2022 hatte der Europäische Rat den europäischen Mitgliedsländern empfohlen, die Früherkennung des Prostatakarzinoms erheblich zu intensivieren. Deshalb hatte die Deutsche Gesellschaft für Urologie dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Gemeinsamen Bundesausschuss einen Vorschlag für eine diagnostische Kaskade zur Risikostratifizierung unterbreitet.
„Wir erhalten Signale auf unseren Vorschlag. Das Bundesministerium für Gesundheit ist beim Thema der Prostatakarzinom-Früherkennung nervös. Minister Karl Lauterbach wird sich nicht dazu äußern, bis seine Partei das nicht mitträgt und beschlossen hat“, stellte Prof. Maurice Stephan Michel, Generalsekretär und Sprecher des Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU), im Rahmen der heutigen Pressekonferenz fest.

Hinter den Kulissen werde aber emsig daran gearbeitet, und man werde den Druck hochhalten. „Ich bin zuversichtlich, dass wir das bis zum Ende der Legislaturperiode abschließen können.“ Im Moment ist Deutschland europäisches Schlusslicht in der PCa-Früherkennung.
Das 21-Jahre-Follow up der ERSPC-Studie hat gezeigt, dass relevant weniger Metastasen aufgetreten sind, so Prof. Michel. Es werde dem Patienten nicht gerecht, nur über krebs- oder tumorspezifische Mortalität zu sprechen. Ein Leben mit Metastasen und Chemotherapie sei kein gutes Leben. Es geht nicht nur ums Gesamtüberleben, sondern auch um Metastasierung und Systemtherapie. In Deutschland hat die Einführung der PSA-Messung die Mortalität laut DGU um 37% gesenkt. Die Tastuntersuchung wird von Männern in Deutschland nicht gut angenommen, während das Mammografie-Screening doppelt so stark in Anspruch genommen wird. Skandinavische Daten belegen aber, dass die Akzeptanz der PCa-Früherkennung unter Männern bei guter Information sehr viel besser sein kann.
Vorschlag der DGU
Die DGU hat dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Gemeinsamen Bundesausschuss einen Vorschlag unterbreitet. Die 50- bis 65-Jährigen profitieren nach Datenlage am meisten von einer PSA-Bestimmung. Ab einem PSA-Wert von 3ng/ml Blut erfolgt eine budgetneutrale Beratung und eine weitere Risikostratifizierung mit budgetneutralem, transrektalem Ultraschall. Bei Notwendigkeit einer weiteren Abklärung müssen die Krankenkassen nach dem Konzept der DGU ein multiparametrisches MRT finanzieren. Dann erfolgt eine Einteilung im Pirads-Score. Bei höherem Score wird eine Fusions-Biopsie nötig, die ebenfalls von den Krankenkassen bezahlt werden muss. „Aufgrund bester Datenlage können wir dem Patienten dann empfehlen, ob eine Active Surveillance in Frage kommt oder aber eine aktive Therapie“, unterstrich Michel.
PSA-Test führt zu einer besseren Früherkennung
Etwa 8,4 Millionen Männer in Deutschland sind GKV-versichert und gehören der Altersgruppe an. Bei einer Zuspruchsrate von 24% würden 1,7 Mio. Männer teilnehmen. 10% mehr Zuspruch würden laut Michel bedeuten, dass 2,6 Mio. Männer teilnähmen. Das betrifft das erste Jahr der Einladungen, weil danach die Kontrollintervalle länger sind. Je nach Teilnahmerate würden bei 21 % rund 226.000 Männer mit 3 ng/ml PSA identifiziert und bei 34% etwa 327.000 Männer. Nach dem EAU-Plan ergibt sich daraus eine erwartbare Zahl an Prostatakarzinompatienten, die wir mit einer Heilungsrate von 80% in diesem Alter gesund machen können. Das würde zu einer erheblichen Reduktion der Metastasierungen, der ökonomisch sehr teuren Systemtherapien sowie der Mortalität führen. Michels Fazit: „Der PSA-Wert führt nicht zu Überdiagnostik und Übertherapie, sondern ist der Einstieg in eine Kaskade der Risiko-Stratifizierung zur besseren Krebsfrüherkennung.“ (fgr)



