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Wirkstoff gegen infektiöse Keratitis entwickelt

J. Haupenthal und A. Kiefer stehen in einem weißen Flur

Wirkstoff gegen infektiöse Keratitis entwickelt

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Erschienen in: CONCEPT Ophthalmologie

Infektiöse Keratitis lässt jährlich 1,5 Millionen Menschen weltweit erblinden. Oft geht die Krankheit auf den „Krankenhauskeim“ Pseudomonas aeruginosa zurück. Forschende der Saar-Universität und des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) haben nun einen Weg gefunden, den Keim effektiv zu bekämpfen.

Pseudomonas aeruginosa neigt dazu, wie viele andere bakterielle Krankheitserreger ebenso, Resistenzen gegen Antibiotika zu entwickeln. Als einer der häufigsten „Krankenhauskeime“ löst es in der Folge zum Beispiel Lungenentzündungen, Harnwegsinfekte oder schwere Augenleiden aus, die bis zur vollständigen Erblindung führen können, wenn die Hornhaut abgebaut wird.

Gefährliches Enzym „LasB“

Verantwortlich für diese Hornhautzerstörung im Auge ist ein Enzym namens Elastase oder, kurz, „LasB“, welches dem Bakterium quasi „den Weg frei räumt“, wie Dr. Jörg Haupenthal sagt. Der Wissenschaftler aus der Abteilung von Anna Hirsch, Professorin für Medizinische Chemie an der Universität des Saarlandes und Leiterin der Arbeitsgruppe Wirkstoffdesign und Optimierung am HIPS, leitet ein Projekt zur Erforschung neuer Wirkstoffe gegen Pseudomonas aeruginosa.

LasB also räumt den Weg für den tückischen Krankenhauskeim frei, so dass er woanders weitere Gewebeteile schädigen kann. „Das tut LasB, indem es große Proteine wie zum Beispiel Kollagen abbaut, aber auch wichtige Bestandteile des Immunsystems zerstört“, führt Haupenthal aus. Gelangt das Bakterium und mit ihm sein Enzym LasB ins Auge, ist die hauptsächlich aus Kollagen bestehende Hornhaut des Auges in höchster Gefahr, eine infektiöse Keratitis droht. Nicht wenige der jährlich 1,5 Millionen Fälle von Erblindung nach Keratitis gehen auf das Konto von Pseudomonas aeruginosa und LasB.

LasB hat allerdings eine Eigenschaft, die sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun zunutze machen: „LasB ist ein extrazelluläres Enzym. Dadurch kann ein Wirkstoff viel leichter andocken, als wenn sich das Enzym innerhalb der Zelle befände“, so Hirsch. Diese leichtere Zugänglichkeit hat ihr Team nun genutzt.

LasB in die Zange genommen

Was die Forscher genau gemacht haben, erläutert der Chemiker Dr. Alexander Kiefer, der gemeinsam mit Dr. Christian Schütz aus der Abteilung von Anna Hirsch Erstautor der Studie ist, die nun im renommierten Fachmagazin Advanced Science erschienen ist. Darin beschreiben die Autorinnen und Autoren, wie sie LasB in die Zange genommen haben – und das wortwörtlich. „LasB enthält einen Zink-Komplex. Diesen haben wir chelatisiert“, führt Kiefer aus, der seine Nachwuchsgruppe im April am HIPS startet. Das bedeutet, dass sie den Zink-Komplex des Enzyms LasB an zwei Stellen mit einem speziell dafür entwickelten peptidischen Hemmstoff „gepackt“ haben. Durch diese Bindung an den Zink-Komplex wurde LasB insgesamt unschädlich gemacht, so dass einerseits die großen Proteine wie Kollagen nun nicht mehr angegriffen werden und andererseits auch die Bestandteile des Immunsystems wie zum Beispiel die Antikörper von LasB nichts mehr zu befürchten haben. Von großer Bedeutung ist dabei die Tatsache, dass der Hemmstoff umliegende Metallkomplexe humaner Enzyme, die in gesundem Gewebe enthalten sind, nicht angreift, sondern ausschließlich an LasB seine gewünschte Wirkung entfaltet.

Bislang keine Resistenzen

Und es gibt weitere große Vorteile dieser Methode: Anders als bei klassischen Antibiotika haben sich in der Studie bislang keine Resistenzen gegen den LasB-Inhibitor angedeutet. „Dadurch, dass wir den Keim mittels LasB-Hemmung nicht abtöten, sondern ihm seine krankmachenden Eigenschaften rauben, sieht das Bakterium keinen Grund, Resistenzen zu entwickeln“, erläutert Kiefer. Außerdem greift der Wirkstoff gegen LasB die Darmflora nicht an, wie viele Antibiotika dies tun.

Kombination mit klassischem Antibiotikum

Wie das interdisziplinäre Team in der Studie weiter zeigen konnte, ist eine Wirkstoff-Kombination aus einem klassischen Antibiotikum und einem LasB-Inhibitor im In-vivo-Modell besonders wirksam. „Bei einer Hemmung von LasB bleibt das Bakterium intakt, während umgekehrt LasB bestehen bleibt, wenn wir das Bakterium nur mit klassischen Antibiotika bekämpfen“, so Haupenthal. Die Kombination aus klassischem Antibiotikum und LasB-Inhibitor hat sich in der Studie als wirksame Methode erwiesen, um dem Krankenhauskeim und der daraus entstehenden Hornhautinfektion Herr zu werden.

Ob daraus irgendwann tatsächlich ein Medikament entstehen wird, ist noch nicht sicher. Dazu müssen weitere Studien folgen. „Aber es ist unser klares Ziel, dass auf Grundlage unserer Forschung auch ein Medikament entwickelt wird“, führt Hirsch aus, die als korrespondierende Autorin das Projekt koordiniert. Sie ist auch designierte Sprecherin des geplanten Exzellenzclusters nextAID³  und betont: „Interdisziplinäre Studien wie diese mit fünf nextAID3-PIs aus verschiedenen Fakultäten und die daraus gewonnenen Erkenntnisse sind eine wichtige Grundlage, um in Zukunft auch Ansätze und Medikamente gegen andere Erkrankungen abseits von Infektionen entwickeln zu können.

Originalpublikation: Kiefer AF, Schütz C, Englisch CN et al. Dipeptidic Phosphonates: Potent Inhibitors of Pseudomonas aeruginosa Elastase B Showing Efficacy in a Murine Keratitis Model. Adv. Sci. 2025, 2411807. https://doi.org/10.1002/advs.202411807

Quelle: Universität des Saarlandes, Pressemitteilung vom 20.02.2025

Bildquelle:© Universität des Saarlandes/Thorsten Mohr

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