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Vaginale Lasertherapie bei urogynäkologischen Indikationen – Ein Update

Abb. 1: Vaginale Lasertherapie am Modell

Vaginale Lasertherapie bei urogynäkologischen Indikationen – Ein Update

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Erschienen in: UroForum

Christian Ratz

Seit mittlerweile fast 10 Jahren ist die vaginale Lasertherapie bei milder Belastungsinkontinenz und Urogenitalsyndrom der Menopause in der Anwendung und findet auch zunehmend Einzug in die niedergelassene Praxis. Ist nun endlich aufgrund der aktuellen Studienlage die innovative Therapie „ready for prime time“?

Die Therapie der milden Belastungsinkontinenz stellt immer noch eine Herausforderung dar: Die bisherigen Standardtherapien haben oft nur eine geringe Compliance und Erfolgsrate: Beckenbodengymnastik und Gewichtsreduktion sind bei Patientinnen unbeliebt und werden in den meisten Fällen nicht konsequent durchgeführt. Medikamentös steht nur eine orale Substanz zur Verfügung (Duloxetin), die auch aufgrund hoher Nebenwirkungsraten eine geringe Langzeitcompliance aufweist. Topische Östrogenanwendungen werden ebenso von vielen Patientinnen kritisch gesehen und sind bei hormonabhängigen Tumoren oder Thrombosen in der Vorgeschichte meist kontraindiziert. Operative Eingriffe sollten bei der milden Belastungsinkontinenz noch nicht zur Anwendung kommen [1].

Ähnlich verhält es sich bei Urogenitalem Syndrom der Menopause (GSM, früher: Vulvovaginale Atrophie) mit den führenden urologischen Symptomen Urge, Dysurie, Harninkontinenz und rezidivierenden Harnwegsinfekten: Auch hier weisen die Standardmedikamente (u.a. Hormone, Anticholinergika, Lubrikantien) eine geringe Therapieadhärenz auf.

Die vaginale Lasertherapie könnte mit den postulierten hohen Erfolgs- und Patientinnenzufriedenheitsraten eine echte Therapiealternative darstellen [1]. Aber lässt die derzeitige Studienlage schon den breiten Einsatz der Methode und eine klare Patientenempfehlung zu? Im Folgenden sollen fünf Aussagen zur Lasertherapie und ihrer Anwendung überprüft werden.

Die Wirksamkeit des Vaginallasers ist wissenschaftlich nachgewiesen

Bei der Lasertherapie wird mittels Erb:YAG- oder CO2-Geräten mit einem vaginalen Applikator (▶ Abb. 1) die gesamte Vaginalmukosa mikroablativ, nur thermisch oder kombiniert behandelt. Mit histologischen Untersuchungen konnte belegt werden, dass es nach der Laserbehandlung zu einer Verdickung und besseren Vaskularisation der Mukosa [2] sowie zu einer Kollagenbildung in der Lamina propria kommt [3]. Schließlich soll durch Straffung und Regeneration des Bindegewebes eine Verbesserung des urethralen Verschlussapparates bewirkt werden [4].

Mittels 3D-Sonografie [5] und Vaginal Tactile Imaging [6] lässt sich die Wirkung des Lasers auf den Vaginaldurchmesser und weiterer biomechanischer Parameter zeigen.

Eine neuere Arbeit weist zudem eine Zunahme der Östrogen- und Progesteronrezeptoren nach intravaginaler Laseranwendung ähnlich wie bei der Hormontherapie nach [7].

Abb. 1: Vaginale Lasertherapie am Modell
Abb. 1: Vaginale Lasertherapie am Modell

Die Effektivität ist in mehreren randomisiert-kontrollierten Studien nachgewiesen

Die Studienlage hinsichtlich der vaginalen Lasertherapie hat sich in den letzten Jahren zunehmend verbessert (▶ Abb 2). Seit 2015 wurden zunächst zahlreiche prospektive, nicht-kontrollierte Studien durchgeführt, in den letzten Jahren jedoch kamen auch mehr und mehr randomisiert kontrollierte Studien zur Veröffentlichung.

Abb. 2: Veröffentlichungen zur vaginalen Lasertherapie (Ergebnisse PubMed Recherche, 2015–23)
Abb. 2: Veröffentlichungen zur vaginalen Lasertherapie (Ergebnisse PubMed Recherche, 2015–23)

In einer 11/23 von O’Reilly et al. publizierten randomisiert sham-kontrollierten Multicenter Studie von 110 harninkontinenten Frauen kam es bei 59 % der Patientinnen nach Behandlung mit dem Erb:YAG-Laser zu einem Therapieerfolg (36 % im Sham-Arm) gemessen mit dem 1 h Pad Test. Die Chance einer erfolgreichen Therapie lag im Behandlungsarm 3-fach höher [8].

Hafidh et al. werten in einem aktuellen Review 15 randomisiert kontrollierte Studien mit Daten von 700 Patientinnen aus, die bei Harn­inkontinenz mit vaginalem CO2-Laser behandelt wurden und kommen zu dem Schluss, dass die Therapie die Inkontinenzsymptomatik signifikant verbessert [9].

Ein jüngst veröffentlichtes, ähnliches Review von Prodromidou et al. beurteilt sieben randomisiert kontrollierte Studien von CO2-Laser Therapie bei Urogenitalsyndrom der Menopause. Das Review kommt ebenso zu dem Schluss, dass der Laser zu einer signifikanten Verbesserung der GSM-Symptome führt und dass die Methode eine „vielsprechende Alternative“ im Management der am meisten belastenden Symptome darstellt [10].

Die vaginale Lasertherapie ist sicher und hat ein günstiges Nebenwirkungsprofil

Auch nach über zehn Jahren Publikationsgeschichte zeigen sich in Studien und in der Anwendung in der Praxis keine schwerwiegenden Komplikationen.

Typische Nebenwirkungen sind passagerer, blutig-tingierter Ausfluss, sowie leichte Schmerzen, Juckreiz oder ein vorübergehendes Schleimhaut Ödem.

Bereits 2020 veröffentlichten Gambacciani et al. eine Übersicht mit Daten von über 40.000 Patientinnen aus 188 Einrichtungen weltweit, die mit einem nicht-ablativen Erb:YAG-Laser behandelt worden waren. Außer den genannten Nebenwirkungen traten keine größeren Komplikationen auf [11].

Daten unserer eigenen Patientinnen (vorgestellt auf dem Forum Urodynamicum, 2020) zeigten nur bekannte Grad I Komplikationen (nach Clavien-Dindo), die allesamt passager waren (durchschnittliche Dauer 4 Tage) und keiner systemischen Therapie bedurften [12].

Auch in zwei Reviews aus 2022 stuften die Autoren die Lasertherapie bei Harninkontinenz und GSM als minimal-invasiv und sicher bzw. „absolut sicher“ ein [13, 14].

Vaginale Lasertherapie ist eine leitliniengerechte Behandlung

Aufgrund der verbesserten Studienlage hat die Lasertherapie mittlerweile trotz immer noch zurückhaltender Positionspapiere einiger Fachgesellschaften Einzug in mehrere Leitlinien gehalten.

Moskowitz stellte für die Amerikanische Urologische Gesellschaft (AUA) 2021 fest, die Evidenz für den Einsatz des Lasers bei GSM zeige eine gute Effektivität und Sicherheit ohne starken Hinweis auf ernste Komplikationen und die Therapie habe das Potential, vielen Frauen mit GSM-Problemen zu helfen [15].

Das American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG) sah ebenfalls 2021 die Methode insbesondere bei Frauen nach Brustkrebs und GSM-Problemen als potenziell vorteilhaft an [16], empfahl aber, ähnlich wie Moskowitz, vor breitem Einsatz in der Praxis weitere Studien.

In einem jüngst veröffentlichten Review bestätigt die Europäische Urogynäkologische Gesellschaft (EUGA), die Lasertherapie habe demonstriert, effektiv die Symptome bezüglich vaginaler Gesundheit, vulvovaginaler Atrophie und sexueller Funktion zu verbessern. Die Datenlage lege nahe, dass sowohl der Erb:YAG- als auch der CO2-Laser sichere therapeutische Verfahren zur Behandlung von GSM-Symptomen in postmenopausalen Frauen und insbesondere Brustkrebsüberlebenden seien [17].

Folgerichtig hat die Lasertherapie nun in erste Leitlinien Einzug gehalten. Bereits 2019 nahmen 2 italienische Menopausengesellschaften die Methode als mögliche Behandlungsoption bei „recent onset menopause“ und „late stage of menopause“ in ihre Empfehlungen auf [18].

Laut der neuen deutschsprachigen Leitlinie „Harninkontinenz“ von 2022 „kann die vaginale Lasertherapie als therapeutische Möglichkeit zur Behandlung der leichten und mittleren Belastungsinkontinenz angeboten werden“ (Konsensstärke ++), Nebenwirkungen seien gering, eine adäquate Schulung wichtig [19].

Aus juristischen Gründen ist eine Aufklärung über die Lasertherapie notwendig

Aus juristischen Gründen sind Ärzte dazu verpflichtet, über sämtliche möglichen Behandlungsalternativen aufzuklären. Dies gilt selbstverständlich umso mehr, wenn die Behandlung Erwähnung in Leitlinien oder Stellungnahmen der Fachgesellschaften gefunden hat.

Eine Studie von Reisenauer zeigte bereits 2019, dass nur noch 8/33 Patientinnen eine operative Sanierung ihrer Belastungsinkontinenz anstrebten, nachdem sie die Möglichkeit bekommen hatten, zunächst zwei Erb:YAG-Lasertherapien durchführen zu lassen [20].

In einer Matched-Pair-Studie fand die Arbeitsgruppe von Okui vergleichbare Ergebnisse von Erb:YAG Laser und TVT bei Überlegenheit des Lasers bei Mixed Urinary Incontinence aber schnelleren Ergebnissen nach Operation [21].

Auch wenn nicht in allen Fällen eine Lasertherapie eine sinnvolle Alternative scheint oder möglich ist, sollte somit aber bei der Aufklärung der Patientinnen die Methode Erwähnung finden.

Offene Fragen und Limitationen

Trotz der sich stetig verbessernden Studienlage, der weiten Verbreitung der Methode, insbesondere auch im niedergelassenen Bereich, sowie der Einzug in Empfehlungen der Fachgesellschaften und Leitlinien, bleiben weiterhin noch offene Fragen.

Bezüglich der Auswahl des Gerätes (Erb:YAG vs. CO2) und der Technik (rein thermisch vs. ablativ vs. kombiniert) oder des Therapieregimes (bspw. Anzahl der Behandlungen) gibt es bislang keine aussagekräftige vergleichende Studie.

Dass der Effekt der Lasertherapie nach 12–24 Monaten nachlässt und meist eine erneute Behandlung notwendig macht, scheint viele Frauen bei der Entscheidung für die Therapie nicht zu stören, muss aber unbedingt bei der Aufklärung ausreichend Erwähnung finden [8].

Limitierend sind sicherlich auch bislang noch die hohen Kosten der Methode (sowohl Anschaffungskosten für den Arzt als auch die Behandlungskosten für die Patientin). Übernahmen bislang nur private Krankenkassen die Kosten, scheint sich dies nun zunehmend zu ändern: Erste Betriebskrankenkassen sind einem Vertrag beigetreten, der eine Vergütung der Lasertherapie bei Belastungsinkontinenz und GSM vorsieht.

Letztendlich bleiben jedoch die Beratung und Auswahl geeigneter Patientinnen eine Herausforderung. Insofern gilt weiterhin:

„Die Lasertherapie wird auch in Zukunft nicht die Lösung aller urogynäkologischen Probleme werden, aber es ist an der Zeit, das Verfahren in den Handwerkskasten innovativ arbeitender Urogynäkologen aufzunehmen, um Patientinnen noch mehr effektive Behandlungsmöglichkeiten zur Linderung ihrer Beschwerden anbieten zu können“ [22].

Fazit für die Praxis

Vaginale Lasertherapie ist nach heutiger Studienlage eine Methode, die

  • effektiv, sicher, schonend
  • problemlos ambulant
  • minimal-invasiv
  • mit hoher Patientenzufriedenheit und -compliance
  • leitliniengerecht

durchführbar ist.

Offene Fragen bestehen bezüglich der Technik und Langzeitergebnissen.

Limitierend sind (noch) hohe Kosten für Arzt und Patientin.

Literatur und Bildquelle unter www.uroforum.de

Dr. med. Christian Ratz
Urologie Groß-Gerau
info@uro-gross-gerau.de
Am Sandböhl 2
64521 Groß-Gerau

Korrespondenzadresse:

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Am Sandböhl 2
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