffizienz oder eine KHK bestehe.
Liegt eine therapieresistente Hypertonie vor, bleibt es dabei, dass im nächsten Schritt Spironolacton die Behandlung ergänzt. Erst in der darauffolgenden Instanz sieht die Leitlinie den Einsatz von Betablockern vor, gefolgt von einer Intensivierung der Pharmakotherapie beispielsweise durch Alpha-Blocker. In diesem Stadium besteht eine klare Positionierung der Leitlinie zur renalen Denervation als interventionelle Therapie. „Wie beim Diabetes oder auch den Lipiden geht bei der Bluthochdruck-Therapie der Trend zu einer frühen Kombination mehrerer Wirkstoffe“, resümierte Laufs.

Betablocker nach Myokardinfarkt: Absetzen?

Patienten nach Myokardinfarkt sollen laut Leitlinie mit Betablockern behandelt werden. Die Nichtunterlegenheits-Studie Abyss untersuchte, inwiefern eine Unterbrechung der Betablocker-Therapie hinsichtlich schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse sicher ist und ob dies mit einer verbesserten Lebensqualität korreliert. Eingeschlossen wurden 3.698 Patienten mit früherem Herzinfarkt mit linksventrikulärer Ejektionsfraktion von mindestens 40 %, keinen kardiovaskulären Ereignissen in den vergangenen sechs Monaten und einer laufenden Behandlung mit Betablockern. Das Durchschnittsalter betrug 64 Jahre, 83 % waren männlich. Die Therapie wurde 1:1-randomisiert fortgeführt bzw. unterbrochen, mit dem primären Endpunkt einer Kombination aus Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall oder Krankenhausaufenthalt aus kardiovaskulären Gründen. „Formal konnte die Nichtunterlegenheit nicht gezeigt werden“, berichtete Wachter. Numerisch kam es im Therapiearm ohne Betablocker zu mehr Ereignissen als unter fortgesetzter Behandlung (23,8 % vs. 21,1 %). Dieser Unterschied war statistisch nicht signifikant. Auch hinsichtlich der Lebensqualität und der Hospitalisierungsrate gab es keinen signifikanten Unterschied. „Aus meiner persönlichen Sicht ist es jedoch kein Fehler den Betablocker abzusetzen, wenn sonst keine Indikation besteht“, meinte Wachter.

CV-Risikovorhersage bei Frauen

Eine Analyse der Women’s Health Study aus den USA ergab, dass eine einzige kombinierte Messung von hochsensitivem C-reaktivem Protein (hsCRP), LDL-Cholesterin und Lipoprotein(a)-Spiegeln bei anfänglich gesunden Frauen (n=27.939) prädiktiv für das Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse über einen Zeitraum von 30 Jahren war. Der primäre Endpunkt der Studie war die Kombination aus Myokardinfarkt, koronarer Revaskularisierung, Schlaganfall und kardiovaskulärem Tod. Die Studienteilnehmerinnen waren im Mittel 55 Jahre alt, also menopausal. Dies sei daher von Relevanz, da Lipoprotein(a) bei Frauen nach der Menopause leicht ansteige, erklärte Laufs. Die drei Faktoren haben sich jeweils unabhängig voneinander gegenseitig ergänzt. Alle drei Parameter beträfen Domänen der Pathogenese der Atherosklerose, die durch spezifische Therapieansätze adressierbar sind.

ATTR-Amyloidose: Neue Therapie in Sicht

Häufigste Ursache der restriktiven Kardiomyopathie ist eine Amyloidose. Bei der Transthyretin-assoziierten (ATTR-) Amyloidose bilden sich aufgrund fehlgefalteter Proteine Tetramere, die sich unter anderem im Herzmuskel ablagern können. Dies begünstigt eine rasch progrediente Herzinsuffizienz. Die Phase-III-Studie HELIOS-B untersuchte den Einsatz des RNA-Interferenz-Medikaments Vutrisiran vs. Placebo bei Patienten mit ATTR-Amyloidose und Kardiomyopathie (n=655). Vutrisiran verhindert, dass sich die Tetramere initial bilden können. Primärer Endpunkt war eine Kombination aus Gesamtmortalität und wiederkehrenden kardiovaskulären Ereignissen. „Die Studienteilnehmenden waren zu über 90 Prozent männlich und im Schnitt 76 Jahre alt, was dem Bild entspricht, das wir in der Klinik sehen“, berichtete Prof. Rolf Wachter, Leipzig. Es zeigte sich eine signifikante Risikoreduktion des primären Endpunkts um 28  % gegenüber Placebo. Auch die Lebensqualität konnte in der Verum-Gruppe um rund 6 Punkte verbessert werden.

Autor: Martha-Luise Storre

Quelle: Der Allgemeinarzt

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