Bewegungstraining kann onkologisch Erkrankten selbst dann einen relevanten klinischen Nutzen bringen, wenn der Tumor fortgeschritten ist und bereits Knochenmetastasen vorliegen. Damit Erkrankte von dem Training tatsächlich im Sinne einer Schmerzreduktion profitieren, sind allerdings einige Vorbedingungen zu erfüllen.
Inzwischen ist allgemein akzeptiert, dass Bewegungstherapie bei Krebspatient:innen entitätsübergreifend empfohlen werden sollte – unter Beachtung von Kontraindikationen. Neben einer deutlichen Verbesserung von Patient Reported Outcomes gehe man von einem um 30 bis 45 % verminderten Mortalitätsrisiko durch Bewegung aus, sagt Prof. Joachim Wiskemann, Leiter der Arbeitsgruppe Onkologische Sport- und Bewegungstherapie am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg. Auch in palliativen Krankheitsstadien sei Bewegungstherapie möglich, wenngleich die wissenschaftliche Evidenz schlechter sei als im kurativen Setting. Selbst bei vorliegenden Knochenmetastasen habe körperliches Training einen hohen Nutzen, weil Bewegung dem Verlust von Knochendichte entgegenwirke und Schmerz reduziere. Vor Trainingsbeginn müsse die Stabilität der Strukturen allerdings durch eine aktuelle Bildgebung interdisziplinär beurteilt werden. Die Bewegungstherapie müsse in diesen Fällen zudem „hochgradig personalisiert“ sein und zu Beginn professionell angeleitet werden.
Individuell angeleitetes Training bei ossären Metastasen
Im Falle stabiler Knochenmetastasen habe sich regelmäßiges Krafttraining (fünfmal pro Woche) über drei Monate bewährt, das zunächst zwei Wochen stationär unter Supervision verlaufe und dann zu Hause weitergeführt werde. Man beobachte unter einem solchen Vorgehen eine schnelle und stabile Schmerzadaptation, so Wiskemann, während Knochenbrüche als Folge ossärer Metastasen noch nie aufgetreten seien. Selbst bei instabilen Knochenmetastasen sei Training möglich und könne die Funktionalität Betroffener im Alltag erhöhen. So habe etwa eine ältere Patientin mit „durchmetastasierter“ Wirbelsäule relevant von individuell angeleitetem Training profitiert; in diesem Fall wurden Rücken und Bauch beim Training mit einem Gurt stabilisiert.
Studie bestätigt Schmerzreduktion und bessere Lebensqualität
Die Vorteile von strukturiertem, individuell adaptierten Training bei fortgeschrittenen Tumorerkrankungen wurden durch die PREFERABLE-EFFECT-Studie erneut bestätigt. Eingeschlossen waren 357 Frauen mit metastasiertem Brustkrebs, zwei Drittel davon mit Knochenmetastasen. Nach der Randomisierung erhielt eine Gruppe strukturiertes Training, die andere nicht. Laut Wiskemann verbesserte sich in der trainierten Gruppe in kürzester Zeit die Lebensqualität gegenüber der Kontrollgruppe ohne Training). Zudem sei unter Bewegung „eine Schmerzreduktion von Anfang an“ dokumentiert worden.
Neues Netzwerk für onkologische Bewegungstherapie
In Deutschland haben sich mit dem Netzwerk OnkoAktiv (https://netzwerk-onkoaktiv.de/) inzwischen 200 Partner zusammengeschlossen, um Beratung, Vermittlung und Vernetzung für Betroffene, Zuweisende, Fachkräfte und Trainingsinstitutionen zur onkologischen Sporttherapie anzubieten. Dabei kooperieren ambulante und stationäre Rehabilitationseinrichtungen, Gesundheitszentren mit Physiotherapie und Sportvereine mit Rehabilitationssport mit onkologischen Therapiezentren, Selbsthilfegruppen und Fachverbänden. Bis Ende 2024 soll zudem die S3-Leitlinie „Bewegungstherapie bei onkologischen Erkrankungen“ fertiggestellt sein.
Bericht: Dr. Claudia Schöllmann
Quelle: Vortrag „Bewegungs- und Sporttherapie bei onkologischen Patientinnen und Patienten“ am 13.03.2024 beim virtuell durchgeführten Deutschen Schmerz- und Palliativtag 2024
Abb.: pictworks – stock.adobe.com



