Das Lipödem-Syndrom ist eine chronische Erkrankung des Fettgewebes, die oft unterschätzt wird. Sie betrifft hauptsächlich Frauen und ist gekennzeichnet durch eine ungleichmäßige Verteilung des Fettes, vor allem in den unteren Extremitäten. Die Erkrankung kann zu erheblichen körperlichen und psychischen Beschwerden führen sowie eine erhebliche finanzielle Belastung für das Gesundheitssystem darstellen.
Symptome und Auswirkung
Das Lipödem-Syndrom äußert sich in einer vermehrten Ansammlung von Fettgewebe, vor allem an den Beinen, Gesäß und nicht so selten auch den Armen. Charakteristisch ist dabei, dass die Fettverteilung symmetrisch erfolgt, das heißt, beide Beine oder Arme sind gleichermaßen betroffen. Die betroffenen Bereiche sind oft druckempfindlich, neigen zu Blutergüssen und können bei Berührung schmerzen. Circa 10 % Betroffenen leiden unter einem dauerhaften Schmerzsyndrom. Im fortgeschrittenen Stadium kann das Lipödem zu einem deutlichen Missverhältnis zwischen Oberkörper und unteren Extremitäten führen.
Das Lipödem geht auch öfters mit der Unterfunktion der Schilddrüse einher. Deswegen sollte man immer auch denken, die Schilddrüsenhormone überprüfen zu lassen.
Neben den körperlichen Symptomen und Herausforderungen, die das Lipödem mit sich bringt, sollten wir auch die psychische Belastung nicht außer Acht lassen. Menschen, die an Lipödem-Syndrom leiden, stehen oft vor zahlreichen emotionalen und psychologischen Herausforderungen, die ihre Lebensqualität beeinträchtigen können.
Laut Literatur zeigen circa 80 % der Frauen mit Lipödem-Syndrom eine gravierende psychische Belastung, davon leiden circa 47 % an einer psychischen Störung wie depressive Störung, Essstörung oder Angststörung.
Das ungleichmäßige Fettverteilungsmuster des Lipödems kann zu einer starken negativen Körperwahrnehmung führen. Betroffene können sich unattraktiv oder abnormal fühlen, insbesondere, wenn das Lipödem im fortgeschrittenen Stadium zu einem deutlichen Missverhältnis zwischen Oberkörper und unteren Extremitäten führt. Dies kann das Selbstwertgefühl erheblich beeinflussen und zu Unsicherheit, Scham und sozialer Isolation führen. Die psychische Belastung des Lipödems kann auch oft Stimmungsschwankungen, Angstzustände und Depressionen zur Folge haben. Der Umgang mit den körperlichen Einschränkungen, Schmerzen und den Herausforderungen im Alltag kann zu einer erheblichen psychischen Belastung werden. Betroffene können sich frustriert, depressiv und hilflos fühlen, was wiederum Auswirkungen auf ihre allgemeine Lebensfreude sowie ihre berufliche Tätigkeit haben.
Menschen mit Lipödem sind oft mit Vorurteilen und Stigmatisierung konfrontiert. Da die Erkrankung äußerlich sichtbar ist, kann es zu abwertenden Kommentaren, Unsensibilität oder Unverständnis seitens anderer kommen. Dies kann zu einer zusätzlichen psychischen Belastung führen und das Selbstbewusstsein weiter beeinträchtigen.
Für Betroffene können die Kosten im Zusammenhang mit der Diagnose, Behandlung und Bewältigung der Erkrankung erheblich sein. Zu den direkten Kosten zählen Arztbesuche, Medikamente, Kompressionskleidung und gegebenenfalls operative Eingriffe wie die Liposuktion. Diese Kosten können sich mit der Zeit summieren und zu einer finanziellen Belastung für die Betroffenen und ihre Familien werden. Darüber hinaus können indirekte Kosten entstehen, zum Beispiel aufgrund von Arbeitsausfall oder eingeschränkter Arbeitsfähigkeit infolge der Erkrankung.
Das Lipödem stellt aber auch eine Herausforderung für das Krankenhaussystem dar, da es eine spezialisierte Behandlung erfordert. Die Diagnose und Behandlung des Lipödems erfordern oft die Zusammenarbeit verschiedener medizinischer Fachbereiche wie Dermatologie, Phlebologie und plastische Chirurgie. Dies bedeutet, dass Ressourcen für Fachpersonal, medizinische Ausstattung und spezielle Behandlungsverfahren bereitgestellt werden müssen. Dies kann hohe Kosten für das Krankenhaussystem verursachen.
Diagnose, Ursache und Behandlung
Die genauen Ursachen des Lipödems sind noch nicht vollständig erforscht. Es wird jedoch angenommen, dass hormonelle Veränderungen, genetische Faktoren und eine erhöhte Empfindlichkeit des Fettgewebes gegenüber Entzündungen eine Rolle spielen können. Oft tritt das Lipödem nach hormonellen Umstellungen wie der Pubertät oder einer Schwangerschaft auf.
Die richtige Diagnose eines Lipödems erfolgt erst in der Regel durch eine klinische Untersuchung und die Bewertung der Symptome. Zusätzlich können bildgebende Verfahren wie eine Ultraschalluntersuchung eingesetzt werden, um andere Erkrankungen auszuschließen. Da das Lipödem häufig mit anderen Erkrankungen wie dem Lymphödem oder Fettstoffwechselstörungen einhergehen kann, ist eine sorgfältige Diagnosestellung wichtig. Die Betroffenen bieten auch sehr oft die ganzen Spektren psychischer und manchmal auch psychiatrischer Symptome.
Obwohl das Lipödem nicht vollständig geheilt werden kann, gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, um die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Konservative Maßnahmen wie Kompressionskleidung, Lymphdrainage und spezielle Bewegungstherapien können helfen, Schwellungen zu reduzieren und die Durchblutung zu verbessern. In fortgeschrittenen Fällen kann eine operative Liposuktion erwogen werden, um das überschüssige Fettgewebe zu entfernen. Die Kosten für eine Fettabsaugung, abhängig vom Körperteil, liegen zwischen 2.000 bis 5.000 € – wobei die Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen nur bei Lipödem Stadium III und unter strengen Voraussetzungen erfolgt.
Neben der körperlichen Behandlung ist es sehr wichtig, dass Menschen mit Lipödem die psychische Belastung ernst nehmen und nach Unterstützung suchen. Der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen oder Online-Foren kann hilfreich sein, um Erfahrungen zu teilen und sich gegenseitig zu unterstützen. Eine professionelle psychologische oder auch oft psychiatrische Betreuung oder Behandlung kann ebenfalls von großem Nutzen sein, um mit den emotionalen Herausforderungen umzugehen und Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Neben der Psychotherapie ist bei der Entwicklung von depressiven oder Angststörungen häufig eine Pharmakotherapie unerlässlich.
Die Akzeptanz des eigenen Körpers und die Selbstfürsorge spielen eine zentrale Rolle bei der Bewältigung der psychischen Belastung. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass das Lipödem eine medizinische Erkrankung ist und nicht das Ergebnis mangelnder Disziplin oder Selbstverschulden. Selbstfürsorge-Maßnahmen wie Entspannungstechniken, regelmäßige körperliche Aktivität und die Pflege sozialer Beziehungen sind hier wichtig.
Ein schnellerer Datenfluss, eine bessere Zusammenarbeit der verschiedenen Spezialisten und eine stärkere Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Problem würden ebenfalls dazu beitragen, die Zeit zwischen Diagnose und Therapie zu verkürzen. In Verbindung mit sozialer Unterstützung würde dies zu einer Verringerung der mit der Diagnose und der Behandlungsplanung verbundenen Kosten führen.
Autoren: Dr. Bertrand Janota, Katarzyna Janota
Quelle: Der Allgemeinarzt



