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Künstliche Intelligenz in der Glaukomdiagnostik

Künstliche Intelligenz in der Glaukomdiagnostik

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mgo medizin

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Erschienen in: CONCEPT Ophthalmologie

Für die Diagnostik des Glaukoms wird auf verschiedene Verfahren von der Augeninnendruckmessung über die Gesichtsfelduntersuchung bis hin zur optischen Kohärenztomografie zurückgegriffen. Dabei entstehen große Mengen an Daten, die mithilfe der künstlichen Intelligenz ausgewertet werden können. Prof. Hagen Thieme, Magdeburg, gab auf der AAD 2023 einen Einblick, welche Anwendungen bereits heute in der Forschung und in der Patientenversorgung eingesetzt werden können.

KI-Anwendungen sind dort hilfreich, wo klar definierte Fragestellungen auf große Datenmengen treffen, die die notwendigen Informationen enthalten. Die Augenheilkunde ist eine Disziplin, die schon lange die Möglichkeiten nutzt, ins Auge hineinzuschauen. Wo in früheren Jahrzehnten auffällige Befunde noch in von Hand gezeichneten Skizzen festgehalten wurden, entstehen heute digitale Netzhautfotos. Hinzu kommen weitere Verfahren: Die Optische Kohärenztomografie (OCT) und andere Laserscan-Verfahren beispielsweise bieten, gepaart mit moderner Computertechnik, immer neue Möglichkeiten, feinste Strukturen etwa von Netzhaut und Sehnerv zu untersuchen und abzubilden. Bei einer berührungslosen Untersuchung, die nur wenige Sekunden oder Minuten dauert entstehen so Aufnahmen, die sogar einzelne Zellschichten darstellen. Dabei sollte man sich dessen bewusst sein, dass es sich nicht um analoge Bildgebung handelt. Die Bilder, die hier entstehen, sind vom Computer sichtbar gemachte digitale Daten.

Auf diese Weise werden bei Untersuchungen mit modernen Verfahren große Datenmengen produziert, die genau das Material bieten, das mit KI-Anwendungen ausgewertet werden kann.

Warum könnte KI in der Glaukomdiagnostik eine Rolle spielen?

In der Glaukomdiagnostik sind eine ganze Reihe von Verfahren seit Jahrzehnten etabliert, dazu gehört die Messung des Augeninnendrucks und die Analyse des Gesichtsfelds. Hinzu kommen die OCT und ihre Weiterentwicklung, die OCT-Angiografie (OCT-A), mit der rund um den Sehnerv mehrere für die Glaukomerkrankung wichtige Bereiche untersucht werden können:

  • Die peripapilläre Gefäßdichte lässt sich darstellen. So wird eine Einschätzung möglich, wie gut der Sehnerv durchblutet wird.
  • Auch der Zustand kleiner Gefäße in der Aderhaut neben der Papille ist von Interesse (parapapilläre chorioidale Mikrogefäße).
  • Rund um den Sehnervenkopf kann mit Hilfe der OCT die Dicke der retinalen Nervenfaserschicht (RNFL) bestimmt werden.
  • Weitere wichtige Parameter sind die Gefäßdichte rund um die Makula und der Komplex der Ganglienzellen (GCC), der aus der retinalen Nervenfaserschicht, der Ganglienzellschicht und der inneren plexiformen Schicht besteht.

Hilfe durch Automatisierung

Engmaschige Augeninnendruckmessungen, Gesichtsfeldanalysen und OCT-Befunde ermöglichen eine detaillierte Diagnostik, mit der der Verlauf dieser chronischen Krankheit und der Erfolg der Behandlung über Jahre hinweg genau dokumentiert werden müssen. Dabei entstehen enorme Mengen an Daten. Sie auszuwerten wird immer schwieriger und zeitaufwändiger. Es besteht die Gefahr, dass man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht.

Hier kann eine automatisierte Auswertung der Daten entscheidende Hilfe leisten – und weltweit suchen Arbeitsgruppen nach Wegen, die KI für die Glaukomdiagnostik nutzbar zu machen. Eine Recherche auf der englischsprachigen Meta-Datenbank PubMed zeigt, dass die Anzahl der Veröffentlichungen, die sich mit KI und Glaukom befassen, in den vergangenen Jahren sprunghaft angestiegen ist.

Wie lernen Computer?

Um KI in der Augenheilkunde einzusetzen, müssen die Rechner nun lernen, beispielsweise OCT-Bilder zu interpretieren. Dafür analysieren zunächst Menschen die Rohdaten und überführen sie in Karten, die einfache Muster enthalten. Das OCT-Bild wird also in einen Barcode „übersetzt“, den der Computer lesen kann. Dies geschieht mehrere hundert Mal. So entsteht ein Trainings-Datensatz. Diesem ersten Schritt des „supervised machine learning“ folgt der nächste: Ein Computer-Algorithmus nutzt den Trainings-Datensatz, um auf dieser Grundlage selbst Bilddaten zu beurteilen. Der Computer kann die Analyse sehr viel schneller erstellen, als es ein Mensch könnte. Forschungsgruppen, die sich eine solche KI-Lösung zu Nutze machen, können dann sehr viel mehr Fälle in ihre Analysen einbeziehen. Heute werden bereits Forschungsarbeiten veröffentlicht, in denen bis zu 15.000 Gesichtsfeldanalysen oder 20.000 OCT-Befunde berücksichtigt werden. 

Von welchen Anwendungen können Patienten profitieren?

Einige Beispiele von Veröffentlichungen aus den vergangenen Jahren zeigen erste erfolgreiche Anwendungen: Schon heute kann KI Gesichtsfelder auswerten – Defekte erkennt sie sogar zuverlässiger als menschliche Experten. Damit können entsprechende Anwendungen die Glaukomdiagnose unterstützen [1]. Es besteht sogar die Möglichkeit von Vorhersagen, wie sich das Gesichtsfeld entwickeln wird: Eine Arbeitsgruppe ließ ein rekurrentes neuronales Netzwerk jeweils fünf Gesichtsfeldbefunde von Patienten auswerten und dann vorhersagen, wie eine sechste Untersuchung ausfallen würde. Das Ergebnis war herkömmlichen Methoden überlegen [2]. Eine andere Anwendung ist die Beurteilung der Dicke der retinalen Nervenfaserschicht anhand von Fotografien des Augenhintergrunds. Trainiert wurde diese Anwendung anhand von Fundusaufnahmen und von RNFL-Messungen mit der OCT. Das Programm kann anhand der Fotos gut unterscheiden, ob mit einem schnellen oder einem moderaten Verlust von Nervenfasern zu rechnen ist. Damit hilft es Augenärztinnen und Augenärzten bei der langfristigen Nachverfolgung der Glaukomerkrankung und bietet eine Unterstützung für Therapieentscheidungen auch dort, wo eine OCT-Untersuchung nicht möglich ist [3].

Literatur:

1.         Li, F., Wang, Z., Qu, G. et al. Automatic differentiation of Glaucoma visual field from non-glaucoma visual filed using deep convolutional neural network. BMC Med Imaging 18, 35 (2018). https://doi.org/10.1186/s12880-018-0273-5 

2.         Park, K., Kim, J. & Lee, J. Visual Field Prediction using Recurrent Neural Network. Sci Rep 9, 8385 (2019). https://doi.org/10.1038/s41598-019-44852-6

3.         Medeiros, F., Jammal, A. & Mariottoni, E. Detection of Progressive Glaucomatous Optic Nerve Damage on fundus Photographs with Deep Learning, Ophthalmology 2021 Mar; 128(3): 383-392, https://doi.org/10.1016/j.ophtha.2020.07.045

Quelle: Pressekonferenz der AAD 2023

Bildquelle: © bagotaj – stock.adobe.com

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