Urologie » Andrologie

»

Reduziere Spermienqualität nach COVID-19-Infektion

Spermienqualität nach COVID-19

Reduziere Spermienqualität nach COVID-19-Infektion

News

Urologie

Andrologie

mgo medizin

mgo medizin

Autor

4 MIN

Erschienen in: UroForum

Mehr als drei Monate nach einer COVID-19-Infektion haben Männer eine geringere Spermienkonzentration und weniger schwimmfähige Spermien. Diese Erkenntnisse über eine reduzierte Spermienqualität gehen aus einer spanischen Studie hervor, die auf der 39. Jahrestagung der European Society of Human Reproduction and Embryology (ESHRE) vorgestellt wurde.

Spermienqualität nach COVID-19
Laut aktuellen Ergebnissen einer Beobachtungsstudie nimmt die Spermienqualität bei Männern nach einer COVID-19-Infektion ab und erholt sich auch nach über 100 Tagen nicht, selbst wenn die Infektion mild verlief. (Symbolbild © svtdesign)

Obwohl es rund 78 Tage dauert, bis sich neue Spermien bilden, verbesserte sich die Spermienqualität und -konzentration im Durchschnitt 100 Tage nach einer COVID-19-Infektion nicht. Dieses Ergebnis präsentierte Prof. Rocio Núñez-Calonge, wissenschaftliche Beraterin der UR International Group in der Scientific Reproduction Unit in Madrid (Spanien), auf dem ESHRE 2023. Prof Núñez-Calonge und ihre Kollegen hatten beobachtet, dass bei einigen Männern, die sich in spanischen Kliniken zur assistierten Reproduktion aufhielten, die Spermienqualität nach einer COVID-19-Infektion schlechter war als vor der Infektion. Dies konnten sie auch beobachten, wenn die Infektion nur leicht war und die Patienten sich erholt hatten. Daher untersuchten sie den zeitlichen Verlauf der Spermienqualität vor und nach der Infektion.

Rückgang der Spermienqualität durch COVID-19

In die Studie wurden zwischen Februar 2020 und Oktober 2022 45 Männer im Alter von durchschnittlich 31 Jahren rekrutiert. Alle hatten eine bestätigte Diagnose einer leichten COVID-Infektion und die Kliniken verfügten über Daten aus einer Samenproben-Analyse, die vor der Infektion der Männer genommen worden war. Eine weitere Spermienprobe wurde zwischen 17–516 Tagen nach der Infektion genommen. Durchschnittlich lagen zwischen den Proben vor und nach der Infektion 238 Tage. Die Proben wurden in zwei Gruppen eingeteilt: Proben, die bis zu 100 Tage nach der Infektion genommen wurden sowie eine Untergruppe von Proben, die mehr als 100 Tage später genommen wurden.

Bezüglich der Spermienqualität konnten die Forschenden einen statistisch signifikanten Rückgang im Spermavolumen um 20 % (2,5 ml auf 2 ml), in der Spermienkonzentration um 26,5 % (68 auf 50 Millionen pro ml Ejakulat), in der Spermienzahl um 37,5 % (160 auf 100 Millionen pro ml Ejakulat), in der Gesamtmotilität um 9,1 % (von 49 % auf 45 %) und in der Zahl der lebenden Spermien um 5 % (80 % auf 76 %) finden. Bei der Hälfte der Männer war die Gesamtzahl der Spermien nach der Infektion um 57 % niedriger als vorher. Die Form der Spermien war nicht signifikant beeinträchtigt.

In der Untergruppe von Proben, bei denen die Infektion mit COVID länger als 100 Tage zurückreichte, hatte sich die Spermienkonzentration und -beweglichkeit im Laufe der Zeit nicht verbessert.

Dauerhafte Auswirkung der Infektion auf die Fruchtbarkeit?

„Die anhaltende Auswirkung einer COVID-Infektion auf die Spermienqualität in diesem späteren Zeitraum könnte auf eine dauerhafte Schädigung durch das Virus zurückzuführen sein, selbst bei einer leichten Infektion. Wir glauben, dass Kliniker sich der schädlichen Auswirkungen des SARS-CoV-2-Virus auf die männliche Fruchtbarkeit bewusst sein sollten. Besonders interessant ist, dass diese Abnahme der Samenqualität bei Patienten mit einer leichten COVID-Infektion auftritt, was bedeutet, dass das Virus die männliche Fruchtbarkeit beeinträchtigen kann, ohne dass die Männer klinische Symptome der Krankheit zeigen“, so Prof. Núñez-Calonge.

Es ist bekannt, dass das SARS-CoV-2-Virus die Hoden und Spermien angreifen kann, aber der Mechanismus ist noch unbekannt. Prof. Núñez-Colange meint, dass Entzündungen und Schädigungen des Immunsystems, wie sie bei Patienten mit Long-COVID auftreten, eine Rolle spielen könnten. Die Entzündungen können durch Schädigung der weißen Blutkörperchen Keimzellen zerstören sowie den Testosteronspiegel senken, indem die interstitiellen Zellen beeinträchtigt werden.

Limitationen

Trotz der wichtigen Ergebnisse zur langfristigen Auswirkung einer COVID-19-Infektion auf die männliche Fruchtbarkeit könnte es sein, dass die Beeinträchtigung der Spermienparameter möglicherweise keine direkte Wirkung des SARS-CoV-2-Virus darstellt. Es könnte zusätzliche Faktoren geben, die zu einer langfristigen Verschlechterung der Spermienqualität beitragen, die aktuell aber noch unbekannt sind. Des Weiteren wurden in der Studie die Hormonwerte nicht gemessen. Bei männlichen COVID-Infizierten wurde bereits über starke Veränderungen des Testosteronspiegels berichtet, der eine Schlüsselrolle bei der männlichen Fruchtbarkeit spielt.

Die Forschenden planen, die Männer weiter zu untersuchen, um sowohl die Spermienqualität als auch den Hormonstatus im Laufe der Zeit zu messen.

Prof. Carlos Calhaz-Jorge, Vorsitzender des ESHRE, Lissabon, wies darauf hin, dass die Spermienqualität der untersuchten Patienten auch nach der Infektion mit COVID-19 noch innerhalb der Kriterien der Weltgesundheitsorganisation für „normale“ Spermien liegt. Es sei also unklar, ob die Verringerung der Spermienqualität zu einer Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit führt. Dies solle jedoch Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.

Theresa Hübner

Originalpublikation: Núñez-Calonge R. What is the recovery time for sperm parameters in men who have suffered a mild Covid-10 infection? Präsentation O-020, Session 04: Factors influencing sperm (dys)function, Hall D1; ESHRE 2023, 26.06.2023

Quelle: EurekAlert! (>> zur Pressemitteilung)

Schlagworte zu diesem Beitrag

Ein Beitrag von

mgo medizin

mgo medizin

Autor

Autor des Beitrags

Weitere Beiträge zu diesem Thema

Chirurgen bei einer Operation im sterilen Operationssaal unter OP-Lichtern.

Heinzelbecker-Stöckle: Tandem soll Marburger UK retten

Uroskop

2025 ist ein Jahr mit Personalwechseln an den Spitzen der urologischen Universitätskliniken in Deutschland. Marburg, Heidelberg, Homburg- das sind nur einige Schauplätze personeller Wechsel in diesem Jahr. Am interessantesten ist sicher das Dreieck Marburg, Heidelberg, Homburg, das im Mittelpunkt des heutigen Uroskops steht.

Urologie

Beitrag lesen
Stethoskop auf einem Tisch vor einem Regierungsgebäude, Symbol für Gesundheitspolitik und medizinische Versorgung.

Krebsgesellschaft: Reform-Softening gefährdet Krebsversorgung

News

Die Deutsche Krebsgesellschaft warnt vor Abstrichen bei der Qualität der Krebsbehandlung durch das geplante Krankenhausanpassungsgesetz (KHAG), das heute im Bundestag zur ersten Lesung steht. Bei zu vielen Ausnahmeregelungen für die Bundesländer bestehe die Gefahr, dass Krebspatienten  je nach Wohnort nach unterschiedlichen Standards behandelt würden.

Urologie

Berufspolitik

Beitrag lesen
Dres. Andreas Gassen (v.l.), Sibylle Steiner und Stephan Hofmeister weisen auf das KBV-Angebot einer erweiterten 116117-Struktur hin. (Foto: KBV)

KBV: Notfallreform bringt mehr Probleme als Lösungen

Berufspolitik

„Dieser Entwurf löst keine Probleme, sondern schafft eher noch neue“, lautet das kritische Fazit des Vorstands der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) angesichts des Referentenentwurfs einer Notfallreform. Die ambulante Medizin könne die politisch zugedachte Rolle in keiner Weise erfüllen.

Urologie

Berufspolitik

Beitrag lesen