Bei multimodalen Therapiekonzepten geht es immer auch um die Frage, wann welche Behandlungsform bei welchem Patienten eingesetzt werden soll. Beim Pankreaskarzinom entstehen Unklarheiten bereits dadurch, dass die Patienten offenbar nicht durchweg Zugang zu allen Verfahren bekommen.
In der Schnittstellen-Sitzung „Pankreaskarzinom – multimodale Therapiekonzepte: Der Weg zum Erfolg?“ des 35. Deutschen Krebskongresses eröffnete der Chirurg Prof. Dr. Thilo Hackert, Heidelberg, die Debatte mit der Feststellung, dass zu wenige Patienten mit Pankreaskarzinom operiert würden, obwohl die chirurgische Therapie für Betroffene mit resezierbaren oder grenzwertig resezierbaren Tumoren laut Leitlinien die erste Wahl darstellt. Einer amerikanischen Studie zufolge wird einem Drittel der Patienten mit resezierbarem Tumor die Operation gar nicht angeboten; für Deutschland gelten nach Hackerts Worten vergleichbare Zahlen. Dabei deuten Studienergebnisse darauf hin, dass die Chirurgie bei Patienten mit Pankreaskarzinomen der Stadien 1 bis 3 und in einigen Fällen auch im Stadium 4 das Überleben signifikant verbessert.
Durch ein multimodales Konzept, das neoadjuvante (Radio)chemotherapie und/oder eine auf die Operation folgende adjuvante Chemotherapie einbezieht, lassen sich die Ergebnisse weiter verbessern, berichtete Prof. Dr. Volker Kunzmann, Würzburg. Patienten mit resektablem Pankreaskarzinom sollten demnach eine adjuvante Chemotherapie erhalten, was durch drei abgeschlossene Phase-II-Studien und zwei laufende Phase-III-Studien (ALLIANCE A021806 mit Folfirinox und PREOPANC-3) mit Daten unterfüttert wird. Patienten mit grenzwertig resektablen Tumoren („Borderline“) sollten neoadjuvant behandelt werden; Daten hierfür liefern die abgeschlossenen Studien PREOPANC und ESPAC-5F. Diese neuen Studienergebnisse sind bisher nicht in den Leitlinien abgebildet. Selbst Betroffene mit unresektablen Tumoren profitieren in einigen Fällen von einem neoadjuvanten Therapieregime.
Als dritter Baustein des multimodalen Therapiekonzepts beim Pankreaskarzinom dient die Radiotherapie. Prof. Dr. Thomas Brunner, Graz, stellte die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten sowohl als Bestandteil eines neoadjuvanten Settings als auch adjuvant bzw. additiv oder zur Behandlung eines Lokalrezidivs vor und verwies darauf, den richtigen Zeitpunkt für die Radiotherapie einvernehmlich im Tumorboard abzustimmen und nicht zu lange zu warten.
Für das Pankreaskarzinom, so das Fazit, gibt es inzwischen eine Palette von Möglichkeiten, um den Patienten eine längere Lebenszeit bei akzeptabler Lebensqualität zu ermöglichen. Die optimale Abfolge und Kombination der einzelnen Therapiebausteine ist jedoch noch nicht klar und vor allem noch nicht ausreichend durch Studien belegt.
Quelle: 35. Deutscher Krebskongress (DKK) 2022, 13.-16.11.2022 in Berlin; Schnittstellen-Sitzung: Pankreaskarzinom – multimodale Therapiekonzepte: Der Weg zum Erfolg? am 14.11.2022
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