Patienten mit rheumatoider Arthritis, die mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten, insbesondere mit TNF-Hemmern, behandelt werden, haben ein niedrigeres Risiko, eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse zu entwickeln. Dies kam in einer bevölkerungsbasierten Fall-Kontroll-Studie im Journal of Internal Medicine (2023; DOI: 10.1111/joim.13743) heraus.
Die Schilddrüse ist von allen Organen am häufigsten von Autoimmunerkrankungen betroffen. Etwa 5 % der Bevölkerung erkranken im Verlauf des Lebens an einer Hashimoto-Thyreoiditis, einem Morbus Basedow oder anderen Erkrankungen, die zur Zerstörung der Schilddrüse führen. Die Diagnose wird meistens erst gestellt, wenn die Erkrankung weit fortgeschritten ist. Eine krankheitsmodifizierende Behandlung wie bei der rheumatoiden Arthritis gibt es nicht.
Dort werden die Patienten nach der Diagnose frühzeitig mit Medikamenten behandelt, die eine Zerstörung der Gelenke verhindern sollen. Die Erstbehandlung erfolgt heute mit Methotrexat. Wenn sie nicht zum Ziel führt, erhalten die Patienten häufig zusätzlich ein Biologikum. Meist sind dies Antikörper, die durch Hemmung des Tumornekrosefaktors (TNF) Entzündungsprozesse in der Synovia der Gelenke gezielt stoppen.
Die frühzeitige Behandlung mit diesen „Disease-Modifying-Anti-Rheumatic-Drugs“ (DMARD) hat zu einem deutlichen Rückgang der Patienten geführt, deren Gelenke wegen einer völligen Zerstörung ausgetauscht oder versteift werden müssen.
Die antientzündlichen Medikamente wirken nicht nur in den Gelenken, und es ist denkbar, dass Autoimmunerkrankungen auch in anderen Organen, etwa in der Schilddrüse aufgehalten werden. Dies könnte Patienten mit beginnender Hashimoto-Thyreoiditis oder beginnendem Morbus Basedow vor einer Zerstörung der Schilddrüse bewahren.
Kristin Waldenlind vom Karolinska Institut in Stockholm hat diese Hypothese durch die Nachbeobachtung von 13.731 Patienten mit rheumatoider Arthritis überprüft, deren Daten sie aus einem landesweiten Patientenregister entnahm. Jedem Rheumapatienten ordnete sie fünf Personen gleichen Alters und Geschlechts aus derselben Region zu, die nicht an einer rheumatoiden Arthritis erkrankt waren.
Ergebnis: Entgegen früherer Annahmen, nach denen Rheumapatienten häufiger eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse entwickeln (weil es für beide Krankheiten dieselben genetischen Prädispositionen gibt), war das Erkrankungsrisiko leicht vermindert. Waldenlind ermittelt eine Hazard Ratio von 0,81, die mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,72 bis 0,91 signifikant war. Dies könnte darauf hinweisen, dass die DMARD, die heute die meisten Patienten erhalten, einen gewissen Schutz vermitteln.
Dafür spricht eine Hazard Ratio von 0,54 (0,39-0,76) bei den Patienten, die mit Biologika behandelt wurden. Diese Rheumapatienten erkrankten demnach zu 46 % seltener an einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse. Unter den einzelnen Gruppen von Biologika war nur für die TNF-Hemmer eine signifikante Schutzwirkung mit einer Hazard Ratio von 0,67 (0,47-0,96) nachweisbar, was laut Waldenlind aber daran liegen könnte, dass die anderen Mittel relativ selten eingesetzt wurden.
Zu den Einschränkungen der Studie gehört, dass Waldenlind keine genauen Informationen zu den Schilddrüsenerkrankungen zur Verfügung stand. Sie verwendetet die Verordnung von L-Thyroxin als Hinweis, was etwas vage ist, da das Präparat auch für andere Schilddrüsenerkrankungen verwendet wird. Zu den Stärken der Studie gehört die hohe Fallzahl und eine Nachbeobachtungszeit von bis zu 14 Jahren.
Quelle: rme/aerzteblatt.de
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