Vor dem Hintergrund einer rückläufigen Krebssterblichkeit gewinnen andere Todesursachen zunehmend an Bedeutung. Deshalb haben Forscher am Deutschen Krebsforschungszentrum das Spektrum der Todesursachen in den ersten Jahren nach einer Krebsdiagnose untersucht.
„Die Frage nach den Streberisiken ist mit Blick auf die Langzeit-Betreuung von Menschen, die an Krebs erkrankt sind oder waren, hoch relevant“, so Studienleiter Volker Arndt vom DKFZ. „Untersuchungen zu Nichtkrebs-Todesursachen aus anderen Ländern liegen bereits vor. Aber für Deutschland fehlten entsprechende Daten bislang.“ Deshalb führte die Arbeitsgruppe von Arndt eine großangelegte Studie auf der Basis der Krebsregisterdaten aus Baden-Württemberg durch und analysierte die Todesursachen von mehr als 400.000 Krebspatienten, die im Zeitraum zwischen 2013 bis 2020 registriert wurden.
Insgesamt verstarben im Studienzeitraum (Follow up im Schnitt 2,8 Jahre) 144.949 Patienten, das sind 34,3 %. 83,8% der Sterbefälle waren unmittelbar krebsbedingt, wobei der Prozentsatz je nach Tumorentität variierte. An Prostatakrebs verstarben 66,4 % der Patienten, bei Brustkrebs waren es 73,2% und bei Lungenkrebs bis zu 92,7%.
Kardiovaskuläre Risiken und Suizidgefahr beachten
16,2 % der Todesfälle waren nicht bzw. nicht unmittelbar krebsbedingt. An erster Stelle der Nichtkrebs-Todesursachen standen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 17,8% aller nicht an Krebs verstorbenen Patienten erlagen einer ischämischen Herzkrankheit und weitere 18,0% einer nicht-ischämischen Herz-Kreislauf-Erkrankung. Vor allem in der Altersgruppe der 20- bis 60-Jährigen war das relative kardiovaskuläre Risiko – verglichen mit der Allgemeinbevölkerung – deutlich erhöht. Überhaupt zeigte das Muster der Todesursachen in dieser Altersklasse die größten Abweichungen zur Allgemeinbevölkerung.
In der gesamten Studienkohorte kamen drei Nichtkrebs-Todesursachen signifikant häufiger vor als in der Allgemeinbevölkerung: tödliche Lebererkrankungen, Suizide und tödliche Infekte. Todesfälle infolge Lebererkrankung bzw. Suizid waren im Vergleich rund doppelt so häufig.
„Diese an einer sehr großen Fallzahl gewonnenen Erkenntnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, bei der Langzeitbetreuung von Krebskranken nicht allein auf die Rezidivkontrolle zu fokussieren, sondern den Blick weiter zu fassen“, betont Volker Arndt. „Toxizitäten der eingesetzten Therapien, sind – auf lange Sicht – ebenso zu berücksichtigen wie Aspekte des psychischen Befindens und der Krankheitsbewältigung.“ Es sei nicht auszuschließen, dass die beobachtete hohe kardiovaskuläre Sterblichkeit zum Teil mit kardiotoxischen Therapieeffekten in Zusammenhang steht. Mit Blick auf die psychische Belastung von Krebspatienten“, so Arndt weiter, unterstreiche die Studie erneut die Dringlichkeit einer psychologischen Begleitung von der Diagnosestellung an.
Quelle: Gedenk C et al. Todesursachenspezifische Mortalität in den ersten Jahren nach Diagnose einer Krebserkrankung. Die Onkologie 2024. https://doi.org/10.1007/s00761-024-01639-3
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