Anlässlich des diesjährigen DGPPN-Kongress ging Prof. Max Schmauß, Augsburg, auf die Pharmakotherapie der unipolaren Depression ein. Während bei einer bipolaren affektiven Störung depressive und manische Phasen im Wechsel auftreten, liegt bei der unipolaren affektiven Störung entweder eine Manie oder eine Depression vor. Laut Schmauß sollten bei der medikamentösen Therapie mit einem Antidepressivum insbesondere Nebenwirkungen, Toxizität sowie die Gefahr von Interaktionen mit anderen Medikamenten im Fokus stehen. Die Wirksamkeit sei natürlich auch wichtig, aber die Verträglichkeit stehe im Vordergrund.
Bei unipolaren Störungen werden häufig Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) verordnet. Die Antidepressiva der 2. Generation sind Mittel erster Wahl. Vorteil der Therapie ist die weite therapeutische Breite. Laut Schmauß gibt es dabei aber einiges zu beachten. So zählen zu den häufigen Nebenwirkungen sexuelle Dysfunktion, Gewichtszunahme und ein erhöhtes Suizidrisiko, besonders in der Anfangsphase. Schmauß ging auf das Serotonin-Syndrom ein, das mit erhöhten Serotoninspiegeln verbunden ist. Mögliche Ursachen seien Interaktionen mit serotoninpotenzierenden Substanzen, eine erhöhte Serotoninfreisetzung (Kokain), reduzierte Serotonin-Wiederaufnahme etwa unter einer Therapie mit Opioiden, ein reduzierter Serotoninabbau, gegeben bei einer Behandlung mit MAO-Hemmern und vieles mehr. Unter den erhöhten Spiegeln komme es dann zu Schwitzen, Übelkeit, Kopfschmerzen, Fieber, Unruhe, Getriebenheit, Muskel- und Gelenkbeschwerden, Tremor und ggf. Diarrhoe und Krämpfen.
Sollte das SSRI abgesetzt werden – egal aus welchem Grund – müsse das unbedingt ausschleichend erfolgen, so der Experte. Denn das SSRI-Absetzungssyndrom kann gefährlich werden. Es kommt insbesondere zu Symptomen wie Schwindel, Abgeschlagenheit, Gliederschmerzen, Schlafstörungen, Hypersomie, Reizbarkeit und Unruhe. Zu diesen Absetzungssymptomen kommt es, weil der Körper sich an eine erhöhte Serotonin-Konzentration im Liquor gewöhnt hat. Daraus ergibt sich eine Toleranzentwicklung. Unterbleibt schlagartig die Aufnahme des SSRI, kommt es zu einem Serotoninmangel. Die daraus entstehenden Symptome sind klar von einer Suchtreaktion abzugrenzen, da SSRI kein Suchtpotenzial besitzen. Vor allem nach Langzeittherapie mit einem SSRI sei ein langsames – über mehrere Wochen andauerndes – Ausschleichen nötig. Bei Patientinnen und Patienten, die zum Vergessen der Tablette neigen, sollte ein SSRI mit einer langen Halbwertszeit angewendet werden, da hier das zeitweise Aussetzen nicht sofort zu den Absetzsymptomen führt.
Elke Engels
Quelle: Wissenschaftliches Symposium „Unipolare Depression“ im Rahmen des DGPPN-Kongress in Berlin am 29.11.2024
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