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UroSkop: Aus für Lennestadter Urologie ist Warnzeichen der Krise des Gesundheitssystems

Dr. Christian Büscher (l.) und Dr. Joachim Roloff (r.)

UroSkop: Aus für Lennestadter Urologie ist Warnzeichen der Krise des Gesundheitssystems

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Erschienen in: UroForum

„Fehlbelegung“ heißt das neue Damoklesschwert der Kassen für ambulante Operationen. Das Wundermittel der Ambulantisierung hat durchaus toxische Nebenwirkungen, weil belegärztliche Operationen für Krankenhäuser nicht mehr rentabel sind und weil EBM-finanzierte ambulante Operationen weder für Krankenhausträger noch für Belegärzte genug abwerfen. Die Folgen sind auch in der Urologie drastisch.

Beispiel: St. Josefs-Hospital Lennestadt. Die Schließung der urologischen Belegabteilung am 31.12.2023 zeigt wie unter einem Brennglas die aktuellen Umwälzungen im Gesundheitssystem. Die Folgen sind drastisch: Klinik-Abteilungen schließen, Patienten müssen weiterfahren. Das alles hat nichts mit stationärer Qualität zu tun – das ist Lauterbachs Reform-Erzählung – sondern nur mit finanzieller und anschließend struktureller Rationierung. Geld wird entzogen, Versorgung ausgedünnt, Versorgungsqualität schlicht abgebaut. Bewährte urologische Strukturen wie die belegärztliche Versorgung in Lennestadt brechen zusammen. Einrichtungen machen einfach zu. Schöne neue Versorgungswelt!

Die urologischen Belegärzte Dr. Christian Büscher (l.) und Dr. Joachim Roloff (r.) zeigen sich von der Schließung der Abteilung getroffen. (Foto: privat)
Aus für Lennestadter Urologie: Die urologischen Belegärzte Dr. Christian Büscher (l.) und Dr. Joachim Roloff (r.) zeigen sich von der Schließung der Abteilung getroffen.

KV Westfalen-Lippe ringt mit dicker Finanzkrise

Thomas Müller, Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, war sieben Jahre lang für die Kapitalanlagen der KV zuständig und soll sich nach Angaben der KV und mehrerer Fachmedien verzockt haben. Einigen seiner Anlagen drohten „angesichts der jüngsten Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt Verluste“, schrieb die KV am 9. Februar in einer Mitteilung. Die Mitglieder der Vertreterversammlung (VV) der KVWL trafen sich am 23. Februar in Dortmund und forderten umgehend Antworten auf viele Fragen. Dr. Dirk Spelmeyer, Vorstandsvorsitzender und Urologe, berichtete.

„Es wurde sehr offen und
hart in der Sache diskutiert.“

. Dr. Dirk Spelmeyer

Man habe den Vertretern und sämtlichen Ärzten im KV-Bereich eine transparente und rückhaltlose Aufklärung zugesichert. Die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sei nicht in Gefahr. Zwischen Ex-Vorstand Müller und KV-Chef Spelmeyer sowie Vorstand Dr. Volker Schrage soll es zudem bereits öfter heftig gekracht haben. Die Chemie sei nicht die beste gewesen, berichtete der Ärztenachrichtendienst. Es sei laut ÄND jedoch abgestritten worden, dass die KV-Spitze nur einen Grund gesucht habe, Müller zu feuern. Vielmehr soll das Landesgesundheitsministerium (MAGS) in Düsseldorf Druck ausgeübt haben, personelle Konsequenzen zu ziehen. Also ein politisches Bauernopfer? Das Ministerium streitet das ab.

Dr. Dirk Spelmeyer, Vorstandsvorsitzender der KV Westfalen-Lippe und Urologe, gerät in der Finanzkrise unter Druck. (Foto: KVWL/Lars David Neill)
Dr. Dirk Spelmeyer, Vorstandsvorsitzender der KV Westfalen-Lippe und Urologe, gerät in der Finanzkrise unter Druck.

KVWL stolperte über Abwertungsrisiken aus Schuldscheindarlehen

Der Vorsitzende der Vertreterversammlung, Dr. Ulrich Oeverhaus, berichtete über Abwertungsrisiken aus sogenannten Schuldscheindarlehen (SSD), mit denen die KVWL Geld in Grundstücke und Immobilien investiert hat. „Aufgrund der sich zuspitzenden Immobilienkrise ist die Rückzahlung eines Teils dieser Darlehen gefährdet“, teilt die KVWL mit. Im vergangenen Oktober war mit Dr. André Große Vorholt ein auf Wirtschaftsfragen spezialisierter Rechtsanwalt mit der Prüfung der risikobehafteten Finanzanlagen beauftragt worden. Anfang Februar hatte die KVWL öffentlich bekanntgegeben, dass einem Teil der Kapitalanlagen im Immobilienbereich derzeit Verluste drohen. Der Bereich der Finanzanlagen war daraufhin auf Vorstandsebene in neue Hände gegeben worden.

Das war wohl auch höchste Zeit, denn derart spekulative Investitionen in einem sozial sensiblen Bereich sind ein Unding! Die KVWL sei bezüglich dieser Investitionen „in guter Gesellschaft“, so Große Vorholt. Diese Anlageform sei grundsätzlich für institutionelle Anleger üblich. Man habe es allerdings versäumt, die angebotenen Finanzprodukte detailliert zu prüfen und externe Gutachter zu beauftragen. Zusätzlich sei durch die mangelnde Streuung der Finanzanlagen ein Risiko entstanden. Wir halten fest: Spekulative Investitionen wurden getätigt, ohne Details der Investments zu prüfen und ohne eine breite Streuung zu gewährleisten. Da stellt sich die Frage der politischen Verantwortung des Gesamt-Vorstands unter dem Urologen Dr. Spelmeyer, denn viel Kontrolle fand wohl nicht statt. Das ist ein veritabler Finanzskandal in der Selbstverwaltung.

Wie groß ist das Risiko?

Rechtsanwalt Große Vorholt machte deutlich, dass es zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich sei, das tatsächliche finanzielle Risiko seriös zu beziffern. Es gebe jedoch Abwertungsrisiken im zweistelligen Millionenbereich. Was davon jedoch tatsächlich als bilanzieller Verlust zu Buche schlage, hänge von vielen Faktoren ab. Am 19. März ist zudem eine weitere Sonder-Vertreterversammlung zum Thema terminiert. Am 26. Februar hat Thomas Körfgen, erfahrener Finanz- und Immobilienspezialist, seine Arbeit als Restrukturierungsberater aufgenommen. „Das ist ein Beispiel für die organisatorischen Maßnahmen, die wir angekündigt haben“, so Spelmeyer

Krankenhausreform verkommt zum politischen Geschacher

Wenig Bewegung ist derzeit rund um die Krankenhausreform zu bemerken. Sie droht zunehmend, zu einem Geschacher um SPD-Parteiideologie und finanzielle Tauschgeschäfte zu verkommen. Gibst du mir Milliarden für einen Transformationsfonds, mache ich dein Transparenzgesetz mit Klinik-Qualitätsatlas im politischen Sandkasten nicht kaputt. Wenn du mir meine Qualitätsshow für den kleinen Mann lässt, begnüge ich mich mit ein paar Versorgungsgruppen und stecke die Strukturlevel in die Schublade zurück. Die Entwicklung in Lennestadt (s.o.) zeigt, wohin diese Art der Qualitätssteuerung am Ende wirklich führt. Derweil werden die Hilferufe von Krankenhäusern und Verbänden nach schnellen Finanzspritzen gegen drohende Pleiten immer lauter. Mal sehen, was noch kommt.

Es grüßt Sie herzlich
Ihr
Franz-Günter Runkel
Chefreporter UroForum

Bildquellen:© privat, KVWL/Lars David Neill

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