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Ab wann verbieten Sehprobleme das Autofahren?

Schriftzug „Straßenverkehr“ in Grautönen veranschaulicht Kontrastsehen

Ab wann verbieten Sehprobleme das Autofahren?

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Erschienen in: CONCEPT Ophthalmologie

Gutes Sehvermögen ist Voraussetzung für die aktive Teilnahme am Straßenverkehr. Das wird bislang nicht zwingend überprüft. „Aktuelle Studien zeigen jedoch, dass ein Teil der Autofahrenden nicht merkt, dass sie seitens des Sehvermögens de facto fahruntauglich sind“, erklärt Prof. Dr. Frank Tost von der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG). Die Fachgesellschaft empfiehlt älteren Menschen auch deshalb regelmäßige Augenuntersuchungen.

Die EU hat vorgeschlagen, dass Seniorinnen und Senioren ab 70 Jahren alle fünf Jahre ihre Fahrtauglichkeit – und damit auch ihr Sehvermögen – überprüfen lassen. In vielen Mitgliedsstaaten gibt es bereits Vorgaben für verpflichtende Gesundheitschecks für ältere Autofahrende, in Deutschland bislang nicht. Wie Tost auf der Vorab-Online-Pressekonferenz zum DOG-Kongress berichtete, schreibt die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) lediglich einen Sehtest im Zusammenhang mit der Führerscheinprüfung vor. „Es liegt danach in der Selbstverantwortung eines jeden Verkehrsteilnehmenden, eine augenärztliche Beratung in Anspruch zu nehmen und erforderlichenfalls die Überprüfung der Fahrtauglichkeit im Rahmen einer medizinischen Begutachtung zu beauftragen“, betont Tost, der stellvertrender  Direktor  der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde an der Universitätsmedizin Greifswald ist.

Selbsteinschätzung oft fehlerhaft

Mit der Selbsteinschätzung ihrer Sehfähigkeit hat allerdings ein Teil der Autofahrerinnen und Autofahrer Probleme. Das zeigt eine Studie [1] der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) mit 377 Personen: Während bei der Befragung 99,2 Prozent ihre Sehfähigkeit selbst als eher gut bis sehr gut einschätzten, fielen 16,4 Prozent beim Sehtest mit einer tatsächlichen Sehschärfe unter 0,7 durch. „Sie dürften so gar nicht mehr ohne weiteres am Steuer sitzen“, erläutert Tost. Auch bei einem Pilotprojekt der Polizei in Niedersachsen, das unter augenärztlicher Beratung der Medizinischen Hochschule Hannover durchgeführt wurde, musste bei mehreren Verkehrsteilnehmenden eine ärztliche Überprüfung der Fahrtauglichkeit veranlasst werden oder sogar einzelnen Fahrzeugführenden die Weiterfahrt untersagt werden.[2]

Warnsignale erkennen

Aus Sicht des DOG-Experten ist es deshalb wichtig, Warnsignale häufiger Augenerkrankungen zu erkennen und einen augenärztlichen Beratungstermin zu vereinbaren. Ein typisches Anzeichen etwa für Katarakt seien Störungen des Dämmerungssehens und erhöhte Blendempfindlichkeit. Gleichfalls steigt mit dem Alter auch das Risiko für das Glaukom. Die Augenerkrankung ist tückisch: Verkehrszeichen, andere Fahrzeuge, Fußgänger und Radfahrende verschwinden komplett aus dem Blickfeld – und tauchen plötzlich wie aus dem Nichts auf. Das Risiko von Unfällen steigt immens an, weshalb die DOG zu regelmäßigen augenärztlichen Untersuchungen mindestens ab dem 60. Lebensjahr rät.

Oft ist Abhilfe möglich

Die Angst, gleich den Führerschein zu verlieren, ist häufig unbegründet. Denn in vielen Fällen lässt sich mit Sehhilfen, einer Operation oder Verhaltensweisen Abhilfe schaffen. In Grenzfällen raten die Augenärztinnen und Augenärzte zu einer Tauglichkeitsprüfung, deren Kosten in Höhe von 80 bis 100 Euro privat übernommen werden müssen. „In jedem Fall sollten Betroffene es ansprechen, wenn sich am Fahrverhalten etwas verändert hat“, rät Tost.

Klare Vorgaben existieren nach dem Verlust des Sehvermögens auf einem Auge oder bei neu aufgetretenen Doppelbildern etwa in Folge eines Schlaganfalls, Bluthochdrucks oder bei Schilddrüsenerkrankungen. Dann muss das Kfz gemäß FeV zunächst für mindestens drei Monate stehen gelassen werden. Erst nach augenärztlicher Untersuchung und Beratung darf man wieder ans Steuer.

Literatur:

1.         Karthaus M et al.: Die Entwicklung verkehrssicherheitsrelevanter Personenmerkmale im höheren Lebensalter und ihre Einflussfaktoren. Erste Querschnittsanalysen aus der Dortmunder-Bonner-Längsschnittstudie (DoBoLSiS). Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Mensch und Sicherheit, Heft M 336, S.50/51, Bergisch Gladbach, 2023.

2.         Bartram, MC, Framme, C et al. „Überprüfung visueller Defizite durch die Polizei bei Verkehrsteilnehmern in Deutschland“, Die Ophthalmologie, Springer Medizin Verlag (im Druck)

3.         Wolfram C et al. Die Glaukomprävalenz in der urbanen erwachsenen Bevölkerung – Ergebnisse der Hamburg City Health Study (HCHS). Ophthalmologie 2023, 120 (Suppl 2): S. 182

Quelle: Vorab-Online-Pressekonferenz zur DOG 2023 am 21.09.2023

DOG-Terminhinweis:

Symposium: Fahreignung bei Erkrankungen von Auge und Sehbahn

Samstag, 30. September 2023, 8:30–9:45 Uhr, Saal Donders

Bildquelle: UM Greifswald, Augenklinik

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