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Strahlentherapie oft genauso effizient wie Operation

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Erschienen in: onkologie heute

In den letzten Dekaden hat sich die Strahlentherapie zu einer wichtigen Säule in der Krebstherapie entwickelt; sie ist eine relativ nebenwirkungsarme Behandlung, was hauptsächlich an der innovativen Technik und der komplexen Bestrahlungsplanung liegt. Im Verlauf wurde die Strahlentherapie zunehmend effizienter, d. h., sie erzielt heute mehr Wirkung bei weniger Nebenwirkungen. „Die Weiterentwicklung der Bestrahlungstechnik hat dazu geführt, dass die Bestrahlungszeiten um den Faktor 10 kürzer sind als früher, wodurch die einzelne Bestrahlungssitzung für die Patientinnen und Patienten weniger belastend ist“, so Kongresspräsident Prof. Dr. med. Oliver Kölbl, Regensburg. Insgesamt ist die Strahlentherapie viel schonender für das gesunde Gewebe um den Tumor herum geworden, die Strahlenenergie ist besser kontrollierbar und erreicht ihr Maximum erst im Tumor. So werden die akute und die langfristige Toxizität der Therapie deutlich reduziert. Gleichzeitig ermöglicht es die moderne Hochpräzisionsbestrahlung, höhere Strahlendosen im Tumorzielvolumen abzugeben, als es früher möglich war. Zu den Konzepten, die dazu beitragen, die Therapieeffizienz zu verbessern, gehören beispielsweise Dosiseskalation, Fraktionierung, dreidimensionale Planung und 3D-Bestrahlung oder medikamentöse Radiosensibilisierung.

Daten zur Effizienz der Strahlentherapie

Daten aus dem Deutschen Krebsregister, die auf dem Kongress präsentiert wurden, illustrieren am Therapieoutcome, wie effizient die Strahlentherapie geworden ist. Die retrospektive Studie [1] analysierte die Behandlungsmuster und Gesamtüberlebensergebnisse in einer großen Patientenkohorte (n = 14.606) mit fortgeschrittenem nicht kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) im Stadium III über einen Zeitraum von elf Jahren (Diagnosestellung zwischen 2007 und 2018). Drei Zeiträume wurden unterschieden (nach dem Grad der Implementierung der Fluordesoxyglucose (FDG)-PET und der intensitätsmodulierten Strahlentherapie) in: Ära der niedrigen Verfügbarkeit (bis 2010), Übergangszeit (bis 2014) und „Neuzeit“ (bis 2018). Das wichtigste Ziel war, herauszufinden, ob Fortschritte bei Diagnosetools (FDG-PET) und Behandlungsstrategien zu verbesserten Ergebnissen geführt haben – was bestätigt werden konnte: So stieg das mediane Gesamtüberleben von 16 Monaten (2007–2010) auf 17 Monate (2011–2014) und weiter auf 22 Monate (2015–2018); hier zeigte sich die deutlichste Verbesserung des Überlebens bei einer Therapie mit Strahlentherapie plus Chemotherapie (HR 0,73).

Grundsätzlich ist die lokale Strahlentherapie eine hocheffiziente Säule der Krebstherapie. „Im Gegensatz zur Chemotherapie ist eine Bestrahlung nicht selten verträglicher und schneller überstanden“, betont Prof. Kölbl. Auch bei Vergleichsuntersuchungen zum operativen Vorgehen zeigt sich die stetig zunehmende Effizienz der modernen Radiotherapie. So belegen immer mehr Studien, dass die Strahlentherapie bei bestimmten Tumorarten genauso effizient ist wie eine Operation. Den Betroffenen können dadurch Narkose-, Operations- oder Wundheilungsrisiken erspart werden. Nach einer Operation benötigen manche Menschen lange, um sich zu erholen, die Bestrahlung stellt somit bei richtiger Patientenauswahl die sanftere Alternative bei vergleichbarer Therapieeffektivität dar. „Beispielsweise beim Prostatakarzinom sind Operation und Bestrahlung gleichwertig, sodass die Betroffenen das Vorgehen frei wählen können“, so Prof. Kölbl. Erst kürzlich zeigte eine 15-Jahres-Langzeitbeobachtung, dass die Strahlentherapie das beste Nutzen-Risiko-Profil bei lokal begrenztem Prostatakrebs hat (die DEGRO berichtete [2]).

Auch beim Bronchialkarzinom gilt in vielen Situationen die Gleichwertigkeit von radiotherapeutischem und chirurgischem Vorgehen über fast alle Krankheitsstadien: Auf dem Kongress wurden zwei wegweisende Arbeiten vorgestellt, die eine vergleichbare Effizienz von Strahlentherapie und Operation zeigen konnten. Eine Studie aus Essen [3] präsentiert die Langzeitergebnisse der multizentrischen ESPATUE-Studie (2004–2013), in der Betroffene mit fortgeschrittenem NSCLC Stadium III nach Induktionschemotherapie und simultaner Radiochemotherapie (RTx/CTx) in zwei Gruppen randomisiert wurden und dann entweder Operation oder Radiochemotherapie-Boost erhielten. Im Ergebnis zeigten sich bei resektablem NSCLC im Stadium III gute Langzeitergebnisse (medianer Follow-up 129 Monate) ohne Unterschiede zwischen Chirurgie und Radiochemotherapie-Boost als Teil der definitiven Lokaltherapie: Das Gesamtüberleben 10 Jahre nach Randomisierung betrug in der Gruppe mit RTx/CTx-Boost (n = 80) 28,3 % und in der Gruppe mit Operation (n = 81) 29,9 % (p = 0,70); das progressionsfreie Überleben lag bei 23,3 % und 19,8 % (p = 0,94). Laut Autorenteam bilden die Daten aktuell einen wichtigen Teil der Evidenz zum Vergleich beider Lokaltherapien im Rahmen der Multimodalität.

Eine Registerstudie mit Daten des Krebsregisters Berlin-Brandenburg [4] analysierte bei 558 Bronchialkarzinompatienten in den frühen Stadien I und II (im Diagnosezeitraum 2000–2015) die Überlebenszeit nach Strahlenchemotherapie oder Operation. Das Ergebnis bestätigt, dass das strahlentherapeutische Vorgehen (mit SBRT, „Stereotactic Body Radiation Therapy“) ebenso effizient war wie das operative Management: Es gab keine signifikanten Unterschiede im Outcome bzw. nahezu gleiche Überlebensraten – dies galt sowohl für über als auch für unter 75-Jährige. „Besonders erfreulich ist, dass die Gleichwertigkeit von Strahlentherapie und Operation für unterschiedliche Tumorstadien und auch für ältere sowie jüngere Patientinnen und Patienten gezeigt werden konnte“, erklärt Prof. Kölbl.

Auch eine bessere Patientenauswahl steigert die Therapieeffizienz. Eine Studie zeigt, wie beispielsweise genetische Biomarker beim Analkarzinom zur Stratifizierung helfen könnten, geeignete Gruppen für Eskalations- und Deeskalationsstrategien zu identifizieren, denn bei definitiver Radiochemotherapie zeigt sich bei diesem Krebs ein sehr heterogenes Therapieansprechen. Eine Studie [5] analysierte daher Gen-Biomarker für die Patientenstratifikation bei Analkarzinom mittels multi-zentrischer Genomanalyse. Es zeigte sich, dass eine Überexpression des IFITM1-Gens in den prätherapeutischen Tumorproben mit einer signifikant reduzierten lokalen Tumorkontrolle (p = 0,048) und metastasenfreiem Überleben (p = 0,009) assoziiert war. Bei Krebsentitäten mit verschiedenen Therapieoptionen kann eine solche Prognose des Ansprechens hilfreich für die Wahl des Behandlungswegs sein.

Literatur:

  1. Ahmed Bedir et al. [VS12-1-jD] Treatment Patterns in Stage III Non‑small Cell Lung Cancer Patients: A Population‑Based Study using German Cancer Registry Data.
  2. DEGRO-Pressemeldung vom 9. Mai 2023. (https://www.degro.org/15-jahres-langzeitbeobachtung-strahlentherapie-hat-das-beste-nutzen-risiko-profil-bei-lokal-begrenztem-prostatakrebs/)
  3. Martin Stuschke et al. [High-4] Langzeitüberleben und konkurrierende Risiken von Patienten einer randomisierten Studie zur definitiven vs. neoadjuvanten Radiochemotherapie + Resektion mit einem nach der Induktion resektablen NSCLC im Stadium III.
  4. Jörg Andreas Müller et al. [P10-11-jD] Überlebenszeitanalyse nach Bestrahlung oder Operation in der Behandlung von Bronchialkarzinomen im Frühstadium: eine Registerdaten-Analyse basierend auf den Daten des Krebsregisters Berlin-Brandenburg.
  5. Daniel Martin et al. [High-3-jD] Immunbiomarker-Signaturen als Prädiktoren des Therapiean-sprechens für die Radiochemotherapie des Analkarzinoms: Eine multizentrische Genomanalyse der DKTK-ROG.

Quelle: Pressemitteilung der Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e. V.

Bilderquelle: ©Maksym Povozniuk – stock.adobe.com

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