Aus Uroforum, Heft 05/2023
Mit einer Gesamtprävalenz zwischen 30 und 40 % und einem Leidensdruck von 90 % ist die Erektile Dysfunktion bei Männern über 50 Jahre laut Medpedia die häufigste sexuelle Dysfunktion. Das Risiko einer Sexualstörung liegt zwischen 2,2 und 4,3 (ED Odds Ratio) für Männer mit Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Diabetes, Neuropathien, dem Benignen Prostatasyndrom, Symptomen im unteren Harntrakt (LUTS) sowie Operationen und Strahlentherapie im kleinen Becken sehr hoch [1].
Wie Georgios Hatzichristodoulou et al. In UroForum berichteten [2], ist die Erektile Dysfunktion heute eine häufige Erkrankung, die die Lebensqualität von Paaren weltweit erheblich beeinträchtigt. „Der Grund für die Zunahme der weltweiten Prävalenz der ED liegt in der erhöhten Prävalenz der Risikofaktoren, wie zum Beispiel Alter, Übergewicht, Bewegungsmangel, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus, Depression und benigne Prostatahyperplasie“. Während bei jüngeren Männern unter 40 Jahre psychogene Faktoren am häufigsten eine ED auslösten, ständen bei älteren Männern vaskuläre (endotheliale Dysfunktion), hormonelle (Hypogonadismus, Hyperprolaktinämien), neurogene und medikamentös-iatrogene Faktoren im Vordergrund.
Interdisziplinäre Behandlung ist oft erforderlich
Die Diagnostik der erektilen Dysfunktion liegt heute primär in der Hand der Urologen, wie Wikipedia feststellt [3]. „Der Neurologe oder Psychotherapeut wird bei Bedarf konsiliarisch hinzugezogen. In vielen Fällen ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit erforderlich. Der Urologe wird zuerst in einem Anamnesegespräch klären, wie die sexuellen Probleme genau aussehen und seit wann sie bestehen.“ Hierin bieten sich laut Fachliteratur erste Anzeichen, ob es psychische Faktoren gibt, die zum Potenzverlust führen. Es folgt eine Risiko- und Medikamentenanamnese, um herauszufinden, ob der Patient Vorerkrankungen hat, welche zur ED führen könnten, ob er Medikamente mit einem solchen Effekt einnimmt.
Eine körperliche Untersuchung und der Ultraschall können Hinweise auf Verletzungen geben; aus einer Blutprobe lässt sich auf hormonelle Störungen schließen. Bei nicht schwerwiegenden Befunden wird der Patient mit PDE-5-Hemmern versorgt. Schlägt die Therapie nicht an oder gibt es Anzeichen für organische Schäden (z. B. an Gefäßen), werden invasivere Methoden gewählt, um die Ursache zu finden. Hierzu zählen:
- Testosteronspiegel
- Nächtliche penile Tumeszenz- und Rigiditätsmessung (NPTR-Messung)
- Corpus-Cavernosum-Elektromyogramm (CC-EMG)
- Schwellkörperinjektionstestung (SKIT)
- Pharmakokavernosometrie und -graphie (PKMG)
Leitlinien und verschiedene Formen der ED-Therapie
Seit 2018 liegen die deutschen AWMF-Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der erektilen Dysfunktion vor. Die aktuellen Leitlinien sind die 2020 veröffentlichten Leitlinien der European Association of Urology (EAU). Spielen psychische Ursachen eine Rolle, kann eine beratende Sexualtherapie oder eine Psychotherapie, gegebenenfalls mit Einbeziehung des Partners, hilfreich sein. Die Krankenkasse übernimmt im Fall einer diagnostizierten Erkrankung die Kosten.
Pharmakotherapie: In vielen Fällen können potenzsteigernde Medikamente die Beschwerden lindern. Diese unterliegen in Deutschland der Arzneimittelzulassung. Auch müssen vor der Einnahme bestimmte Kontraindikationen ausgeschlossen werden. „Derzeit in Deutschland zugelassen und in wissenschaftlichen Studien untersucht sind die rezeptpflichtigen PDE-5-Hemmer Sildenafil (Viagra®), Vardenafil (Levitra®), Tadalafil (Cialis®) und Avanafil (Spedra®; seit April 2014 erhältlich). Für alle diese Medikamente erfolgt derzeit keine Kostenübernahme durch die gesetzlichen Kassen. PDE-5-Hemmstoffe wirken nicht bei kompletter Schädigung der für die Erektion zuständigen Nerven. Apomorphin und Yohimbin werden kaum noch verordnet“, so Wikipedia.
Die Alternativen der SKAT-Therapie und des MUSE-Systems
Eine Alternative ist lokal angewandtes Alprostadil, das injiziert oder in die Harnröhre eingebracht werden muss. Dafür stehen drei unterschiedliche Applikationsformen zur Verfügung: Bei der Schwellkörper-Autoinjektions-Therapie (SKAT) wird der Wirkstoff mittels Spritze nah an der Peniswurzel in die Schwellkörper injiziert. Dies kann jedoch nach Darstellung der Fachliteratur auf Wikipedia auf lange Sicht zur weiteren Verschlechterung der Situation und zu irreversiblen Schädigungen des Schwellkörpergewebes führen.
Beim Medikamentösen Urethralen System zur Erektion (MUSE) wird ein Stäbchen in die Harnröhre eingeführt und der Wirkstoff als kleines Pellet freigesetzt, wo er über die Schleimhaut aufgenommen wird. Hierbei besteht das Risiko, die Harnröhre zu verletzen. Weniger invasiv sind Alprostadil Creme-Tropfen (Vitaros®), die in die Harnröhren-Öffnung geträufelt werden [1–3]. Eine mechanische Verletzung von Schwellkörpern und Harnröhre kann so ausgeschlossen werden. Allerdings ist eine Übertragung auf den Geschlechtspartner bei MUSE und Alprostadil Creme-Tropfen möglich.
Operative Verfahren sowie die prothetische Versorgung
Manchmal lässt sich eine ED operativ beheben, etwa bei bestimmten Gefäßverletzungen oder bei einem Teil der Leistenbrüche. Die prothetische Versorgung mittels Implantate ist bei richtiger Indikationsstellung sowie Aufklärung von Patienten und Partnern mit einer hohen Akzeptanz und Zufriedenheit verbunden. Die primäre Zufriedenheit liegt bei circa 80 % bei geeigneter Patientenauswahl. Es stehen grundsätzlich semirigide und hydraulische Implantate zur Verfügung, wobei das deutlich bessere kosmetische Ergebnis der hydraulischen Modelle mit einer Fehlerquote von etwa fünf Prozent einhergeht.
Fokussierte Piezo-Stoßwelle mit linienförmigem Wirkbereich
Die aktuellen Leitlinien der EAU (European Association of Urology) erwähnen diese Behandlungsform unter den Erstlinien-Behandlungen, geben jedoch wegen der schwachen Datenlage keine Empfehlung ab. Wirkprinzip dieser Therapie soll eine lokale Durchblutungsförderung der Schwellkörper sein. Eine systematische Übersichtsarbeit von 2018 berichtete, dass die Ergebnisse zur Wirksamkeit uneinheitlich seien und weitere vergleichbare Studien benötigt würden [1–3].
Penispumpen sind Alternativen ohne Nebenwirkungen
Ergänzend hierzu oder anstelle der medikamentösen Therapie kann eine sogenannte Penispumpe (in Deutschland bei ärztlicher Verordnung Kostenübernahme durch die Krankenversicherung) eingesetzt werden.
Positiv ist hierbei: Bei sachgemäßer Anwendung sind keine Nebenwirkungen zu erwarten. Darüber hinaus sind Penis- bzw. Vakuumpumpen bei allen Arten der ED anwendbar, auch bei psychologischen Ursachen. Studien haben gezeigt, dass die Verwendung von Vakuumsystemen es über 80 % der Männer ermögliche, einen Penisschwellungsgrad zu erreichen, der ausreichend für die Durchführung des Geschlechtsverkehrs sei. Für dieses therapeutische Verfahren sprechen die hohe Wirksamkeit und der niedrige Grad der Invasivität. (fgr)
Literatur:
Bildquelle:© HENADZY – stock.adobe.com
- E.Medpedia, Springer Verlag, Springer Medizin Verlag
- G. Hatzichristodoulou et al., UroForum 2022, 6: 32–35
- Wikipedia, Stichwort Erektile Dysfunktion



